Terrorgefahr aus Afghanistan bleibt bestehen

Ein Junge aus Afghanistan sucht an einem Straßenrand in Kabul nach wiederverwertbaren Abfällen, die an Fabriken verkauft werden sollen. Foto: epa/Samiullah Popal
Ein Junge aus Afghanistan sucht an einem Straßenrand in Kabul nach wiederverwertbaren Abfällen, die an Fabriken verkauft werden sollen. Foto: epa/Samiullah Popal

KABUL: Vor dem US-Truppenabzug verpflichteten sich die Taliban, dass von Afghanistan keine Terrorgefahr mehr ausgeht. Die Gruppe beteuert auch heute ihr Versprechen, Berichte zeichnen ein anderes Bild.

Mehr als zwei Jahre nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan bleiben Berichten zufolge Bedrohungen durch Terrorgruppen in dem Land bestehen. Dazu zählen unter anderem die Terrormiliz Islamischer Staat (IS), die pakistanischen und unabhängig von Kabul agierenden Taliban (TTP) sowie das Terrornetzwerk Al-Kaida, wie aus einem am Donnerstag veröffentlichten Quartalsbericht des US-Generalinspekteurs für den Wiederaufbau in Afghanistan (Sigar) hervorgeht.

Die Hochburgen des IS lagen in der Vergangenheit im Grenzgebiet zu Pakistan, wo der IS eine «Provinz» namens IS-Chorasan errichten will. Laut Sigar zielt die Dschihadistenmiliz vor allem auf die islamische Minderheit der schiitischen Hasara, die von den regierenden Taliban nur «minimalen Schutz» erhielten. Die Gruppe reklamierte Anfang Januar auch einen Selbstmordanschlag im mehrheitlich schiitischen Nachbarland Iran mit fast 100 Toten für sich. Es war die tödlichste Terrorattacke seit Gründung der Islamischen Republik vor 45 Jahren.

Die pakistanischen Taliban (TTP) reklamierten im letzten Quartal 2023 laut Sigar mehr als 100 Anschläge für sich. Die Attacken galten hauptsächlich pakistanischen Sicherheitskräften im Grenzgebiet. In der Atommacht Pakistan hatten führende Politiker die zunehmenden Sicherheitsbedenken zu einem zentralen Anliegen im Wahlkampf gemacht. Hunderttausende afghanische Geflüchtete wurden in den vergangenen Monaten zur Ausreise gedrängt oder abgeschoben. Am 8. Februar wählt Pakistan ein neues Parlament.

Zuletzt beobachten Experten auch Operationen des Terrornetzwerkes Al-Kaida in Afghanistan. Obwohl die Fähigkeiten der Gruppe erheblich eingeschränkt sind, hegt sie laut einem aktuellen Bericht des UN-Sicherheitsrats dennoch «globale Ambitionen». Auch die Beziehung zu den Taliban bleibe stark. Die neuen Machthaber in Kabul bestreiten dies. «Es gibt niemanden, der mit Al-Kaida in Afghanistan in Verbindung steht», hieß es in einer Erklärung der Taliban am Donnerstag.

Die Taliban hatten im Sommer 2021 nach fast 20 Jahren westlicher Militärpräsenz wieder die Macht ergriffen. Nach den Al-Kaida-Anschlägen vom 11. September hatte 2001 eine US-geführte Militärinvasion die Taliban in Afghanistan gestürzt. Die damalige Führung hatte der Terrorgruppe und dem Drahtzieher der Anschläge, Osama bin Laden, Unterschlupf gewährt. Sein Nachfolger, Aiman al-Sawahiri, wurde im Sommer 2022 bei einem gezielten US-Drohnenangriff in der afghanischen Hauptstadt Kabul getötet.

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