Die alte und die neue Heimat

Die alte und die neue Heimat

Zugegeben: Ich habe noch nie eine Show von Heidi Klum im Fernsehen gesehen. Ich mag keine Koch-Shows, und ich schalte sofort ab, wenn irgendwo wieder ein „Zimmer frei“ wird. Dabei nutze ich in Thailand natürlich die Mediathek über meinen Computer.

Ich liebe Kabarett und Satire: Die „ZDF-Show“, „die Anstalt“, „Pelzig hält sich“ oder „Extra 3“ sind meine Favoriten. Durch diese Sendungen und „Spiegel-Online“ halte ich den Kontakt zur alten Heimat aufrecht und erfahre dabei auch, wie dort über Thailand gedacht und geschrieben wird. Solange in Thailand die Demokratie nicht wieder hergestellt ist, halten westliche Länder sich zurück, warten auf die angekündigte neue Verfassung in der Hoffnung, dass Recht und Gerechtigkeit entsprochen wird, ebenso wie die nächsten Wahlen.

Umgekehrt lese ich in den hiesigen englischsprachigen Zeitungen, was Thailand über Europa und über die deutschsprachigen Länder denkt, welche Hoffnungen und Erwartungen die Thais damit verbinden. Seit Rama V. sind die Kontakte zwischen Deutschland und Thailand immer sehr eng gewesen. Es waren deutsche Ingenieure, die von Süd nach Nord eine Eisenbahn durch den Dschungel bauten, und es war ein Deutscher, der die thailändische Nationalhymne komponierte. Deutsche sind nach wie vor in Thailand hoch angesehen, auch wenn viele Thais unsere Geschichte kaum kennen und Adolf Hitler immer noch für einen großen Führer halten. Die Thais sind Patrioten, Nationalisten, aber weit entfernt von den Parolen und Zielen der Nazis. Ihr Pragmatismus, ihr Glaube und ihre Toleranz sind es, die uns hier das Gefühl der Geborgenheit und des Angenommen Seins vermitteln. Um das zu erhalten ist es wichtig, dass die hier lebenden Expats Einfluss nehmen auf Touristen, die sich nicht zu benehmen wissen und das Bild der Deutschen beschmutzen. Beispiele dafür lassen sich täglich beobachten. Es wäre wichtig, einfach mal dazwischen zu gehen und zu sagen: „So geht es nicht!“

Viele schauen leider immer öfter weg, aus Angst Unannehmlichkeiten zu haben, wenn sie eines Tages mit diesen Kulturbanausen in einem Topf geworfen werden, mit diesen Typen, die meinen hier seien sie die Herren der Welt. Alle, für die Thailand zur zweiten, zur neuen Heimat geworden ist, sollten sich deshalb verpflichtet fühlen, dafür zu sorgen, dass unser Ansehen hier nicht leichtfertig verspielt wird.

Mit Kritik an thailändischen Verhältnissen sind viele von uns schnell bei der Hand. Und es gibt in der Tat ja auch reichliche Missstände, die bei gutem Willen leicht abstellbar wären. Aber für mich sind es die Satire-Sendungen des deutschen Fernsehens und die Presse, die die Verhältnisse schnell wieder vom Kopf auf die Füße und auf den Boden der Tatsachen stellen, die auch in unserer alten Heimat alles andere als rosig sind. Da wird genauso gelogen und betrogen wie hier in Thailand, und auch wenn die Korruption nicht so allgegenwärtig ist wie hier, so hat sie doch oft - wenn sie denn aufgedeckt wird - Dimensionen, die hier unvorstellbar sind – angefangen bei den Waffenschiebereien bis zu den Zinsabsprachen der Banker die den Steuerzahlern Milliarden gekostet haben und immer noch kosten. Wir merken es hier an der Euroschwäche und hoffen voller Bangen darauf, dass der Wert unserer Renten wieder den alten Stand erreicht.

Aber wenn die Hoffnung doch vor uns stirbt, dann müssen wir eben dran glauben oder unsere Schlüsse daraus ziehen: Der eine so und der Andere so.

In diesem Sinne

Ihr C.-F.

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Helmut Sauer 15.06.15 11:11
Kompliment, guter Artilkel
Hallo C.-F., Kompliment, guter und ausgewogener Beitrag.
Es ist schon ungeheuerlich in D.-Land. Die milliardenschweren Skandale der Deutschen Bank reißen seit Jahren nicht ab, und dies ist nur die Deutsche Bank.

Die thailändische Armee kauft T84-Panzer aus der Ukraine, die Motoren sind von Daimler-Benz und MTU, Friedrichshafen /Bodensee, Deutschland. Ohne Motor läuft ein Panzer nicht und kann damit auch keine Menschen töten. Wofür benötigt die Thai-Armee überhaupt Panzer? Gegen Myamar, Laos, Kambodia, Vietnam, Malaysia wohl kaum. Ein Panzer kostet ca. 5 Mill. US$ zuzüglich noch mal ca. 5 Mill. $ an Systemkosten. Das Geld fehlt in der Bildung und im Gesundheitswesen. Das sollte sicherlich auch die deutsche Bundesregierung wissen, dass der Tod aus Deutschland kommt.

Ich weiß, jeder Farang wird von den Thai`s genau beobachtet. Insbesondere schlechtes Benehmen amüsiert die Thai`s und sie erzählen es weiter unter sich. So kommt das das „Bild“ über uns zustande.

Auch ich konnte schon Szenen beobachten, wo junge Farangs sich hier benehmen wie die früheren Besatzer in sogen. Dritte-Welt-Länder.

Die Thai`s können nur im Ausnahmefall unterscheiden, Amerikaner, Australier, Europäer, Engländer oder Deutscher; Urlaubstourist oder Resident. Ich persönlich kann keine “Beliebtheitsskala“ ausfindig machen. Anhand der Menue- und Buffet-Angebote der teureren Hotels und Restaurants sind dies allerdings die Japaner. Ich möchte nicht den Tag erleben, wo die TAT z.B. für Farangs oder sogar nur für Deutsche eine Broschüre über gutes Benehmen herausgibt. Für die Chinesen gibt es diese Broschüre schon.


Anm. d. Red.: Sehr geehrter Herr Sauer, vielen Dank für Ihren Kommentar. Wir bitten um Verständnis, dass wir die von Ihnen aufgeführten Links bei uns in Thailand nicht veröffentlichen dürfen. Mit freundlichen Grüßen, die Redaktion.
Uwe Klemm 14.06.15 13:34
Schöner sachlicher Bericht. Danke! Damit ist alles gesagt. UK
Peter Dee 14.06.15 11:03
Klasse Artikel
Echt klasse Artikel.
Nur betrifft das geschriebene leider nicht nur die Touristen. Ich denke das der Anteil an "sich daneben benehmenden" Expats genauso hoch ist wie der der Touristen. die Touristen koennte man jedoch vielleicht noch mit "Unwissenheit" oder "Ballermannkultur" entschuldigen. Aber, die Thais haben sehr wohl Augen und Ohren, sie unterscheiden sehr wohl. Dies bemerkt man jedoch wahrscheinlich nur wenn man zu denen in Ihren Augen angenehmen Farangs gehoert.