Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Freitag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Berliner Morgenpost» zu Schilderklau der Klimaaktivisten

Mutmaßlich Klimaaktivisten von Extinction Rebellion montieren Dutzende Verkehrsschilder in Berlin ab.

So machen sie aus zeitweisen Tempobeschränkungen dauerhafte Tempolimits. 43 solcher Fälle hat die Berliner Polizei bisher registriert. Erst die Klebeaktionen, nun der Schilderklau. Die Klimaaktivisten verschärfen offenbar ihr Vorgehen. Jetzt kann man meinen, dass ein langsamerer Verkehr ja nichts Schlimmes ist. Doch mit der Begründung, etwas Gutes tun zu wollen, könnte sich ja jeder das Recht herausnehmen und in den Straßenverkehr eingreifen. Nein, es ist sehr sinnvoll, dass nicht jeder machen kann, was er will. Und noch etwas sollten die Aktivisten bedenken: Jedes gestohlene Verkehrsschild wird ersetzt. Das kostet Geld. Geld, das anderweitig besser eingesetzt werden könnte. Vielleicht auch für den Klimaschutz.


«Stuttgarter Zeitung» zu Streit über Verkehrspolitik

Völlig unstrittig müsste es sein, dass das Planungstempo in Deutschland bei jedem Projekt - ob es nun der Verkehrs- oder Energiewende dient oder unabhängig davon zu sehen ist - erhöht werden muss.

Es wäre schlimm, wenn es dazu wie von der CDU gefordert nach der temporären Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke schon wieder eines Machtworts des Bundeskanzlers bedürfte. Das Deutschland-Tempo muss dabei das Ziel sein - eigentlich schon lange vor der Zeitenwende, spätestens aber danach. Es gefährdet die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung, dass es ihr nicht gelingt, das im Koalitionsvertrag angekündigte Klimaschutzsofortprogramm auf den Weg zu bringen. Die selbst ernannte Zukunftskoalition wird ihren Ansprüchen an sich selbst nicht gerecht. Im Moment erinnert sie in dieser Frage eher an einen Motor, der bei hoher Drehzahl nicht von der Stelle kommt.


«Frankfurter Rundschau» zu nötiger «Wärmewende»

Der Gaspreis sinkt - aber die Lage ist weiter prekär. Die Regierung muss dafür sorgen, dass die wegen der hohen Energiepreise in Fahrt gekommene Wärmewende nicht wieder erlahmt.

Gute Neuigkeiten. Die gibt es. Erdgas ist wieder viel billiger geworden. (...) Doch die Discount-Zeiten aus der Zeit vor dem Ukraine-Krieg, als Gas teils für fünf Cent pro Kilowattstunde zu haben war, werden nie wiederkommen. Der Staat wird aber nicht auf Dauer die Preise der fossilen Energien heruntersubventionieren können, schon gar nicht auf das Niveau der «guten alten Zeiten», die so gut nicht waren, wie man heute weiß. Das würde ihn überfordern. Deswegen muss die Bundesregierung die richtige Balance finden. Sie muss natürlich die Bürger:innen beruhigen, die sicher sein können müssen, dass sie nicht in existenzielle Energiearmut fallen («You'll never walk alone»). Sie muss auch kurzfristig die alternative Versorgung mit Gas und Elektrizität sicherstellen, durch (temporäre) LNG-Terminals und (temporär) mehr Kohleverstromung. Doch sie muss endlich auch bei der Energiewende und der effizienten, sparsamen Energienutzung den versprochenen Turbo zünden. Letzteres ist sogar besonders wichtig. Der Energiemarkt ist nämlich nicht so stabil, wie es vielen derzeit scheint.


«Münchner Merkur» zu Ampelstreit/Straßenbau

Deutschland braucht mehr Geld für die Schiene, aber auch für sein überlastetes Straßennetz, wenn es ein international wettbewerbsfähiger Industriestandort bleiben und den Verkehrsinfarkt und lange Stauzeiten für Berufspendler vermeiden will.

Darauf sollten sich die Ampelkoalitionäre, auch wegen der durch Migration stark steigenden Zahl der hier lebenden Menschen, rasch einigen können. Sie tun es aber nicht. Vielmehr legt die grüne Umweltministerin Lemke ihr Veto gegen den Plan des FDP-Verkehrsministers Wissing ein, die Planungsgeschwindigkeit für den Straßenbau zu beschleunigen. Die Begründung klingt vertraut: «Neue Autobahnen diesen nicht der Erreichung der Klimaziele.» Mit der quasi-religiösen Absolutsetzung eines wichtigen Anliegens verlieren die Grünen aber alle anderen bedeutsamen Ziele und besonders die Lebensumstände der weniger begüterten Menschen aus den Augen. Pendlern und anderen auf das Auto Angewiesenen soll das Leben so unkommod wie möglich gemacht werden.


«WSJ»: Demokraten freuen sich auf Trumps mögliches Facebook-Comeback

NEW YORK: Ex-US-Präsident Donald Trump darf zu Facebook und Instagram zurückkehren. Dazu schreibt das «Wall Street Journal» am Freitag:

«Es stellt sich die Frage, wer darüber glücklicher ist: Trump oder die Demokraten? Wir vermuten Letztere, denn sie sind begierig darauf, den ehemaligen Präsidenten wieder im Zentrum der republikanischen Politik zu sehen. (...)

Die treuesten Trump-Fans mögen ihn zurück begrüßen, aber nicht so sehr wie die Demokraten und das Weiße Haus. Seit seinem Sieg im Jahr 2016 waren die Demokraten erfolgreich darin, gegen den Mann aus Mar-a-Lago anzutreten. Sie haben 2018 das Repräsentantenhaus, 2020 das Weiße Haus und 2021 den Senat zurückgewonnen, indem sie ihre Wähler gegen Trump mobilisiert haben. Sie haben hart dafür gearbeitet, ihm 2022 weiter die größte Aufmerksamkeit zu schenken, obwohl er nicht auf dem Wahlzettel stand. Das hat sich ausgezahlt, denn die Gewinne der Republikaner im Repräsentantenhaus (bei den Kongresswahlen im November) waren geringer als erwartet.

Die sehnlichste Hoffnung der Demokraten ist, dass Trump 2024 erneut (als Präsidentschaftskandidat) für die Republikaner kandidiert.»


«Hospodarske noviny»: Spaltung der Gesellschaft nicht vertiefen

PRAG: Zur am Samstag endenden zweitägigen Stichwahl um das Präsidentenamt in Tschechien zwischen dem früheren Nato-General Petr Pavel und dem populistischen Ex-Regierungschef Andrej Babis schreibt die Zeitung «Hospodarske noviny» aus Prag am Freitag:

«Was man sät, erntet man auch. An dieses Sprichwort sollten Andrej Babis und sein Team denken. Der Ex-Regierungschef führte eine widerliche Wahlkampagne voller Ungenauigkeiten und direkter Lügen. Er sprach die niedrigsten Instinkte an. Dass seine Kampagne unethisch war, bestätigen Marketing-Spezialisten. Doch auch die Widersacher des Milliardärs sollten auf die Bremse treten, wenn sie verhindern wollen, dass sich die Spaltung der tschechischen Gesellschaft immer weiter vertieft und amerikanische Dimensionen erreicht. In den USA ist der Politik- und Kulturkrieg so weit fortgeschritten, dass Demokraten und Republikaner nicht mehr miteinander reden - selbst wenn es um die wichtigsten nationalen Interessen geht.»


«Telegraph»: Macron sollte Kampfpanzer in die Ukraine schicken

LONDON: Der konservative britische «Telegraph» kommentiert am Freitag die Position Frankreichs bei den Lieferungen von Kampfpanzern in die Ukraine:

«Nun sieht sich der französische Präsident [Emmanuel Macron] isoliert unter den wichtigsten Nato-Anführern, weil er es versäumt hat, der Ukraine Kampfpanzer zur Verfügung zu stellen. Deutschland ist mit der Entsendung von Leopard-Panzern Großbritanniens Beispiel gefolgt. Auch amerikanische Panzer sind auf dem Weg. Zusammengenommen können diese Kampfpanzer durchaus eine entscheidende Rolle dabei spielen, wie wesentliche Offensiven in diesem Frühjahr ausgehen. Aber wieder einmal stellt Frankreich einen Ausreißer in der geeinten westlichen Front dar. [...]

In Zeiten, die so wichtig sind wie diese, sind solche Eskapaden eine gefährliche Selbstüberschätzung. Frankreich wirkt nun schwach, nicht stark. Herr Macron täte gut daran, sofort Panzer in die Ukraine zu schicken.»


«Jyllands-Posten»: Holocaust darf nicht in Vergessenheit geraten

AARHUS: Die rechtsliberale dänische Tageszeitung «Jyllands-Posten» (Aarhus) schreibt anlässlich des internationalen Holocaust-Gedenktags am Freitag:

«Es muss über den Holocaust informiert, gelehrt und gesprochen werden. Vieles deutet darauf hin, dass nicht genug getan wird. Bald sind die letzten Augenzeugen verschwunden, und es bleibt nur noch die Geschichte, die von anderen erzählt wird. Gleichzeitig nimmt der Antisemitismus zu. Es ist eine gemeinsame europäische Pflicht, eine Wiederholung des Geschehenen wo auch immer zu verhindern. Und es ist ganz einfach: Es erfordert, dass wir uns weiter informieren und darüber reden. Oft ist versucht worden, den Holocaust als etwas spezifisch Deutsches zu erklären, einen mit dem Nazi-Regime und dem Zweiten Weltkrieg verbundenen Kurzschluss. Aber im Gegenteil ist es unbestreitbar, dass der moralische Zusammenbruch der europäischen Zivilisation und Geschichte, den der Holocaust als Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt, unser aller ist. Daher ist es auch unsere gemeinsame Verantwortung.»


«Correio da Manhã»: Was wird Selenskyj als Nächstes fordern?

LISSABON: Zur Forderung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an die Nato, neben der angekündigten Lieferung schwerer Kampfpanzer auch Langstreckenraketen und Kampfflugzeuge zu schicken, schreibt die portugiesische Zeitung «Correio da Manhã» am Freitag:

«Kaum hatten die Alliierten ihm den kleinen Finger gereicht, da verlangt der ukrainische Präsident schon die ganze Hand. Vom Westen die Lieferung von Kampfflugzeugen und Langstreckenraketen zu fordern, kurz nachdem man die Panzer-Zusage erhalten hat, ist eine schlimme Erpressung seitens der Machthaber in Kiew. Und es ist vor allem ein leichtfertiger Affront, der Moskau dazu veranlassen wird, mit neuen Angriffen wie die gestrigen zu reagieren. Angriffe, die töten, die grundlegende Infrastruktur zerstören und das Leben im Winter zur Hölle machen. Man muss sich fragen: Was wird Selenskyj als Nächstes fordern?»

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Jürgen Franke 28.01.23 17:20
Offensichtlich verdienen, bzw. bekommen
vielen Menschen sehr viel Geld aus diesem Krieg, so dass er nicht so schnell zu Ende gehen wird. Wenn Menschen Erfahrungen aus Kriegen sammeln würden, gäbe es sie nicht. Der Frieden nach 1945 hat den Deutschen offensichtlich keine Ruhe gelassen, so dass sie 1995/1999 wieder anfangen mußten, als Natomitglied unter der Oberleitung der USA, Krieg zu spielen. Erinnern wir uns doch noch, wie Verteidigungsminister Scharping im Pool plantschte, der dann von Struck ersetzt wurde. Dem grünen Außenminister wurde auf einer Versammlung, aus Abneigung, ein Plastigbeutel ins Gesicht geschmissen. Trotzdem begann seinerzeit die Osterweiterung der NATO
Thomas Sylten 28.01.23 15:30
Jetzt werden logisch folgerichtig als nächstes Kampfflugzeuge die deutschen Panzer vor russischen Luftschlägen schützen und dann Langstreckenraketeneinschläge auf russischem Gebiet die Russen "an den Verhandlungstisch zwingen" sollen.

Aber wozu denn bitte: Ist doch der Westen bislang unisono erklärtermaßen gar nicht bereit zu verhandeln - weil es angeblich die Russen nicht sind, die aber genau das schon mehrfach angeboten haben.

Nie hätte ich geglaubt, nach all den verheerenden Erfahrungen zweier Weltkriege miterleben zu müssen, wie meine Generation in den dritten schlafwandelt: Menschliche Lemminge, die nicht mehr überblicken was sie anrichten. Aber natürlich der festen Überzeugung sind, es gäbe keine Alternativen.

Doch, gibt es: Vernünftig werden und VERHANDELN - auf BEIDEN Seiten. Genau DAFÜR hat man Diplomatie - und sei es Geheimdiplomatie - erfunden.
Himmisakra.