Trauer und Ermittlungen im Iran

​Tod von Präsident und Außenminister 

Die Iraner versammeln sich auf dem Vali-Asr-Platz während einer Trauerfeier für den verstorbenen iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi in Teheran. Foto: epa/Abedin Taherkenareh
Die Iraner versammeln sich auf dem Vali-Asr-Platz während einer Trauerfeier für den verstorbenen iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi in Teheran. Foto: epa/Abedin Taherkenareh

TEHERAN: Im Iran werden nach dem Tod des Präsidenten und des Außenministers Trauerfeiern in mehreren Städten abgehalten. Bundeskanzler Scholz kondoliert ungewöhnlich kurz.

Im Iran haben Tausende Regierungsanhänger an den Trauerfeierlichkeiten für die Opfer des Hubschrauberabsturzes am Wochenende teilgenommen, bei dem Präsident Ebrahim Raisi und Außenminister Hussein Amirabdollahian ums Leben gekommen waren. Trauernde Menschen strömten laut Staatsmedien am Dienstag zunächst zu einer Zeremonie in der Stadt Tabris im Nordwesten des Landes, um Abschied von den Staatsmännern zu nehmen.

Tabris ist die Hauptstadt der Provinz Ost-Aserbaidschan, wo der Unfall am Sonntag in den Bergen passierte. Von iranischen Nachrichtenagenturen geteilte Videos zeigten Menschenmassen unter wolkenverhangenem Himmel und einen offenen, mit Blumen geschmückten Lastwagen mit mehreren Särgen, der langsam durch die Straßen fuhr. Menschen versuchten, den Lastwagen und die Särge zu berühren. Laut der Agentur Tasnim wurde auch Innenminister Ahmad Wahidi in der Menge gesichtet.

Raisi und Amirabdollahian waren am Sonntag bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen. Gesicherte Informationen zur Ursache des Absturzes, bei dem auch die sieben weiteren Insassen an Bord des Helikopters starben, gibt es bislang nicht. Der Generalstabschef der Streitkräfte, General Mohammed Bagheri, ordnete eine gründliche Untersuchung an.

Präsidentschafts-Neuwahlen für Ende Juni fixiert

Teheran verlor zwei seiner bekanntesten Politiker zu einem schwierigen Zeitpunkt. Das Land steckt in einer massiven Wirtschaftskrise, viele Iranerinnen und Iraner sind unzufrieden mit der politischen Führung. Dazu kommt, dass die Spannungen in der Region infolge des Gaza-Kriegs enorm stiegen - zuletzt war es auch zu direkten Angriffen zwischen Teheran und seinem Erzfeind Israel gekommen.

Die Amtsgeschäfte des Präsidenten hat Raisis erster Vize, Mohammed Mochber, übernommen. Neuwahlen sollen am 28. Juni stattfinden. Kandidaten können sich laut der Staatsagentur Irna vom 30. Mai bis 3. Juni registrieren lassen.

Der Wächterrat, ein erzkonservatives Gremium besetzt mit islamischen Geistlichen und Juristen, entscheidet dann über die Eignung der Bewerber. Insbesondere Politiker des Reformlagers wurden in der Vergangenheit oft vor der Wahl ausgeschlossen. Das politische System des Irans vereint sowohl republikanische als auch theokratische Züge.

Nach einer historisch niedrigen Wahlbeteiligung von 41 Prozent bei den Parlamentswahlen könnte der Wächterrat unter Druck stehen, mehr Wettbewerb im Wahlkampf zuzulassen, um ausreichend Legitimität für den neuen Präsidenten sicherzustellen. Ein iranischer Professor im Ruhestand vermutete jedoch, dass dies inzwischen keine große Rolle mehr spiele und das System noch autokratischer werde.

Anders als in vielen Ländern ist der Präsident im Iran nicht das Staatsoberhaupt, sondern bloß Regierungschef. Die eigentliche Macht konzentriert sich auf den Religionsführer, der in allen strategischen Belangen das letzte Wort hat. Seit 1989 ist das Ajatollah Ali Chamenei.

Trauerzeremonien auch in Teheran und der Pilgerstadt Ghom

Trauerzeremonien für den gestorbenen Präsidenten Raisi und die anderen Opfer waren neben Teheran auch in der religiösen Hochburg und Pilgerstadt Ghom geplant. Bei der Ankunft der Särge am Flughafen in Teheran zur Überstellung nach Ghom spielte eine Militärkapelle, wie ein Video der Agentur Irna zeigte. Die Leichname wurden über einen roten Teppich getragen. In der Hauptstadt Teheran wurden wegen des Trauerzugs eine Reihe von Verkehrsbeschränkungen verhängt. Irans Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei hatte eine fünftägige Staatstrauer angeordnet.

Raisi soll am Donnerstag im schiitischen Zentrum seiner Heimatstadt Maschhad, dem Heiligtum von Imam Resa, beigesetzt werden. Zum Begräbnis Raisis werden auch hochrangige Vertreter befreundeter Staaten erwartet. Russland wollte etwa Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin schicken.

Während Regierungsanhänger um Raisi trauerten, begrüßten andere im Land den Verlust eines Politikers, den sie als wichtige Figur der politischen Führung in Teheran sahen, die Andersdenkende unterdrückt und hinrichten lässt. Unter Raisis Regierung wurden die Repressionen im Land verschärft, zahlreiche Journalisten und Aktivisten inhaftiert. Auch Schadenfreude wurde ausgedrückt.

Scholz kondoliert ungewöhnlich kurz

In einem am Dienstag veröffentlichten, ungewöhnlich kurzen Kondolenzschreiben an den Vizepräsidenten Mohammed Mochber teilte Bundeskanzler Olaf Scholz der Regierung in Teheran und den Familien der Toten sein Beileid mit. «Unser Beileid gilt der Regierung der Islamischen Republik Iran und den Familien der beim Absturz Getöteten», hieß es darin.

Für Mittwoch ist laut Nachrichtenagentur Tasnim ein landesweiter Feiertag angesetzt worden. Geplant ist eine weitere Trauerprozession in Teheran, am Nachmittag soll zudem eine Zeremonie zu Ehren der Absturzopfer in Anwesenheit hochrangiger ausländischer Würdenträger stattfinden.

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