Ein Sonntag Ende Januar in Pattaya

Ein Sonntag Ende Januar in Pattaya

Gestern waren wir unterwegs. Es ist spät geworden. Trotzdem bin ich schon um 7.30 Uhr hellwach. Zuerst ins Bad. Ein paar Hände kaltes Wasser ins Gesicht geklatscht und Zähne geputzt.

Vorhänge auf: Eine graue Nebelwand. Irgendwo dazwischen, aber unsichtbar der Horizont. Sogar Koh Larn, die nächste der vor Pattaya liegenden Inseln, ist hinter Schleiern versteckt. So ist es schon seit November. In all den Jahren zuvor habe ich das nicht erlebt. Die Medien warnen vor Beeinträchtigungen durch die schlechte Luftqualität, die sich nicht mehr auf saisonale Schwankungen beschränkt. Offizielle Stellen erklären die PM 2,5-Belastung und Luftverschmutzung als Ergebnis der Brandrodungen auf den Reisfeldern und verweisen auf Nachbarländer, deren Giftstaub ebenfalls vom Wind he­rübergeweht wird. Deshalb wird es wohl unumgänglich sein, mit diesen Ländern schnellstens ein Abkommen zu treffen, wie die Emissionen verringert werden können. Im Radio höre ich, dass 35 von 77 Provinzen Thailands von gefährlich hohen Feinstaubgiften betroffen sind. Der Smog in Bangkok ist so dicht, dass die Bewohner wieder Masken tragen wie bei der Corona-Pandemie.

Das Thermometer auf dem Balkon zeigt 28 Grad an. Der Himmel ist stark bewölkt, das Meer eine unbewegte graue Wolldecke. Die Tourismusbehörde rauft sich die Haare: Ausgerechnet jetzt diese Wetterlage, wo doch der Touristenansturm erwartet wird.

Ich eile zum Bäcker und kaufe frische Brötchen. Um 8 Uhr steckt Mogli, mein Urlaubspfleger, den Kopf aus seinem Zimmer: „Ab morgen blauer Himmel und Sonnenschein“ lautet sein fröhlicher Morgengruß, und dabei grinst er frech, was mir ein Lächeln abnötigt. Dann machen wir uns an die Frühstücks-Vorbereitungen: Eier kochen, Orangen auspressen. Ich bereite den Kaffee vor. Da stürzt auch schon Moni aus dem benachbarten Gäste-Appartement herein. Sie ist aus Bangkok zu uns geflohen. Ihre Augen sind noch etwas verquollen, ihre langen dunklen Haare aufgelöst. In ihrem weißen Nachtgewand sieht sie aus wie ein gefallener Engel. „Einen Kaffee,“ krächzt sie, „schwarz und doppelt stark, sonst kipp ich aus den Latschen.“ Moni hat heute Geburtstag. Wir lassen sie hochleben und schenken ihr einen Gutschein für eine Ganzkörpermassage am Strand, den sie später am Tag einlösen kann. Mit dem Frühstück auf dem Balkon direkt am Meer lassen wir uns viel Zeit. Inzwischen ist es schon 30 Grad warm. Die Sonne hält sich immer noch versteckt.

Nach dem Duschen machen wir uns auf den kurzen Weg zum Dongtan-Beach. Unter den Abteilungen der Liegestuhlverleiher haben wir im mittleren Bereich einen Stammplatz, der besonders ruhig ist. Auf das Eincremen können wir heute wohl verzichten. Ich bestelle mir eine eisgekühlte Kokosnuss, Moni möchte einen Frucht-Cocktail und Mogli ordert ein alkoholfreies Bier. Es ist noch relativ früh. Nur wenige Gäste verteilen sich am langgestreckten Strand. Ich habe meine Lektüre dabei: „Tyll“ von Daniel Kehlmann. Seit zwei Tagen lese ich darin. Heute werde ich damit durch sein. Mogli ist mit seinem Smartphone beschäftigt und Moni füttert eines der zutraulichen Hörnchen, die oben in den Palmen leben, mit einer Banane. Das zahme Tier frisst ihr aus der Hand. Langsam treffen mehr Farangs und Thais ein. Auch die ersten Masseure in ihren blauen Uniformen tauchen auf. Moni schnappt sich gleich den ersten Besten und wird eine Stunde lang auf einer Decke im warmen Sand durchgeknetet. Unentwegt bleiben Händler vor uns stehen und bieten ihre Waren an: Eiscreme, gekochte Shrimps, unverzollte Zigaretten, Badetücher, Buddha-Figuren, gefälschte Rolex-Uhren, Potenzmittel und allerlei billigen Schnickschnack aus China.

Wir lassen uns die Menü-Karte des gegenüberliegenden Restaurants bringen und bestellen unser Lunch: Gekochten Reis mit Hühnchen in Tamarindsoße für Moni und Spare-Rips mit Chili-Soße für mich. Mogli wählt sein Lieblingsessen, Papaya Pok Pok, obwohl er weiß, dass er hinterher wieder Bauchschmerzen davon bekommt.

Die Preise sind niedrig und würden europäischen Wirten wohl die Tränen in die Augen treiben. Die Liegestühle haben sich gefüllt. Es ist auch wärmer geworden. Nur ein leichter Wind weht vom Golf zu uns herüber. Von der Sonne immer noch keine Spur. Auf dem Wasser bewegen Surfer sich lautlos, Jet-Skis donnern vo­rüber und in Ufernähe baden und spielen Kinder. Wir verzichten auf ein Bad im Meer, werden uns stattdessen später im Pool abkühlen.

Moni drängt zum Aufbruch. Sie will mit Mogli shoppen. Ich bleibe zuhause und schreibe diese Zeilen auf. Es ist nichts Spektakuläres passiert, aber wir fühlen uns wohlig und entspannt. Für den Abend haben wir im „Oregano“ einen Tisch reserviert. Danach werden wir uns im Jomtien-Komplex-Plaza noch ein Gläschen Wein genehmigen. Morgen reist Moni wieder ab. Auch mein Urlaub rast dem Ende entgegen.

Nicht schlimm. Ich komme ja schon bald wieder her.

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