Unser täglich Brot...

Unser täglich Brot...

Wo auf der Welt gibt es so viele Brotsorten wie in Deutschland? Bei meinem Bäcker sind es 12 verschiedene Sorten, dazu Toastbrot, Brötchen, Baguette und Pumpernickel, im Supermarkt sind es noch mehr, mit Früchten, mit Nüssen und was weiß ich. Deshalb frage ich einfach mal frech: „Und nichts mit Knoblauch? Wieso nicht? Dann nehmen Sie es als Anregung.“

Unser täglich Brot in Thailand ist der Reis, den gibt es ebenfalls in verschiedenen Sorten, oftmals auch zubereitet mit Knoblauch, Chili oder Curry und anderen Kräutern und Gewürzen.

Manchmal, wenn mir im Restaurant das Essen serviert wird, denke ich: Gut, dass ich nicht gesehen habe, wie es zubereitet worden ist. Das liegt daran, dass ich vor einiger Zeit zufällig durch das Fenster in der Küchentür einer Gaststätte beobachtet hatte, wie ein Kellner auf die Speisen spuckte, die er anschließend einem jungen schwarzhäutigen Paar auftischte, das nicht ahnte, was Rassismus im Kopf eines Kellners anrichten kann. Offensichtlich schmeckte den beiden das Essen trotzdem. Mir aber war der Appetit vergangen, und auch dem Herrn Ober dürfte seine Lust am Spu­cken wohl vergangen sein. Ihm wurde fristlos gekündigt, weil der Chef des Restaurants, dem ich berichtete, was ich gesehen hatte, zugab, dass dies bereits der zweite Fall war, der ihm zu Ohren kam. Beim ersten Mal hatte er es bei einer Verwarnung belassen, da es schwierig sei, Servicepersonal zu finden. Aber diesmal griff er durch. Übrigens, es handelte sich um ein Lokal in Deutschland.

Genug dieser Schweinerei, die hoffentlich ein Ausnahmefall war und bleibt.

Es geht ums Essen, und das Wichtigste dabei sind die Inhaltsstoffe. Ein Freund, der mich kürzlich eingeladen hatte, behauptete, in diesem Restaurant sei alles Bio. „Da lachen ja die Hühner“, sagte ich, „ohne Chemie geht heute gar nichts mehr. Was uns besonders gut schmeckt und süchtig macht, das sind die künstlichen Aromazusätze.“

Oft genug habe ich im deutschen Fernsehen die Sendungen von und mit Sebastian Lege gesehen, der die Tricks der Nahrungsmittelindustrie aufdeckt. Vanille-Eiscreme? Dafür braucht man schon lange keine natürliche Vanille mehr. Schokolade ohne Kakao? Kein Problem. Eine Aromaprise, Farbstoff und Verdickungsmittel genügen. Wenn ich diese Aufklärungssendungen sehe, möchte ich am liebsten in den Hungerstreik treten. Aber das würde ja nichts verändern.

Schon seit längerer Zeit stellen Chemiker nicht nur Werkstoffe aus Naturstoffen her, sondern auch Lebensmittel. Wissenschaftler sehen in der Chemie das wichtigste Hilfsmittel für eine goldene Zukunft. Pflanzen bilden dafür ein unerschöpfliches Reservoir. Aus Flachs lässt sich beispielsweise eine eiweißreiche Nahrung herstellen. Sogar aus der Sonne: „Solare Chemie“. Was ist das? Sonnenenergie in Verbindung mit Luft, Wasser und den darin enthaltenen Mineralien generieren Solein, einen Brei, der mit Aromen angereichert ein Mehl ergibt, aus dem man le­ckere Pfannkuchen backen kann. Damit ließe sich in Zukunft der Hunger in der 3. Welt stillen. Aus dem Bakterienmehl lassen sich mit leichten Manipulationen auch Proteine erzeugen, aus denen sich Fleisch, Milch oder Eier zaubern lassen. Mit zugesetzten Omega-3-Fetten könnte man damit auch künstlichen Fisch zusammenbasteln, und das schädliche Palmöl kann durch die Produktion von in vielen Fetten enthaltener Laurinsäure ersetzt werden. Das alles habe ich durch die Sendungen des Herrn Lege gelernt. Aber vieles davon ist noch Zukunftsmusik.

Um nicht von der Nahrung aus Großlaboren abhängig zu werden, fördert die EU seit Jahren mit viel Geld die Landwirtschaft. Die beiden umsatzstärksten Branchen – die Fleisch- und die Milcherzeugung – haben den größten Anteil an der Entwicklung von zerstörerischen Umweltschäden. Die Nahrungsmittel-Industrie gehört in Deutschland mit 556.000 Beschäftigten in 6.000 Betrieben zu den größten Wirtschaftszweigen. Gleichzeitig ist sie für 20 bis 30 Prozent der Umweltverschmutzungen verantwortlich. Das umfasst die Herstellung der Grundnahrungsmittel in der Landwirtschaft sowie den Transport und die Weiterverarbeitung. Dabei werden Böden oder Grundwasser versaut und die Ozonschicht zerstört.

Aber die Menschheit wächst. Wir brauchen immer mehr Wasser und Nahrung. Die chemische Industrie arbeitet mit Hochdruck an neuen Entwicklungen, wobei Algen, Seetang und Flechten eine große Rolle spielen. Pläne gibt es genug. Die Frage ist, ob die Bevölkerung künstliche Nahrung in immer größeren Mengen akzeptieren wird. Die Thais sind, wie ich immer und überall beobachte, ganz versessen auf geröstete Insekten – klar, alles Bio.

Trotzdem ist zu befürchten, dass wir bald nicht mehr unterscheiden können zwischen natürlicher und künstlicher Nahrung. Aber der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Immer häufiger höre ich den Satz:

„Ich will gar nicht wissen, was in meinem Essen steckt.

Hauptsache es schmeckt.“

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