Zeitungen zum Geschehen am Donnerstag

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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Inlandspresse «Stuttgarter Zeitung» zu Bertelsmannstudie

Wenn die Regierung dann auch noch durch Dauerstreit den Eindruck erweckt, sie interessiere sich mehr für ihre eigenen Probleme als für die der Bürger, ist der Vertrauensverlust verheerend.

Dass auch die Union von alledem nur unzureichend profitiert, sollte Friedrich Merz zu denken geben: Die Menschen schauen auch beim Chef der größten Oppositionspartei darauf, ob er nur für sich selbst arbeitet - oder zum Wohl des Landes auch mal Kompromissbereitschaft zeigt. Für alle Ampelparteien und die Union gilt: Wer immer nur auf eigenen Vorteil spielt, der spielt den Populisten in die Hände.


«Rzeczpospolita»: Liberaleres Abtreibungsrecht war Tusks Versprechen

WARSCHAU: Zur Debatte um eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts in Polen schreibt die polnische Tageszeitung «Rzeczpospolita» am Donnerstag:

«Für die einen ist eine Abtreibung ein medizinischer Eingriff, für die anderen die Tötung eines ungeborenen Kindes. Für die einen ist die Legalisierung des Abbruchs die Verwirklichung der Grundrechte der Frauen, für die anderen ist sie eine Verletzung des unveräußerlichen Rechts auf Leben. Nein, wir wollen den Abgeordneten (des polnischen Parlaments) nicht vorschreiben, welche Entscheidung sie treffen sollen. Wir wollen sie nur dafür sensibilisieren, dass sie über eine Veränderung debattieren werden, die große Emotionen hervorruft.

Der Debatte über die Abtreibung kann man nicht ausweichen. Vertreter der (Mitte-Links-Regierung aus Donald Tusks) Bürgerkoalition, der Linken und dem (christlich-konservativen) Dritten Weg haben vor den Wahlen im Oktober Versprechungen gemacht. Jetzt ist es an der Zeit, darüber zu diskutieren, wie diese Versprechen umgesetzt werden können. Diese Debatte sollte mit Verantwortungsbewusstsein, Respekt und unter Vermeidung von Extremen geführt werden. Die Frage des Schwangerschaftsabbruchs spaltet nicht nur die Polen, sondern auch das Regierungsbündnis. Deshalb appellieren wir, das Thema so zu diskutieren, dass die bestehenden Spaltungen nicht noch vertieft werden.»


«Times» zur Ukraine: USA als zaudernde Verbündete

LONDON: Die britische Zeitung «Times» schreibt am Donnerstag zum Ringen um weitere Unterstützung für die Ukraine:

«Als Russland im Februar 2022 die Ukraine angegriffen hat, haben die USA ihre «unerschütterliche» Unterstützung zugesagt für eine Demokratie, die einem unprovozierten Angriff eines mächtigeren Nachbarn ausgesetzt war. Die Ukraine ist ein Lackmustest für Amerikas Bereitschaft, die Gültigkeit des Völkerrechts in einer Welt zu verteidigen, die von expansionistischen, autoritären Mächten bedroht wird. Es ist ein Test, bei dem Washington nun zu scheitern droht, da ein Hilfspaket, das für das Überleben der Ukraine im dritten Jahr ihres Kampfs gegen Russlands Tyrannei essenziell ist, im Repräsentantenhaus des US-Kongresses verkümmert, blockiert von rechten Republikanern, die loyal zu Donald Trump stehen. Wenn die Hilfe von 60 Milliarden Dollar nicht bald an die Ukraine geliefert wird, könnte das Land - mit den Worten von Präsident Selenskyj - «den Krieg verlieren».»


«Lidove noviny»: Wer schürt Ängste vor einem Krieg?

PRAG: Der Sozialdemokrat Peter Pellegrini ist zum neuen Präsidenten der Slowakei gewählt worden und wird sein Amt im Juni antreten. Dazu schreibt die konservative Zeitung «Lidove noviny» aus Tschechien am Donnerstag:

«In den Schlagzeilen mancher Medien heißt es, Pellegrini habe gewonnen, weil er Ängste vor einem Krieg geschürt habe. Es soll der Eindruck erweckt werden, dass nur Populisten gezielt mit Ängsten spielten und Pellegrini also ein Populist sein müsse. Doch das entspricht nicht den Tatsachen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, dem niemand Populismus vorwirft, sagte am Dienstag, ein umfassender konventioneller Krieg in Europa sei «nicht länger nur eine Fantasie». Russland bedrohe Europa durch den Krieg in der Ukraine und hybride Angriffe gegen EU-Mitgliedstaaten. (...)

Hand aufs Herz: Bedeutet das etwa nicht, Ängste vor einem Krieg zu schüren? Wo liegt hier der Unterschied zwischen dem Populisten Pellegrini und dem Nicht-Populisten Borrell? Der eine sagt, dass ein Krieg drohe und unternimmt alles dafür, dass sein Land nicht davon betroffen sein wird. Der andere sagt, dass ein Krieg drohe und tut alles dafür, dass die EU darauf vorbereitet ist. Daraus kann man eine Lehre ziehen: Wir sollten die Menschen weniger nach ideologischen Kriterien in Kategorien wie Verräter und Demokraten, Populisten und Nicht-Populisten einteilen.»


«La Stampa»: Europa braucht Kulturrevolution

ROM: Die italienische Tageszeitung «La Stampa» bewertet den Asyl-Beschluss des Europaparlaments am Donnerstag mit einiger Skepsis:

«Vielleicht ist dieser Pakt auch das Ergebnis einer Identitätskrise. Die uns sagt, dass unsere Identität vielleicht doch nicht so robust ist, wenn unsere Politik, die nationale wie die europäische, sich ständig von außen bedroht fühlt? Wir brauchen eine Kulturrevolution, die uns von der Angst zu Neugier führt mit einem Europa, das, wenn es diesem Namen gerecht werden will, die Werte der Gleichheit und der Vielfalt verteidigen muss.

Der Pakt zieht die Mauer um die Festung Europa hoch. Damit isoliert es sich von seiner eigenen natürlichen Entwicklung. Insofern gibt das scheidende Europaparlament dem neuen Parlament eine grundsätzliche Erklärung mit auf den Weg: Wir müssen uns mit dem Problem des strukturellen Rassismus auseinandersetzen, das die Zukunft Europas selbst bedroht.»


«Magyar Nemzet»: EU-Asylreform geht am Problem vorbei

BUDAPEST: Zu der vom EU-Parlament beschlossenen Asylreform schreibt die regierungsnahe Budapester Tageszeitung «Magyar Nemzet» am Donnerstag:

«Niemand schert sich darum, was dieser gewisse Migrations- und Asylpakt beinhaltet und zu welchen Konsequenzen er führen kann. Seit neun Jahren (...) weiß die EU mit der Migranteninvasion nichts anzufangen. (...) In neun Jahren hat es sich mit absoluter Klarheit erwiesen, dass das Einladen von Migranten, das bloße Managen der illegalen Migration, das ständige Feuerlöschen angesichts gefährlich gewordener westeuropäischer Stadtviertel völlige Irrwege sind. (...)

Dabei wäre jedes europäische Land in der Lage, sich zu schützen, wenn es das wollte. Die See- und Landgrenzen ließen sich perfekt sichern, auch ohne riesige Grenzschutz-Einheiten. Die Technologie dafür gibt es, wer den Selbstschutz für wichtig hält und das nötige Geld dafür ausgibt, wendet sie auch an. (...) In Europa fehlt es derzeit am Willen und an der Entschlossenheit, eine ernsthafte Gemeinschaft zu schaffen und nach entsprechenden Regeln funktionieren zu lassen.»


«ABC»: Umstrittene Asylreform gefällt niemandem

MADRID: Zur umstrittenen Reform des europäischen Asylsystems schreibt die spanische Zeitung «ABC» am Donnerstag:

«Das Europäische Parlament hat gestern in einer komplizierten Geburt grünes Licht für den Europäischen Pakt zu Migration und Asyl gegeben, der einen achtjährigen Streit über die Asylpolitik der EU beendet. (...) Die Wahrheit ist, dass das, was vereinbart wurde, niemandem gefällt. Die extreme Rechte hält die Reform für zu schwach, während die Linken und die Grünen sagen, sie gehe zu weit. Die Mitte ist unterdessen unzufrieden mit dem Gleichgewicht, das zwischen den Verpflichtungen der Aufnahmeländer wie Italien und Spanien und der Wirtschaftshilfe wohlhabender Länder wie Deutschland beschlossen wurde.

(...) Die Abstimmung über das geplante Paket war nur dank der wichtigsten proeuropäischen Parteien - das sind die Sozialisten und Demokraten, die Europäische Volkspartei EVP und die Liberalen von Renew Europe - erfolgreich. Bezeichnend für die Unzufriedenheit ist aber die Tatsache, dass es diesen Parteien nicht gelang, Abstimmungsdisziplin zu wahren.»


«Der Standard»: ÖVP hat selbst große Verantwortung für Spionagefall

WIEN: Die Rolle von konservativer ÖVP und rechter FPÖ beim mutmaßlichen Spionagefall in Österreich kommentiert die Wiener Zeitung «Der Standard»:

«Die ÖVP versucht (...), 18 Monate Innenminister Herbert Kickl gegenüber zwei Jahrzehnten ÖVP-Minister aufzuwiegen. Der wahlkampfgerechte Tenor: Kickl ist an allem schuld (...) Nun trifft es mit der FPÖ nicht die Falschen. Sie hat die österreichische Anbiederung an Putins Russland, an der sich auch andere Parteien beteiligten, auf die Spitze getrieben. Sie hat einen Freundschaftsvertrag mit der Putin-Partei geschlossen, Teile ihres Spitzenpersonals waren besonders anschmiegsam. Kickl selbst hat mit der Zerschlagung des (Anm.: Bundesamts für Verfassungsschutz) BVT die Abwehrfähigkeit Österreichs massiv gefährdet. Aber: Es ist nicht die ganze Wahrheit. Es war die ÖVP, die Kickl unter Sebastian Kurz' Kanzlerschaft zum Innenminister machte. Es war auch die ÖVP, die Mario Kunasek zum Verteidigungsminister machte - und damit zuließ, dass alle drei Nachrichtendienste Österreichs in FPÖ-Hände gerieten. Das war, sehr vorsichtig formuliert, maximal unvorsichtig.»

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