Rettungseinsätze weiter schwierig

Sorge um Trinkwasser

Rettungskräfte setzen nach den Überschwemmungen im Osten Libyens ihre Arbeit in Derna fort. Foto: epa/Str
Rettungskräfte setzen nach den Überschwemmungen im Osten Libyens ihre Arbeit in Derna fort. Foto: epa/Str

BENGASI: Noch immer ist die Lage im Überschwemmungsgebiet in Libyen unübersichtlich. Eine Woche nach der Katastrophe suchen die Helfer weiter nach Vermissten. Gleichzeitig bahnt sich bereits die nächste Krise im Bürgerkriegsland an.

In den von heftigen Überschwemmungen getroffenen Gebieten in Libyen breitet sich die Sorge um das Weiter- und Überleben nach der Katastrophe aus. Den Menschen vor Ort fehlt es am Nötigsten: Tausende haben nach Einschätzungen von Hilfsorganisationen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser mehr. Das International Rescue Committee (IRC) warnte eindringlich vor einer sich «rasch ausweitenden Gesundheitskrise», insbesondere in der stark zerstörten Hafenstadt Darna.

Die jüngsten Überschwemmungen hätten die Wasserquellen stark mit Abwässern verunreinigt, so dass sie für den Verzehr nicht mehr geeignet seien und die Bevölkerung schwerwiegenden Gesundheitsrisiken ausgesetzt sei, hieß es in einer Presseerklärung vom Montag.

Die Lage in der Hafenstadt Darna und anderen von der Flutkatastrophe betroffenen Gebieten in dem nordafrikanischen Bürgerkriegsland sei entsetzlich, warnte die Hilfsorganisation. Besonders Frauen und Kinder seien einem erhöhten Risiko ausgesetzt. In Darna seien bereits mindestens 55 Kinder registriert, die infolge des verschmutzten Wassers erkrankt seien.

Auch die Vereinten Nationen zeigten sich besorgt über die gesundheitlichen Zustände im Osten Libyens. Insbesondere verunreinigtes Wasser und mangelnde sanitäre Einrichtungen erhöhten das Risiko von Krankheitsausbrüchen, hieß es in einer am Montag veröffentlichten Erklärung von UNSMIL, der UN-Mission in Libyen. Teams der Vereinten Nationen arbeiteten daran, eine «zweite verheerende Krise in der Region» und die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern, hieß es.

Die Rettungsarbeiten wurden von tödlichen Unfällen überschattet. Am Sonntag kamen fünf griechische Nothelfer bei einem schweren Verkehrsunfall ums Leben, 14 weitere wurden verletzt, wie der griechische Regierungssprecher Pavlos Marinakis im Sender Skai bestätigte. Der Unfall soll sich Medienberichten zufolge in der Nähe von Darna ereignet haben. Die Griechen waren eingeflogen, um bei den schweren Überschwemmungen in Libyen zu helfen. Am Montag ereignete sich ein ähnlicher Unfall: Nach Angaben der libyschen Nachrichtenwebseite «Al-Wasat» sollen dabei sechs weitere Menschen, darunter Journalisten und Helfer, ums Leben gekommen sein.

Die Europäische Union sagte unterdessen weitere Hilfe zu. Sie unterstützt Libyen mit weiteren 5,2 Millionen Euro für humanitäre Hilfe. Von den Mitteln sollen Organisationen vor Ort unterstützt werden, die sich um Unterkünfte, sanitäre Einrichtungen und Hygiene, Ernährung, Gesundheit und Wasser kümmern, teilte die EU-Kommission am Montag mit. Damit erhöht sich der EU-Gesamtbetrag für Nothilfe in Libyen auf 5,7 Millionen Euro. Unmittelbar nach der Katastrophe hatte die EU 500.000 Euro an humanitären Mitteln frei gegeben.

Dass Libyen faktisch zweigeteilt ist, macht die Rettungseinsätze nicht einfacher. Das Bürgerkriegsland hat im Westen eine Regierung, die international anerkannt ist. Im Osten, wo der Sturm «Daniel» besonders großen Schaden angerichtet hat, herrscht eine andere Regierung, die international nicht anerkannt ist.

Der Sturm «Daniel» hatte das nordafrikanische Bürgerkriegsland am 10. September erfasst. Nahe der besonders betroffenen Stadt Darna brachen zwei Dämme, ganze Viertel der 100.000 Einwohner zählenden Stadt wurden ins Meer gespült. Tausende Menschen sind durch die Katastrophe ums Leben gekommen, Tausende werden noch vermisst.

Genaue Zahlen, wie viele Menschen den schweren Überschwemmungen zum Opfer fielen, haben die örtlichen Behörden bislang nicht. Die Regierung im Osten bezifferte die Zahl der offiziell registrierten Todesfälle mit Stand vom Sonntagabend auf 3283. Die dortige Regierung betonte abermals, offizielle Opferzahlen würden nur von ihrer Seite veröffentlicht.

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