Assad-Regierung zurück in Arabischer Liga

​«Vollwertiges Mitglied» 

Ein Mensch hält eine syrische Flagge mit einem Foto von Präsident Bashar Assad in die Höhe, während arabische Jugendliche an einem Sommerlager teilnehmen. Archivfoto: epa/WAEL HAMZEH
Ein Mensch hält eine syrische Flagge mit einem Foto von Präsident Bashar Assad in die Höhe, während arabische Jugendliche an einem Sommerlager teilnehmen. Archivfoto: epa/WAEL HAMZEH

KAIRO: Lange Zeit war der Kontakt zu Assad für die meisten arabischen Länder tabu - für den Westen sowieso. Nun kehrt Syrien in die Arabische Liga zurück. Hinter dem Schritt steckt auch das politische Kalkül und neue Selbstbewusstsein Saudi-Arabiens, das sich weiter von den USA löst.

Baschar al-Assad ist zurück: Die arabischen Länder besiegeln ihre Annäherung zu Syriens Präsidenten mit der Wiederaufnahme des Landes in die Arabische Liga. Seit den verheerenden Erdbeben im syrisch-türkischen Grenzgebiet vor drei Monaten drängt Assad verstärkt zurück in die arabische Gemeinschaft. Die Katastrophe nutzte er geschickt, um für eine Art Rehabilitierung seiner Regierung zu werben. Jeglichen Kontakt zu anderen Ländern stellte die Regierung öffentlichkeitswirksam zur Schau.

Der Entschluss vom Sonntag, mit dem Syrien nach Worten von Liga-Generalsekretär Ahmed Abul Gheit ab sofort wieder als «vollwertiges Mitglied» gilt, ist ein entscheidender Erfolg für den Machthaber. Kritiker mögen die geringe Relevanz der regionalen Organisation sehen: Sie plagen interne Konflikte, begrenzter Einfluss und eine Unfähigkeit, bei wichtigen außenpolitischen Fragen eine gemeinsame Linie zu finden. Für Assad, dessen Land und Wirtschaft unter Sanktionen im heimischen Bürgerkrieg ächzen, bietet sie jetzt aber den wichtigsten politischen Gewinn seit Jahren.

Der Beschluss ist für viele Syrer dagegen ein herber Schlag. Assads Regierung soll in dem Bürgerkrieg, der 2011 aus brutal niedergeschlagenen Protesten entstand, Zivilisten gefoltert und Giftgas gegen sie eingesetzt haben. Mehr als 350.000 Menschen starben zudem, Millionen wurden vertrieben.

Die arabischen Länder würden alle Syrer, gegen die Verbrechen begangen wurden, vollkommen aufgeben, sagte der Oppositionelle Jahja Aridi der Deutschen Presse-Agentur. Die syrische Opposition wolle das Land nach wie vor von dem «unterdrückerischem Regime» in Damaskus befreien. Doch dieses kontrolliert mit Verbündeten inzwischen wieder etwa 70 Prozent des zersplitterten Landes.

Entscheidend für Assads Rehabilitation in der Region war nun vor allem ein Paradigmenwechsel Saudi-Arabiens, Führungsnation am Golf und Schwergewicht innerhalb der Liga. Wegen des brutalen Vorgehens der syrischen Regierung gegen die eigene Bevölkerung hatte Riad den Ausschluss Syriens aus der Organisation damals selbst maßgeblich vorangetrieben. Im Zuge des Kriegs glitt Assad immer weiter in die Isolation. Im Westen waren und sind direkte Gespräche mit ihm undenkbar.

Derzeit ist Saudi-Arabien aber dabei, sich von regionalen Konflikten zu lösen und sich von seinem wichtigsten Sicherheitsgaranten USA zu emanzipieren. Kostspielige Konflikte und Sicherheitsbedrohungen sieht der Kronprinz und faktische Herrscher des Landes, Mohammed bin Salman, inzwischen als Hindernis für seine ehrgeizigen Pläne, um das Land zu modernisieren und vom Öl unabhängig zu machen. Dazu zählt etwa der Bau einer Megastadt am Roten Meer.

Im März kündigte das Land bereits ein Ende der diplomatischen Eiszeit mit seinem Rivalen Iran an, mit dem es um Macht und Einfluss in der Region ringt. Die Annäherung der beiden Staaten ebnete auch den Weg für eine Normalisierung mit Damaskus. Saudi-Arabien hatte im syrischen Bürgerkrieg zeitweise Rebellen unterstützt, der Iran ist dagegen enger Verbündeter der Assad-Regierung. Schon länger stellte Saudi-Arabiens Außenminister Faisal bin Farhan Al Saud die Annäherung mit Assad in Aussicht und reiste auch selbst wieder nach Syrien.

Beobachtern zufolge hoffen die Golfländer im Gegenzug etwa auf einen verstärkten Kampf gegen den in Syrien grassierenden Drogenhandel. Das Bürgerkriegsland stellt im großen Stil Amphetamine her, die über Schmuggler auch in Nachbarländer gelangen. Die Assad-Regierung ist Experten zufolge aber selbst tief in das Geschäft verstrickt, die Milliarden-Erträge sicherten ihr Überleben. Die Chancen für ein hartes Vorgehen stehen demnach deshalb nicht wirklich gut. Auch sonst ist unklar, ob der Schritt überhaupt an Auflagen geknüpft wird.

«Assad hat den Arabern wenig zu bieten außer der voraussichtlichen Rechnung für den Wiederaufbau», folgern Malik al-Abdeh und Lars Hauch von der US-Denkfabrik Atlantic Council. Die Normalisierung mit Syrien sei deshalb vor allem eine Reaktion der arabischen Länder auf eine sich neu formierende Weltordnung, in der der Westen gegen einen Block bestehend aus China, Russland und dem Iran um die Vorherrschaft kämpfe. Die arabischen Staaten mit ihren begrenzten militärischen Ressourcen wollten sich demnach einen Platz in dieser Welt sichern und ihre Autonomie wahren.

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