Was bewirken die Sanktionen gegen Russland?

Stahl und Handel

Foto: epa/Friedemann Vogel
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BERLIN: Ein Exportstopp für Luxusgüter, kein Import von Stahl mehr, neue Handelsbarrieren: Die EU hat sich mit ihren Verbündeten auf neue Sanktionen gegen Russland geeinigt. Viele Details sind aber noch unklar.

Die geplanten neuen westlichen Sanktionen gegen Russland werden aus Sicht des Ifo-Instituts weitere negative Auswirkungen für Russland haben. Die EU-Staaten hatten sich am Freitag mit den USA und anderen Verbündeten wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf weitere Strafmaßnahmen verständigt. Dazu gehören neben einem EU-Exportverbot von Luxusgütern und einem Importstopp für Stahl auch neue Handelsbarrieren.

Konkret soll Russland in Sachen Handel der sogenannte Meistbegünstigtenstatus entzogen werden. In einer Erklärung der G7-Staaten ist die Rede von laufenden Vorbereitungen für eine Erklärung einer breiten Koalition von WTO-Mitgliedern. Das komme faktisch einem Ausschluss aus der Welthandelsorganisation (WTO) sehr nahe, sagte die Leiterin des Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft, Lisandra Flach, am Samstag der Deutschen Presse-Agentur.

Die Importzölle würden dadurch zwar nicht gleich steigen, so Flach. Aber ohne den Meistbegünstigtenstatus wären die Handelspartner flexibler beim Erhöhen von Zöllen oder weiteren Handelsbarrieren. Nach den WTO-Abkommen dürften die Länder normalerweise nicht zwischen ihren Handelspartnern diskriminieren. Dieser Grundsatz werde als Meistbegünstigtenstatus bezeichnet und sei das zentrale Recht der WTO-Mitgliedschaft. Für die Weltwirtschaft bestehe die Herausforderung darin, ein Land zu bestrafen und gleichzeitig ein auf Regeln basierendes Handelssystem aufrechtzuerhalten.

Das geplante EU-Ausfuhrverbot für Luxusgüter zielt unterdessen vor allem auf die vielen reichen Unterstützer Putins ab. «Diejenigen, die Putins Kriegsmaschinerie am Laufen halten, sollten nicht länger ihrem pompösen Lebensstil frönen können, während Bomben auf unschuldige Menschen in der Ukraine fallen», erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitag kurz nach einem Gipfel der Staats- und Regierungschefs der EU in Versailles bei Paris.

Außerdem sieht das neue EU-Sanktionspaket vor, die Einfuhr von «wesentlichen Gütern im Eisen- und Stahlsektor aus der Russischen Föderation» zu untersagen. Dies sei ein Schlag gegen einen zentralen Sektor des russischen Wirtschaftssystems und bringe das Land um Ausfuhrerlöse in Milliardenhöhe, teilte von der Leyen mit.

Laut Wirtschaftsvereinigung Stahl ist die EU mit einem Anteil von 30 Prozent an den Ausfuhren die größte Abnehmerregion für russischen Stahl. Rund zwei Prozentpunkte davon entfallen auf Deutschland. Umgekehrt kam im vergangenen Jahr ein Fünftel aller Stahlimporte in die EU aus Russland. Dies entsprach einer Menge von knapp 9,1 Millionen Tonnen. Aus Belarus kamen rund eine Million Tonnen. Der Anteil von Belarus an den Gesamtimporten in die EU lag damit bei zwei Prozent.

Nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Stahlhandel (BDS) beträgt der Stahlverbrauch in der EU jährlich rund 150 Millionen Tonnen. 2020 kamen 20 Prozent davon über Importe in die EU. Aus Russland werden vor allem Massenstähle nach Europa geliefert, die etwa in der Bauindustrie zum Einsatz kommen. Bei einem Importverbot für russischen Stahl werden die Händler laut BDS versuchen, die ausfallenden Mengen woanders auf dem Weltmarkt zu beschaffen.

Die zwei weltgrößten Stahlproduzenten sind Indien und China. Sie könnten einen Ausfall Russlands wettmachen, sagte Stahlexperte Jayanta Roy von der indischen Ratingagentur ICRA der Deutschen Presse-Agentur. Bislang ging nach Angaben der indischen Ratingagentur CRISIL mehr als ein Drittel von Indiens Stahlexporten nach Europa. Der BDS äußerte sich jedoch skeptisch zu Stahllieferungen aus Fernost. Die Frachtraten seien weltweit um ein Mehrfaches gestiegen, was Lieferungen aus entfernten Regionen unrentabler mache, sagte BDS-Vorstand Oliver Ellermann.

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