Weihe von Kirchenführer spaltet Montenegro

Unruhen und Polizeigewalt 

Demonstartion gegen die Inthronisierung des neuen Metropoliten in Montenegro. Foto: epa/Boris Pejovic
Demonstartion gegen die Inthronisierung des neuen Metropoliten in Montenegro. Foto: epa/Boris Pejovic

CETINJE: In Montenegro ringen Befürworter und Gegner der Unabhängigkeit seit mehr als 100 Jahren erbittert miteinander. Die Amtseinführung des neuen serbischen Metropoliten im Symbolort Cetinje stieß dort auf massiven Widerstand. Am Ende setzte sich die Staatsmacht durch.

Begleitet von Unruhen, Protesten und Straßenkämpfen ist am Sonntag der neue serbisch-orthodoxe Kirchenführer in Montenegro geweiht worden. Den Metropoliten Joanikije führte das Oberhaupt der serbisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Porfirije, im Kloster von Cetinje in sein Amt ein, wie dieser auf Instagram mitteilte.

Zuvor hatte die Polizei Proteste und Straßenblockaden der Gegner der Amtseinführung gewaltsam aufgelöst. Ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur dpa beobachtete, wie Jugendliche in der Nähe des Klosters Steine gegen Polizisten warfen. Diese feuerten Tränengaskartuschen ab. Bei der Auflösung der Straßenblockaden leisteten die Demonstranten keine nennenswerte Gegenwehr. Porfirije, Joanikije und ihr Gefolge flogen in Hubschraubern zum Kloster. Vor den Außenmauern des Anwesens standen Panzerfahrzeuge der Polizei.

16 Personen wurden festgenommen oder verhaftet, sieben Polizisten verletzt, berichtete das Nachrichtenportal «vijesti.me». Über die Zahl von verletzten Protestteilnehmern lagen zunächst keine Angaben vor. Der unabhängige Rat für die zivile Kontrolle der Polizei stellte fest, dass die Sicherheitskräfte auch Gummigeschosse eingesetzt und damit Menschen verletzt hatten.

Die massive Ablehnung der Zeremonie durch die örtliche Bevölkerung gründete sich darauf, dass die historische Hauptstadt Cetinje als Wiege der montenegrinischen Unabhängigkeitsidee gilt. Die serbisch-orthodoxe Kirche mit Sitz in Belgrad erkennt wiederum nicht die staatliche Identität Montenegros an.

Das kleine Balkanland war bis 1918 unabhängig und ist es seit 2006 wieder. Rund 30 Prozent der Bürger sind ethnische Serben. Weit mehr Menschen bekennen sich zur serbisch-orthodoxen Kirche. Die Durchsetzung der Amtseinführung Joanikijes mit Polizeigewalt dürfte die Spaltung des Landes nach Ansicht von Beobachtern vertiefen.

Staatspräsident Milo Djukanovic, der das Land 2006 über ein Referendum in die Unabhängigkeit geführt hatte, hielt sich nach eigenen Angaben zum Zeitpunkt der Unruhen in Cetinje auf. «Heute haben wir eine in der Geschichte unseres Landes beispiellose Schande seitens der serbisch-orthodoxen Kirche und der Regierung erlebt», sagte er in einem Youtube-Video. Die Amtseinführung des neuen Metropoliten sei durch «völlig unangemessene Gewaltanwendung gegen friedlich versammelte Bürger» erzwungen worden.

Djukanovic' Partei DPS verlor im Vorjahr die Parlamentswahl. Der Präsident steht seitdem einer heterogenen Koalitionsregierung gegenüber, die hauptsächlich - aber nicht nur - von proserbischen Parteien und dem Umfeld der serbisch-orthodoxen Kirche getragen wird. Sie beschuldigt Djukanovic, die Demonstranten zu den Unruhen angestiftet zu haben.

Auf Anordnung von Ministerpräsident Zdravko Krivokapic nahm die Polizei am Sonntag einen Berater von Djukanovic fest. Veselin Veljovic, der unter der DPS-Regierung Landespolizeichef war, wird beschuldigt, die Unruhen inszeniert zu haben. Beweise wurden bislang keine vorgelegt.

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