Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Sonntag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Die Welt» zu Ausrichtung der CDU nach Parteitag

Die CDU kann den nostalgischen Degrowth-Konservatismus gerne den Grünen überlassen und den ideenlosen Sozialkonservatismus der SPD und der Linken. Der von Paul Ziemiak und seinem Team fehlerfrei inszenierte Digitalparteitag, aber auch die Breite der Partei von Röttgen bis Merz haben aufscheinen lassen, was eine Union sein könnte, wenn sie sich auf progressive Inspirations- und Dialogformen einlässt. Armin Laschet steht jetzt an einer gigantischen Klippe der Zeitgeschichte. Er hat einen Herkulesjob vor sich. Aber wenn er Geschichte schreiben will, muss er sich darum beneiden. Die Uhr tickt. Dieses Superwahljahr stellt die Weichen. Und wenn man ehrlich ist und die Alternative einer grün-rot-roten Verbotskoalition sieht, geht es um alles oder nichts.

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«Frankfurter Rundschau» zu CDU / Vorsitz von Armin Laschet

An zentralen Punkten hat es im parteiinternen Wahlkampf zwar Nuancen gegeben, aber keine grundlegenden Unterschiede.

Die CDU steht ziemlich geschlossen für die von Angela Merkel geprägte Politik: Notwendigen Modernisierungen wie der Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder dem grundsätzlichen Bekenntnis zur Energiewende verschließt sie sich zwar nicht. Aber was die Führungsrolle des Marktes und der Gewinnorientierung schwächen könnte, steht von vornherein unter Verdacht. Es ist natürlich legitim, dass es eine Partei dieser ideologischen Grundausrichtung gibt. Aber ebenso legitim ist es zu bestreiten, dass die großen Veränderungen der näheren Zukunft mit solchen Antworten von gestern bewältigt werden können. «Richtungsentscheidungen» fallen nicht in der CDU, sondern in der Auseinandersetzung mit ihr.


«Rzeczpospolita»: Laschet ist Wahl des geringsten Risikos

WARSCHAU: Die Online-Ausgabe der konservativen polnischen Zeitung «Rzeczpospolita» kommentiert am Sonntag die Wahl von Armin Laschet zum neuen CDU-Vorsitzenden:

«Armin Laschet an der Spitze der CDU - das war die Option des geringsten Risikos. Er wird Merkels Legende nicht begraben - und ihm wird es am leichtesten fallen, verschiedene Koalitionen zu schmieden. Laschets Sieg war nicht überwältigend. Aber es reichte, um das Gespenst einer auf den Kopf gestellten Partei und eines scharfen Rechtskurses zu bannen - und auch den Sturz von Merkels Denkmal durch den ehrgeizigen Merz, den sie jahrelang gedemütigt hatte.

Laschet wird keine Revolution auslösen. Er hat ähnliche Eigenschaften wie Merkel, die die CDU fast zwei Jahrzehnte geführt hat und dabei viele Wendungen und Korrekturen vollzog, um sich in der Mitte zu halten und eine große Koalitionsfähigkeit zu bewahren. Im Jahr der Bundestagswahl ist das sehr wichtig. Als einziger der drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz kann Laschet ohne Probleme eine Koalition sowohl mit den an Einfluss gewinnenden Grünen als auch mit der FDP formen.»


«Sunday Times»: Das Leben nach Merkel wird anders sein

LONDON: Zum CDU-Wahlparteitag meint die britische «Sunday Times»:

«Die Wahl Armin Laschets zum CDU-Vorsitzenden erinnert daran, dass sich die Amtszeit von Europas beständigster und mächtigster Politikerin dem Ende zuneigt. Angela Merkel, Bundeskanzlerin seit 2005, wird sich im September, wenn die Bundestagswahl stattfindet, aus der Politik zurückziehen. (...) Dass Laschet auch Kanzlerkandidat wird, ist nicht sicher. Andere CDU-Politiker, darunter der populäre Gesundheitsminister Jens Spahn, könnten sich durchsetzen.

Das Leben nach «Mutti» wird anders sein. Sie war zu Recht zurückhaltend gegenüber Donald Trump. Und unter einer anderen deutschen Regierungschefin wäre ein Handelsabkommen zwischen Großbritannien und der EU wohl schwieriger zu erreichen gewesen. Ihr Nachfolger sollte auf die langjährigen Forderungen der USA eingehen, mehr von der westlichen Verteidigungslast zu tragen. Ein noch schwierigeres Thema - und damit verbindet sich Kritik an ihrer Amtszeit - ist die Frage, ob in den Beziehungen zu China die wirtschaftlichen Interessen des Landes Vorrang vor den Menschenrechten haben sollen. Das sollten sie nicht.»


«Sonntagszeitung»: Merz bringt Laschet in die Bredouille

ZÜRICH: Zur Wahl von Armin Laschet zum CDU-Vorsitzenden schreibt die Schweizer «Sonntagszeitung»:

«Angesichts des knappen Ergebnisses, das die Partei wie 2018 in zwei Teile spaltete, riefen nach Laschets Wahl die Funktionäre unisono zu Geschlossenheit auf. Wie schwierig das werden dürfte, demonstrierte Merz noch auf dem Parteitag. Statt sich wie Röttgen ins Präsidium wählen und zur Zusammenarbeit verpflichten zu lassen, schlug der Wahlverlierer dies erneut aus.

Dafür forderte der 65-Jährige den neuen Parteivorsitzenden ungeniert dazu auf, er solle ihn doch zum Wirtschaftsminister der noch bis Herbst amtierenden Regierung machen. Merkel müsste dazu freilich erst Peter Altmaier entlassen, einen ihrer engsten Vertrauten.

Die Forderung, von Merz als «Angebot» getarnt, war nicht nur ein Affront an die Adresse seiner Intimfeindin Merkel, sondern bringt auch den neuen Parteivorsitzenden in die Bredouille: Drückt er Merz ins Kabinett, gerät er in ernsten Konflikt mit der beliebten Kanzlerin. Tut er es nicht, nehmen es ihm dessen Anhänger übel.»


«La Stampa»: Neue Regierung in Italien wird schwächer sein

ROM: Vor der geplanten Vertrauensabstimmung über die Regierung von Ministerpräsident Giuseppe Conte schreibt die Zeitung «La Stampa» aus Turin am Sonntag:

«Es wird eine schwächere Regierung sein als die, die in dieser Regierungskrise steckt. Und der Weg zum Vertrauen in der größeren Parlamentskammer am Montag und im Senat am Dienstag ist steiler als Conte es sich hätte vorstellen können. Zum Beispiel scheint es immer schwieriger zu werden, dass die Regierung die Schwelle von 161 Senatoren im Senat erreichen kann, angesichts dessen, dass sich die Jagd nach «Verantwortlichen» oder «Bauherren», wie sie genannt werden und vom Staatsoberhaupt als unangebracht erwähnt werden, als komplizierter erweist als gedacht. (...)

Die Verhandlungen, die heute zwischen Premier Conte und Ex-Premier Matteo Renzi - Parteichef der Italia Viva, die am Mittwoch aus der Regierungskoalition ausgetreten war - blockiert sind, werden sich notwendigerweise wieder öffnen müssen, wenn man dem dritten Kabinett von Conte wirklich eine Perspektive bis zum Ende der Legislaturperiode geben will, und vor allem, wenn man versuchen will, eine solide Grundlage im kommenden Rennen für eine Kandidatur im Palast des Staatspräsidenten zu schaffen.»


«NZZ am Sonntag»: Erfolg für Merkels Wunschkandidaten

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung am Sonntag» kommentiert die Wahl von Armin Laschet zum CDU-Vorsitzenden:

«Angela Merkel ist das Kunststück gelungen, ein zweites Mal ihren Wunschkandidaten für das Amt des Parteivorsitzenden und möglicherweise auch für ihre eigene Nachfolge als Kanzlerin durchzubringen. Die indirekte Wahlempfehlung der populären Regierungschefin hat beim digitalen Parteitag der CDU ihre Wirkung nicht verfehlt. (...)

Laschets Wahl ist zugleich ein Spiegelbild der deutschen Befindlichkeit. Einen drängenden Wunsch nach einer politischen Wende gibt es nicht. Die Mehrheit der Deutschen möchte von der Mitte aus und möglichst schmerzfrei regiert werden. Laschet steht für diesen Kurs. Ob dieser ihn nach der Bundestagswahl im September auch ins Kanzleramt führt, bleibt freilich offen. Legt der neue, bisher als wenig führungsstark wahrgenommene CDU-Chef in den Umfragen nicht bald deutlich zu, läuft die Kanzlerkandidatur auf den bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder von der Schwesterpartei CSU zu. Dieser ist auf Mitte und Konsens getrimmt wie Laschet, aber dafür lauter.»


«El País»: Wahl Laschets gute Nachricht für Deutschland und Europa

MADRID: Die spanische Zeitung «El País» kommentiert am Sonntag die Wahl von Armin Laschet zum CDU-Vorsitzenden:

«Die CDU hat den gemäßigten Armin Laschet zum Vorsitzenden gewählt. Mit der zwar beunruhigend knappen Entscheidung für einen Konservativen der Mitte, der als natürlicher Nachfolger von Kanzlerin Angela Merkel antritt, erteilte die mächtigste Partei Deutschlands und die wichtigste konservative Kraft Europas Experimenten eine Absage und räumte die mit einem möglichen Sieg von Friedrich Merz verbundenen Befürchtungen aus.

Merz als Veteran der Parteirechten stand für eine Wende hin zu einer härteren Linie. Merkel aber hat Deutschland zum Anker Europas gemacht und auf Basis politischer Mäßigung für Stabilität gesorgt. Wäre Merz gewählt worden, hätte das eine Zeit der Unsicherheit für die Führung der EU bedeutet. Dies scheint mit der Wahl Laschets vorerst abgewendet worden zu sein.

Der Trumpismus hat gezeigt, dass Demokratien starke und gemäßigte konservative Parteien brauchen. Merkel hat es geschafft, mit Pragmatismus und Entschlossenheit einen unzerbrechlichen Wertekern zu verteidigen, der Stabilität und Konsens ermöglicht. Ihr Nachfolger wird es schwer haben. Aber Mäßigung wird seine Chancen erhöhen.»

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