Gespaltenes Parlament bestätigt Guaidó als Vorsitzenden

Foto: epa/Miguel Gutierrez
Foto: epa/Miguel Gutierrez

CARACAS (dpa) - Das venezolanische Parlament hat sich am Sonntag bei einer beispiellosen Doppelabstimmung in Anhänger und Gegner der Regierung von Staatspräsident Nicolás Maduro gespalten.

Rund 100 Abgeordnete der Opposition bestätigten Maduros Erzfeind, den bisherigen Vorsitzenden und selbsternannten Interimspräsidenten Juan Guaidó, im Amt. Parlamentarier der regierungstreuen Sozialistischen Einheitspartei und Abtrünnige des Oppositionsbündnisses hatten indes wenige Stunden vorher Luis Parra als neuen Vorsitzenden gewählt.

Sicherheitskräfte der Regierung Maduros hatten Guaidó und zahlreichen weiteren Volksvertretern der Opposition den Zutritt zum Parlamentsgebäude verwehrt. Die unabhängige Presse wurde von der Sitzung im Kongress auch ausgeschlossen.

Parra gehörte bis Dezember der Oppositionspartei «Primero Justicia» («Erst Gerechtigkeit») an, die Teil des Bündnisses um Guaidó ist. Er wurde von seiner Partei ausgeschlossen, nachdem Oppositionsvertreter ihn des Versuchs beschuldigt hatten, andere Parlamentarier mit hohen Bestechungssummen für Maduro zu gewinnen.

Anhängern Guaidós zufolge fand die Wahl Parras im Kongressgebäude ohne das notwendige Quorum statt. Anhänger Parras gaben hingegen an, er sei regelkonform mit 84 Stimmen von 150 anwesenden Abgeordneten gewählt worden. Das venezolanische Parlament besteht aus 165 Volksvertretern.

Guaidós Anhänger im Parlament versammelten sich dann in einer Sitzung im Gebäude der Zeitung «El Nacional», in der der Interimspräsident als Parlamentsvorsitzender wiedergewählt wurde.

Guaidó war Anfang 2019 zum Präsidenten der Nationalversammlung gewählt worden, weil seiner Oppositionspartei «Voluntad Popular» («Volkswille») turnusgemäß der Parlamentsvorsitz zustand. Am 23. Januar erklärte sich der zuvor völlig unbekannte Abgeordnete zum Interimspräsidenten und forderte damit Staatschef Maduro offen heraus. Dessen Anhänger sammelten sich lange in der von Maduro neu ins Leben gerufenen verfassungsgebenden Versammlung, einer Art Konkurrenzparlament. Erst seit kurzem nehmen sie wieder an Sitzungen der Nationalversammlung teil, worin Kritiker nun angesichts der Wahl Parras ein taktisches Manöver sehen.

Zahlreiche Länder, darunter die USA und viele EU-Staaten, erkannten Guaidó daraufhin als rechtmäßigen Übergangspräsidenten an. Allerdings gelang es ihm trotz internationaler Unterstützung und massiver Demonstrationen in Venezuela nicht, Maduro aus dem Amt zu drängen. Der linke Staatschef kann weiterhin auf die Unterstützung des mächtigen Militärs zählen.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder
TheO Swisshai 08.01.20 05:54
Maduro oder Guaido
Die entscheidende Frage sollte doch sein; Wer ist besser für das Volk ? Bleibt Maduro Präsident, wird sich nichts ändern, bei Guaido darf man wenigstens hoffen.
Ingo Kerp 07.01.20 13:40
Wenn das so weiter geht, hat Venezuela bald mehr Häuptlinge als Krieger.
Thomas Sylten 07.01.20 11:50
Er will halt immer Kalif anstelle des Kalifen sein
Das venezolanische Parlament wählt - wie auch aus lateinamerikanischen Medien hervorgeht - regelkonform einen Vorsitzenden, der aber nicht Gaidó ist. Daraufhin versammeln sich dessen Anhänger in einem anderen Raum und wählen ihn (Gaidó) zum.. wie bitte.. Parlamentspräsidenten ?? Sicher mit 100% ihrer Stimmen. Dieser Typ ist wirklich Folklore - aber die Berichterstattung ja nicht minder.. ..und ich geh jetzt und lass mich mit 100% (!) von meinen Kumpels zum Kandesbunzler wählen !! :)