Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Samstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«The Times»: Westen sollte im Jahr des Ochsen mit Turbulenzen rechnen

LONDON: Die Londoner «Times» kommentiert am Samstag die Spannungen in den Beziehungen zwischen China und dem Westen:

«Widerstand leisten nicht allein die USA - wo die Administration von Joe Biden wahrscheinlich in dem von seinem Vorgänger betriebenen Handelskrieg für Entspannung sorgen, aber zugleich härter auf Chinas technologische Herausforderung reagieren wird -, sondern auch einige Länder, die bei Chinas Seidenstraßen-Initiative mitgemacht haben und sich nun in der Schuldenfalle wiederfinden.

Gleichwohl ist dem Biden-Team die Bedeutung Chinas für die Klimapolitik klar. Wenn China dazu gebracht werden kann, seine CO2-Emissionen zu verringern, würde das nicht nur dem Planeten helfen, sondern die USA erneut als globalen Vermittler etablieren. Doch es darf nicht zugelassen werden, dass Peking im Austausch für Konzessionen bei der UN-Klimakonferenz in diesem Jahr den Westen manipuliert.

Wenn China glaubwürdig als Global Player auftreten will, muss es seinen einschüchternden Ton unterlassen und beweisen, dass es mehr ist, als nur ein großer Störenfried. Im Februar beginnt das Mondjahr des Ochsen - ein Symbol für sture, brutale Entschlossenheit. Wir sollten auf weitere Turbulenzen vorbereitet sein.»


«De Telegraaf»: Politik in der Corona-Krise überzeugt nicht

AMSTERDAM: Die niederländische Regierung steht wegen ihres Umgangs mit der Corona-Krise in der Kritik. Dazu meint die Amsterdamer Zeitung de Telegraaf am Samstag:

«Das Vorgehen in der Corona-Krise folgt einem unberechenbarem Weg. Nicht so sehr wegen der sich ändernden Umstände, sondern durch den Mangel an überzeugender Politik. Das Hin und Her beim Impfplan ist ein trauriges Beispiel. Minister Hugo de Jonge (Volksgesundheit) hat das Ziel nicht im Auge behalten. Außerdem schiebt er die Verantwortung von sich, anstatt sie an sich zu ziehen. Infolgedessen wird unser Land das letzte in Europa sein, das mit der Impfung beginnt.

Kein Wunder, dass die Beteiligten, wie beispielsweise die Krankenhäuser, mit eigenen Vorschlägen kommen, um doch noch schneller zu impfen. Aber de Jonge zögert und wehrt Kritik ab. Das ist Inkompetenz, getarnt als Selbstbewusstsein. Und es lenkt die Aufmerksamkeit auf Ministerpräsident Mark Rutte. Denn es ist auch Chefsache.»


«La Repubblica»: Schottland fährt mit Anti-Brexit-Kurs auf Risiko

ROM: Schottland mit Regierungschefin Nicola Sturgeon an der Spitze steht dem Brexit weiter ablehnend gegenüber, was die italienische Zeitung «La Repubblica» aus Rom am Samstag kommentiert:

«Das Vereinigte Königreich hat die Europäische Union nach 47 Jahren voller Freuden, Schmerzen und Qualen jetzt unwiderruflich verlassen. Aber Unabhängigkeitskapitänin Nicola Sturgeon (...) gibt nicht auf. (...) Selbst wenn die Loslösung erreicht werden sollte, ist der Beitritt zur Europäischen Union keineswegs eine sichere Sache: Edinburgh sollte dann den Euro einführen, aber Sturgeon will das Pfund behalten. Vor allem aber könnte Spanien gegen ein unabhängiges Schottland in Europa ein Veto einlegen, um angesichts der Schwierigkeiten, die es mit den katalanischen Abspaltungsanhängern zu Hause hat, keinen gefährlichen Präzedenzfall zu schaffen. Trotz der öffentlichen Zustimmung der EU in Richtung Edinburgh besteht das Risiko für Schottland darin, am Ende wirklich alleine dazustehen.»


«El País»: Gibraltar-Pakt wichtigster Fortschritt in Jahrhunderten

MADRID: Die spanische Zeitung «El País» kommentiert am Samstag die Vereinbarung zwischen Spanien und Großbritannien, das von beiden Ländern beanspruchte Gibraltar in den Schengen-Raum offener Grenzen aufzunehmen:

«Die Grundsatzeinigung enthält klare Hinweise darauf, dass es eine gemeinsame Verwaltung der Angelegenheiten des (Gibraltar-) Felsens mit begrenzter Co-Souveränität beider Länder geben könnte. Wenn die bilaterale Übereinkunft auch zwischen London und Brüssel offiziell vereinbart wird, tritt Gibraltar dem Schengen-Raum mit freiem Personenverkehr zwischen 22 EU-Ländern und anderen Nachbarn bei. Damit wird dieses Gebiet im Gegensatz zum Rest des Vereinigten Königreichs teilweise in den europäischen Raum und die europäische Politik integriert. Und die Beziehungen zu Spanien werden viel enger als die zu London.

Dieses Abkommen wird der wichtigste diplomatische Fortschritt in drei Jahrhunderten sein, der der lokalen Bevölkerung zugute kommt und dazu beitragen kann, das Misstrauen in Spanien gegen den Affenfelsen ab- und gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Und das wäre ein wichtiger Schritt auf dem schwierigen Weg, die Entkolonialisierungsresolutionen der Vereinten Nationen umzusetzen.»


«De Standaard»: Virus macht Grenzkontrollen essenziell

BRÜSSEL: Die belgische Zeitung «De Standaard» plädiert am Samstag für Corona-Kontrollen an den innereuropäischen Grenzen:

«Grenzen zu schließen, ist kein Allheilmittel. Aber es ist unmöglich, Infektionsherde einzudämmen, ohne auf den Grenzverkehr zu achten. Dabei geht es nicht um eine Entscheidung zwischen geschlossenen oder offenen Grenzen, sondern für ein solides Instrumentarium im Dienste der Gesundheit von Grenzgängern.

Natürlich ist das kein Versagen von (EU-Kommissionspräsidentin) Ursula von der Leyen. Die Mitgliedstaaten geben ihr keine Befugnis über die Volksgesundheit oder das Grenzregime. Doch mit 27 unterschiedlichen Einzelregelungen und Methoden der Kontaktverfolgung importieren wir das Virus immer wieder, so sehr wir uns auch bemühen. (...) Die Europäer mögen sich politisch nicht einig sein, aber vor dem Virus, das unsere sozialen Interaktionen begleitet, sind wir sehr wohl alle gleich. Und das macht Viruskontrollen an den Grenzen essenziell.»

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