Viele Tote nach IS-Anschlag auf in Kabul

Foto: epa/Hedayatullah Amid
Foto: epa/Hedayatullah Amid

KABUL: Hochrangige Politiker treffen sich in Kabul zu einer Gedenkveranstaltung, mit dabei ist auch Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah. Dann eröffnen Angreifer das Feuer. Ein Bekennerschreiben lässt nicht lange auf sich warten.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat nach eigenen Angaben bei einer Gedenkveranstaltung in der afghanischen Hauptstadt Kabul mindestens 31 Menschen getötet, unter den Toten sind auch die beiden Angreifer. Weitere 61 Menschen seien bei dem Angriff auf die Veranstaltung zu Ehren eines ehemaligen schiitischen Anführers verletzt worden, wie das Innenministerium am Freitag mitteilte. Vor Ort waren demnach auch Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah und andere hochrangige Politiker. Sie seien in Sicherheit gebracht worden.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich. Sie veröffentlichte ein Foto der beiden Attentäter vor einer Flagge des IS in den sozialen Netzwerken. Demnach haben die beiden Männer die Gedenkveranstaltung mit Maschinengewehren, Handgranaten und Granatwerfern angegriffen. Rita Katz, Direktorin der auf Online-Propaganda von Extremisten spezialisierten Site Intelligence Group, twitterte, Ziel des IS sei es, so viel Instabilität wie möglich nach dem USA-Taliban-Abkommen zu säen.

Abdullah Abdullah sowie andere Politiker nahmen nach offiziellen Angaben an der Veranstaltung für den prominenten Ex-Anführer der schiitischen Hasara-Gemeinschaft, Abdul Ali Masari, am Freitagmorgen teil. Masari war der politische Führer der Hesb-e Wahdat Islami Afghanistan (Islamische Einheitspartei Afghanistans). Er wurde 1995 von den militant-islamistischen Taliban getötet.

Ein Sprecher der militant-islamistischen Taliban dementierte auf Twitter umgehend, für den Angriff verantwortlich zu sein. Der Angriff erfolgte fast eine Woche nachdem die USA mit den militant-islamistischen Taliban ein Abkommen geschlossen hatten. Dieses sieht einen Abzug aller US- und internationalen Truppen bis Ende April kommenden Jahres vor, unter anderem im Gegenzug dafür, dass die Taliban Friedensgespräche mit der afghanischen Regierung aufnehmen - wenn die Vereinbarung nicht scheitert. Die Taliban verpflichteten sich zudem, dass aus Afghanistan keine Gefahr für die Sicherheit der USA und ihrer Verbündeten mehr ausgehe.

Die IS-Terrormiliz hat seit ihrem Auftauchen in Afghanistan zahlreiche Anschläge vor allem auf schiitische Moscheen, Stadtbezirke und Versammlungen verübt. Sunnitische Extremisten wie die Mitglieder der IS-Terrormiliz bekämpfen Schiiten als Abtrünnige.

Der Angriff vom Freitag erfolgte im mehrheitlich schiitischen Stadtteil Dascht-e Barchi im Westen Kabuls. Bereits 2018 und 2019 hatte es Angriffe auf Feierlichkeiten zu Ehren von Abdul Ali Masari gegeben. Dabei kamen mehrere Menschen ums Leben. Damals hatte sich der IS auch zu den Angriffen bekannt.

Der jüngste Angriff erfolgte von einem höher gelegenen Gebäude aus. Ein Angreifer wurde durch Spezialkräften der Polizei getötet, hieß es aus dem Innenministerium. «Das Ziel des Angriffs war nicht klar, aber Dr. Abdullah ist jetzt an einem sicheren Ort», sagte der Sprecher der Deutschen Presse-Agentur.

Während der Eröffnungsrede von Karim Chalili, dem Vorsitzenden des Hohen Friedensrats Afghanistans, seien Schüsse und Explosionen zu hören gewesen. Aus Sicherheitskreisen hieß es, die Zahl der Angreifer sei zunächst nicht bekannt. Diese sollen mit Schnellfeuerwaffen auf die Versammlung geschossen haben.

«Der Angriff ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen die nationale Einheit Afghanistans», twitterte Afghanistans Präsident Aschraf Ghani. Außerdem habe er sich bei Abdullah und Chalili in einem Telefongespräch über deren Gesundheitszustand erkundigt, schrieb Ghani weiter.

Die Bundesregierung verurteilte den tödlichen Anschlag scharf. Die Tat sei darauf angelegt, Verhandlungen über eine Friedenslösung zu verhindern, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Freitag in Berlin. «Deutschland wird im Kampf gegen Terrorismus weiter an der Seite Afghanistans stehen», sagte er weiter.

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