Ukraine-Krise: Aktuelles Geschehen am Donnerstag

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Selenskyj: Im Osten nichts Neues - Wirbt für weitere Annäherung an EU

KIEW: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Lage im Krieg gegen Russland als weiterhin schwierig beschrieben. «Die Frontsituation über den Tag - ohne wesentliche Änderungen», sagte Selenskyj am Donnerstag in einer Videobotschaft in Kiew. Der strategisch wichtige Ort Sjewjerodonezk und seine Nachbarstadt Lyssytschansk sowie andere Städte im Donbass, die die russischen Angreifer derzeit als Schlüsselziele im Osten des Landes betrachten würden, könnten sich wirksam verteidigen. «Wir bewegen uns allmählich in der Region Charkiw voran und befreien unser Land.»

Zur Lage im Süden der Ukraine sagte Selenskyj: «Wir haben eine gewisse positive Wirkung im Gebiet von Saporischschja, wo es möglich ist, die Pläne der Eindringlinge zu durchkreuzen.» Auch in Richtung Mykolajiw halte die Verteidigung. Russland hatte das Nachbarland Ukraine am 24. Februar angegriffen.

Selenskyj warb für eine weitere Annäherung der Europäischen Union an sein Land. «Die meisten Europäer unterstützen die Integration der Ukraine. Und wenn die Europäer es unterstützen, sollten sich Politiker, die in einigen Ländern noch Zweifel haben, nicht den Menschen, der Gesellschaft und dem Lauf der europäischen Geschichte entgegenstellen», appellierte der Präsident.


Kampf um Sjewjerodonezk: «Russen haben mehr Verluste als Ukrainer»

SJEWJERODONEZK: Die russischen Truppen erleiden ukrainischen Angaben zufolge beim Kampf um die strategisch wichtige Stadt Sjewjerodonezk erhebliche Verluste. «Die Russen haben wesentlich mehr Verluste als die Ukrainer», teilte der Luhansker Gouverneur Serhij Hajdaj am Donnerstag bei Facebook mit. Das Verhältnis liege «bei eins zu zehn». Zu ukrainischen Verlusten könne er keine Angaben machen.

Die russische Armee habe die Überreste von Einheiten aus der Teilrepublik Burjatien im Fernen Osten Russlands abgezogen, meinte Hajdaj. «Sie sterben wie die Fliegen.» Die Angaben sind nicht unabhängig zu prüfen.

Russische Kräfte hatten in der vergangenen Woche den Großteil der Industriestadt erobert. Die Ukrainer mussten sich in das Industriegebiet und in die benachbarte Zwillingsstadt Lyssytschansk zurückziehen. In dem seit Ende Februar laufenden Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine haben russische Truppen mittlerweile mehr als 90 Prozent des Gebiets Luhansk unter ihre Kontrolle gebracht.


Ukrainischer Verteidigungsminister: Lage an der Front ist schwierig

KIEW: Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow hat die Lage im Krieg gegen Russland als hart bezeichnet.

«Die Situation an der Front ist schwierig. Jeden Tag werden bis zu 100 unserer Soldaten getötet und bis zu 500 verwundet», schrieb Resnikow am Donnerstag in einem Beitrag bei Facebook. Russland erleide zwar große Verluste. «Aber es gibt immer noch Kräfte, die in einigen Teilen der Front vorrücken», betonte er. Die Ukraine brauche dringend schwere Waffen. «Wir haben bewiesen, dass wir im Gegensatz zu vielen anderen den Kreml nicht fürchten. Aber als Land können wir es uns nicht leisten, unsere besten Söhne und Töchter zu verlieren.» Russland hatte das Nachbarland am 24. Februar überfallen.


Heusgen mahnt Durchhaltevermögen im Konflikt mit Russland an

BERLIN: Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat im Konflikt mit Russland Durchhaltevermögen angemahnt. «Putin hält die westeuropäischen Gesellschaften für dekadent. Er glaubt, dass das von ihm regierte totalitäre Russland die bessere Durchhaltefähigkeit besitzt und wir unter Inflationsdruck, unter hohen Sprit- und Lebensmittelpreisen weich werden und die Unterstützung für die Ukraine nachlässt», sagte Heusgen dem Nachrichtenportal «t-online». Er forderte, dass der russische Präsident vom Gegenteil überzeugt werden müsse. «Ihm muss klar werden, dass die transatlantische Gemeinschaft zusammenhält, dass die Sanktionen aufrechterhalten, ja weiter verschärft werden und die Unterstützung der Ukraine gerade erst anläuft.»

Putin verstehe nur die Sprache der Härte, die auch seine Sprache sei, sagte Heusgen, der Deutschland als Botschafter bei den Vereinten Nationen in New York vertreten hat und viele Jahre außenpolitischer Berater von Ex-Kanzlerin Angela Merkel war. Aus Sicht des Diplomaten spricht aber dennoch grundsätzlich nichts dagegen, dass Bundeskanzler Olaf Scholz weiter mit Putin spricht. Polens Präsident Andrzej Duda hatte Scholz dafür scharf kritisiert.

«Grundsätzlich ist es immer besser, sich mit Worten als mit Waffen auseinanderzusetzen», sagte Heusgen. «Von daher spricht nichts Prinzipielles gegen Telefonate auch mit einem Kriegsverbrecher. Es kommt auf den Inhalt der Kommunikation an.» Eine Basis des Vertrauens könne es mit Putin nicht mehr geben.


Wegen Angriffskrieg: Kiew streicht Städtepartnerschaft mit Minsk

KIEW: Weil Belarus den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine unterstützt, hat die ukrainische Hauptstadt Kiew der belarussischen Metropole Minsk die Städtepartnerschaft gekündigt.

Dies habe der Stadtrat von Kiew so entschieden, teilte Bürgermeister Vitali Klitschko am Donnerstag mit. «Minsk kann man kaum noch eine Partnerstadt von Kiew nennen. Also hindert uns nichts daran, die Entscheidung zur Aufhebung des Status' für die Hauptstadt von Belarus zu treffen», betonte der frühere Box-Weltmeister. Von Belarus aus flögen Raketen in ukrainische Städte und Dörfer, zudem seien auch von dort aus russische Truppen in die Ukraine einmarschiert.

Der Schritt kommt nach 25 Jahren - die Partnerschaft wurde im Juni 1997 beschlossen. Russland hat das verbündete Belarus im vergangenen Jahr bereits als Aufmarschgebiet gegen die Ukraine genutzt und seit dem 24. Februar auch von belarussischem Territorium aus angegriffen.


Putin will wie Zar Peter der Große russische Erde «zurückholen»

ST. PETERSBURG: Kremlchef Wladimir Putin hat den von ihm befohlenen Krieg gegen die Ukraine auf eine Ebene mit dem Großen Nordischen Krieg unter Russlands Zar Peter I. gestellt und von einer Rückholaktion russischer Erde gesprochen. Peter habe das Gebiet um die heutige Millionenstadt St. Petersburg nicht von den Schweden erobert, sondern zurückgewonnen. «Offenbar ist es auch unser Los: Zurückzuholen und zu stärken», zog Putin laut der Nachrichtenagentur Interfax am Donnerstag Parallelen zum Krieg gegen die Ukraine.

Am 9. Juni ist der 350. Geburtstag von Peter dem Großen, der sich als erster russischer Zar den Titel Imperator gab und mit Eroberungen im Norden Russland einen Zugang zur Ostsee sicherte - als so genanntes «Fenster nach Europa». Seit dieser Zeit habe sich fast nichts geändert, behauptete Putin nun in einem Gespräch mit Jungunternehmen im Vorfeld des Internationalen Petersburger Wirtschaftsforums. Auch damals habe kein europäischer Staat das Gebiet als russisch anerkannt. «Dabei haben dort seit Jahrhunderten neben den finno-ugrischen Stämmen auch Slawen gelebt», sagte der Kremlchef.

Putin begründete den Krieg gegen die Ukraine einerseits mit der Unterdrückung der russischsprachigen Bevölkerung im Land. Andererseits verwehrte er aber auch der Ukraine das grundsätzliche Bestandsrecht und meldete Besitzansprüche auf große Teile des Landes an, die historisch gesehen russisches Herrschaftsgebiet gewesen seien.


Frontex: 5,5 Millionen Ukrainer in EU-Länder geflohen

WARSCHAU: Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben sich nach Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex mehr als 5,5 Millionen Ukrainer in EU-Mitgliedsländern in Sicherheit gebracht. Unter Berücksichtigung der Geflüchteten mit nicht-ukrainischer Staatsangehörigkeit seien es insgesamt 7,3 Millionen Menschen, teilte die Behörde am Donnerstag mit.

Seit Kriegsbeginn am 24. Februar seien aber mittlerweile mehr als 2,6 Millionen Ukrainer aus EU-Ländern wieder in ihr Heimatland eingereist. Derzeit liege die tägliche Zahl der Ukraine-Rückkehrer höher als die Zahl derer, die aus dem vom Krieg verwüsteten Land in die EU ausreisen wollten.


Mindestens 13 Tote nach Beschuss von Separatistengebiet in Ukraine

STACHANOW: Im ostukrainischen Separatistengebiet Luhansk sind in der Stadt Stachanow mindestens 13 Menschen durch Raketenwerferbeschuss getötet worden. «Es sind etwa 20 Raketen des Typs Uragan eingeschlagen», teilte Republikchef Leonid Passetschnik russischen Medien am Donnerstag mit. Zudem seien mindestens sechs Verletzte aus den Trümmern geborgen worden.

Die moskautreuen Separatisten warfen der ukrainischen Armee vor, ein Wohngebiet beschossen zu haben. Ukrainische Stellungen befinden sich in etwa zwölf Kilometer Entfernung von der Industriestadt. Die Angaben der Kriegsparteien lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Seit Ende Februar führt Russland Krieg gegen den Nachbarn Ukraine. Zuvor hatte Moskau die Unabhängigkeit der seit 2014 von Kiew abtrünnigen Gebiete Luhansk und Donezk anerkannt. Die UN hat seit Kriegsbeginn mehr als 4300 getötete Zivilisten erfasst, geht aber auch wegen Zugangsbeschränkungen in der Ostukraine von weitaus höheren zivilen Opferzahlen aus.


Separatisten verurteilen Ausländer in ukrainischer Armee zum Tod

DONEZK: Das Oberste Gericht der separatistischen Donezker Volksrepublik (DVR) hat drei ausländische Kämpfer in den Reihen der ukrainischen Streitkräfte als Söldner zum Tode verurteilt.

Bei den Angeklagten handelt es sich um zwei Briten und einen Marokkaner. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden.


Scholz: Internet wird als Machtinstrument missbraucht

BERLIN: Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine vor einer Instrumentalisierung des Internets als Machtinstrument gewarnt.

«Immer häufiger werden digitale Technologien als geopolitisches Machtinstrument missbraucht, teils auch gezielt für Desinformationskampagnen», sagte der SPD-Politiker am Donnerstag auf der Digitalmesse re:publica in Berlin. Dazu kämen Cyberangriffe durch Staaten oder kriminelle Organisationen. «Darauf werden wir uns besser einstellen», kündigte Scholz an.

Deutschland werde sich auch gegen alle wenden, die das Netz zu kontrollieren versuchten. Konkret nannte Scholz Zensur und Überwachung in China sowie den Versuch einer völligen Abschottung des russischen Informationsraums - «leider oft mit Erfolg», wie er sagte. Scholz betonte: «Eine offene und demokratische Debatte ist immer noch die stärkste Verteidigung, die wir zustande bringen können.»


Macron sichert Ukraine weitere schwere Waffen zu

PARIS: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat der Ukraine bei Bedarf die Lieferung weiterer schwerer Waffen für ihren Abwehrkampf gegen den russischen Angriffskrieg zugesichert. In einem Telefonat mit dem Präsidenten Wolodymyr Selenskyj habe Macron betont, dass sein Land weiter an der Seite der Ukraine stehe, teilte der Élyséepalast am Donnerstagabend in Paris mit. Macron habe Selenskyj nach den Bedürfnissen in Bezug auf militärische Ausrüstung, politische und finanzielle Unterstützung sowie humanitäre Hilfe gefragt. Außerdem habe er sich über die jüngsten Entwicklungen vor Ort informiert.

Frankreich hat der Ukraine bereits rund ein Dutzend Caesar-Haubitzen geliefert und ukrainische Soldaten in Frankreich in der Bedienung der Geschütze trainiert. Die auf Lastwagen montierten Caesar-Geschütze mit einem Kaliber von 155 Millimeter können Ziele bis auf eine Entfernung von 40 Kilometern präzise treffen. Außerdem stellte Frankreich Panzerabwehrraketen des Typs Milan zur Verfügung. Frankreichs neue Außenministerin Catherine Colonna hatte bei einem Besuch in Kiew Ende Mai gesagt, auf die Forderung der Ukraine nach der Lieferung schwererer Geschütze werde es «eine konkrete Antwort» geben.

Macron und Selenskyj vereinbarten nach Élysée-Angaben in Kontakt zu bleiben, insbesondere im Hinblick auf die Stellungnahme der Europäischen Kommission zum Antrag der Ukraine auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union sowie die anschließende Diskussion auf der Tagung des Europäischen Rates am 23. und 24. Juni.


EU-Kandidat Ukraine? Empfehlung der EU-Kommission wohl am 17. Juni

BRÜSSEL: Die EU-Kommission wird voraussichtlich kommende Woche Freitag (17. Juni) ihre Empfehlung darüber abgeben, ob der Ukraine der EU-Kandidatenstatus gewährt werden sollte. Bereits am Montag werde das Kollegium der Kommissare eine Orientierungsdebatte darüber halten, sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde am Donnerstag. Dabei werde es auch um die Beitrittsanträge von Moldau und Georgien gehen. Der Sprecher betonte, dass die Planung noch nicht endgültig sei.

Nach der Empfehlung der EU-Kommission will der EU-Gipfel am 23. und 24. Juni über den Antrag der Ukraine beraten. Eine Entscheidung darüber, ob der Kandidatenstatus gewährt wird, muss einstimmig von den EU-Staaten getroffen werden. Das Land hatte kurz nach Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine den Beitritt zur EU beantragt.


Ukrainische Munitionsvorräte teils höher als zu Kriegsbeginn

KIEW: Die ukrainische Armee hat aus dem Westen bereits mehr als 150 schwere 155-Millimeter-Haubitzen aus Nato-Beständen bekommen. «Die Munitionsvorräte dieses Kalibers übersteigen bereits um zehn Prozent die Bestände großer sowjetischer Kaliber zum Stand 24. Februar 2022», schrieb Verteidigungsminister Olexij Resnikow am Donnerstag in einem Beitrag bei Facebook. An 24. Februar begann der russische Angriff auf die Ukraine.

Dazu seien noch etwa 50 Geschütze anderen Kalibers eingetroffen, sagte Resnikow. Für diese lägen die Munitionsvorräte bei gut 75 Prozent des Bestands vom Kriegsbeginn. Geliefert worden seien auch Dutzende Raketenwerfer sowjetischen Typs und Hunderte Mörser mit entsprechender Munition.

Resnikow berichtete zudem über den Erhalt von Hunderten Panzern und Schützenpanzern sowjetischen Typs und etwa 250 westlichen gepanzerten Fahrzeugen. Daneben wurden Tausende an tragbaren Flugabwehr- und Panzerabwehrsystemen und Granatwerfern und Hunderte Drohnen, darunter Dutzende Angriffsdrohnen, geliefert. Die Küstenverteidigung sei durch «Harpoon»-Raketen entscheidend gestärkt worden.

Trotzdem forderte Resnikow weitere und schnellere Lieferungen. «Ich kann nicht sagen, dass ich zufrieden bin mit der Geschwindigkeit und der Zahl der Waffenlieferungen», fasste Resnikow zusammen. Ziel sei es, Raketenwerfer westlichen Typs mit Munition zu erhalten, sowjetische Artilleriesysteme komplett durch westliche zu ersetzen. Zudem seien für eine Gegenoffensive Hunderte schwere Panzer, Kampfflugzeuge und Flugabwehrsysteme nötig.


Buschmann: Russische Oligarchen in bestimmten Fällen enteignen

LUXEMBURG: Bundesjustizminister Marco Buschmann hat sich offen dafür gezeigt, russische Oligarchen zu enteignen und deren Vermögen für den Wiederaufbau der Ukraine zu nutzen. Man müsse einen Unterschied zwischen staatlichem und privatem Vermögen machen, sagte der FDP-Politiker am Donnerstag am Rande eines EU-Treffens in Luxemburg. Bei Privatvermögen bestehe die Möglichkeit, Vermögensgegenstände «abzuschöpfen». Voraussetzung sei, dass vor Gericht nachgewiesen werde, dass Verdächtige etwa an Kriegsverbrechen oder der illegalen Kriegsführung beteiligt waren.

Russland sei für schreckliche Kriegsschäden in der Ukraine verantwortlich, sagte Buschmann. Der Wiederaufbau des Landes werde viel Geld kosten. «Das wird die Ukraine nicht alleine machen können.» Deshalb müsse darüber diskutiert werden, wie man Russland daran beteilige. Die EU-Kommission hatte im vergangenen Monat vorgeschlagen, das Umgehen von Sanktionen in allen EU-Staaten als Straftat zu definieren. In derlei Fällen sollten Oligarchen enteignet werden können.


London: Russische Truppen nehmen Gebiete südlich von Isjum ins Visier

LONDON: Nach Einschätzung britischer Geheimdienste sollen russische Truppen in den vergangenen Tagen Gebiete südlich der ostukrainischen Stadt Isjum ins Visier genommen haben. Die Truppen hätten ihre Offensive dort wahrscheinlich verstärkt, hieß es am Donnerstag in einer Mitteilung des Verteidigungsministeriums in London. Die Stadt Isjum liegt im Gebiet Charkiw, das an die mittlerweile fast vollständig von den Russen eingenommene Region Luhansk grenzt. Isjum wurde bereits im März von russischen Truppen besetzt.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor mehr als drei Monaten veröffentlicht die britische Regierung regelmäßig Geheimdienstinformationen zum Verlauf. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.


Nato-Generalsekretär Stoltenberg sagt Berlin-Besuch ab

BERLIN: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat seinen Besuch in Berlin kurzfristig abgesagt. Das teilte das deutsche Verteidigungsministerium am Donnerstag in Berlin mit.

«Der Nato-Generalsekretär hat darüber informiert, dass sein Besuch in Berlin kurzfristig abgesagt wird», hieß es in einer Erklärung. Gründe wurden nicht genannt.

Stoltenberg wollte in Berlin Bundeskanzler Olaf Scholz und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht treffen. Dabei sollte es unter anderem um die Vorbereitung des Nato-Gipfels vom 28. bis 30. Juni in Madrid gehen.


Russen beschießen Chemiefabrik in Sjewjerodonezk

SJEWJERODONEZK: Im Osten der Ukraine setzen russische Truppen nach ukrainischen Angaben ihre Angriffe auf Wohn- und Industriegebiete in der schwer umkämpften Stadt Sjewjerodonezk fort. Durch den Beschuss der Chemiefabrik Azot seien vier Menschen getötet worden, schrieb der Gouverneur des Gebiets Luhansk, Serhij Hajdaj, am Donnerstag im sozialen Netzwerk Telegram. Die Anlage wird nach ukrainischen Angaben von Hunderten Zivilisten als Luftschutzbunker genutzt. Eine vergleichbare Einkesselung durch russische Truppen wie bis vor kurzem in der Hafenstadt Mariupol drohe derzeit jedoch nicht.

Von russischer und prorussischer Seite wird immer wieder der Vorwurf geäußert, die Ukrainer hätten die Zivilisten in die Azot-Keller gelockt und das Gelände dann vermint. Belege dafür gibt es nicht. Mehr als 90 Prozent des Luhansker Gebiets, in dem Sjewjerodonezk liegt, ist von Russland bereits besetzt. Der russische Angriffskrieg auf das Nachbarland dauert inzwischen schon dreieinhalb Monate. Die Angaben der Kriegsparteien können oft nicht von unabhängiger Seite überprüft werden.


Lauterbach will Schwerverletzten in Ukraine helfen

BERLIN: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will bei einem Besuch in der Ukraine deutsche Hilfe bei der Versorgung von Verletzten anbieten. Dies kündigte der SPD-Politiker am Donnerstag im Deutschlandfunk an. Dabei gehe es einerseits um Behandlungen in Deutschland, aber auch um die Versorgung Verletzter in dem kriegsgeplagten Land selbst. Lauterbach nannte konkret Hilfen für Menschen mit schweren Verbrennungen sowie für Menschen, die im Krieg Gliedmaßen verloren haben.

Lauterbach hatte am Mittwochabend kurzfristig angekündigt, dass er auf Einladung der ukrainischen Regierung an diesem Donnerstag in die Ukraine reisen werde. Das genaue Programm ließ er zunächst offen. Seit Kriegsbeginn waren dort auch schon Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) und Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) zu Besuch. Der russische Angriffskrieg auf das Nachbarland dauert inzwischen schon mehr als drei Monate.


Gesandter Selenskyjs rechnet mit EU-Kandidatenstatus für Ukraine

BERLIN: Der Sondergesandte des ukrainischen Präsidenten Wolodomyr Selenskyj für eine EU-Beitrittsperspektive hat sich nach zweitägigen Gesprächen in Berlin zuversichtlich gezeigt, dass sein Land den Kandidatenstatus für die Europäische Union erhalten wird. Wenn die EU-Kommission in der kommenden Woche eine entsprechende Empfehlung abgebe, gehe er von einer Zustimmung der 27 Mitgliedstaaten bei ihrem Gipfeltreffen am 23. und 24. Juni in Brüssel aus, sagte der Minister für regionale Entwicklung, Oliksej Tschernyschow, der Deutschen Presse-Agentur. Er rechne dann auch mit einer Zustimmung Deutschlands. «So wie wir es verstehen, werden sie nicht im Weg stehen, wenn der Bericht (der EU-Kommission) positiv ausfällt.»

Tschernyschow ist einer von vier Sondergesandten Selenskyjs, die derzeit in den EU-Mitgliedstaaten für eine Beitrittsperspektive der Ukraine werben. Er hatte am Dienstag und Mittwoch in Berlin unter anderem Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD), Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD), Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) und in Abwesenheit von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ihren Staatsminister Tobias Lindner (Grüne) getroffen.

Tschernyschow geht davon aus, dass die EU-Kommission am 15. Juni ihre Empfehlung zum EU-Kandidatenstatus der Ukraine abgibt. «Vielleicht ist die Entscheidung noch nicht ganz getroffen», sagte er. Aber er sei sicher, dass die Staats- und Regierungschefs der Entscheidung der Kommission folgen würden. Während sich andere EU-Staaten schon klar für einen Kandidatenstatus der Ukraine ausgesprochen haben, war die Bundesregierung bisher noch zurückhaltend. Vom Kandidatenstatus bis zur Mitgliedschaft in der EU dauert es in der Regel noch viele Jahre.

Tschernyschow setzte sich bei seinem Besuch auch für mehr Tempo bei der Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine ein. «Jeder Tag ist recht entscheidend», sagte er. «Und natürlich wollen wir, dass es schneller geschieht, als es derzeit der Fall ist.» Die Bundesregierung hat mehrere Lieferungen schwerer Waffen versprochen, bisher sind aber noch keine in der Ukraine eingetroffen.

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