Neues aus dem Ausland am Mittwoch

Foto: Pixabay/Marci Marc
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Prognose: Niedrige Geburtenraten im Jahr 2100 fast in allen Ländern

WASHINGTON: Die allermeisten Länder der Welt dürften in einigen Jahrzehnten mit sehr niedrigen Geburtenraten konfrontiert sein. So schätzt ein renommiertes Expertenteam im Fachblatt «The Lancet», dass im Jahr 2100 weltweit nur noch sechs Staaten - Samoa, Tonga, Somalia, Niger, Tschad, Tadschikistan - über der Marke von 2,1 Kindern pro Frau liegen. Dieser Wert gilt allgemein als Schwelle, um die Bevölkerung durch Geburten langfristig auf einem konstanten Niveau zu halten.

Für die übrigen 198 Länder gehen die Forschenden davon aus, dass die Geburtenrate im Jahr 2100 unter der Marke von 2,1 liegt. Die Zahl der Menschen dürfte dort langfristig sinken, wenn nicht durch Einwanderung gegengesteuert werde, schreibt das Team unter Leitung des Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) der US-amerikanischen University of Washington in Seattle. Im Jahr 2050 werden der Prognose zufolge bereits 155 Länder unter der 2,1-Schwelle liegen (2021: 110).

«Wir stehen im 21. Jahrhundert vor einem erschütternden sozialen Wandel», sagte IMHE-Forscher Stein Emil Vollset laut Mitteilung. Die Welt werde gleichzeitig mit einem Baby-Boom in einigen Ländern und einem Nachwuchsmangel in vielen anderen Ländern konfrontiert sein. Mitautorin Natalia Bhattacharjee ergänzte: Die Entwicklung werde «die Weltwirtschaft und das internationale Machtgleichgewicht völlig umgestalten und eine Neuordnung der Gesellschaften erforderlich machen». Es werde einen harten Wettbewerb um Migranten geben, um das Wirtschaftswachstum aufrechtzuerhalten.

Für Catherina Hinz, geschäftsführende Direktorin am Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, bestätigt der neue Bericht den auch von anderen Institutionen angenommenen Trend. Sie gibt aber zu bedenken, dass solche Schätzungen durchaus mit Vorsicht zu genießen sind. «Projektionen, die mehr als 25 Jahre in die Zukunft gehen, sind super unsicher», sagte Hinz, die nicht an dem Bericht beteiligt war, der Deutschen Presse-Agentur. Schließlich könne niemand mit absoluter Gewissheit vorhersagen, wie sich Wirtschaft, Gesellschaft und Gesundheit in den Regionen der Welt entwickeln.


Litauen erwartet im April erste Soldaten für deutsche Brigade

VILNIUS: In Litauen sollen im April die ersten Bundeswehr-Soldaten für die deutsche Brigade zum verstärkten Schutz des Nato-Partners eintreffen. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums im Vilnius sollen sich zunächst 20 Soldaten in der Hauptstadt Vilnius einfinden, die für die Planung der Stationierung der Brigade in das baltische EU- und Nato-Land zuständig sein werden. Auch sollen sie die Anforderungen an die militärische Infrastruktur koordinieren und die Verlegung deutscher Truppen nach Litauen unterstützen, hieß es in einer Mitteilung am Mittwoch. Bis zum Jahresende sollen es 150 Soldaten sein.

Deutschland will einen gefechtsbereiten und eigenständig handlungsfähigen Verband in Litauen stationieren. Die Brigade soll einem Ende 2023 unterzeichneten Fahrplan zufolge bis 2027 kampffähig sein. Vorgesehen ist eine dauerhafte Präsenz von bis zu 5000 Bundeswehrangehörigen, die ihre Familien mitbringen können sollen.

Haupteinsatzort der deutschen Brigade soll der Truppenübungsplatz Rudninkai unweit der Grenze zu Belarus sein. Dort werden nach der Errichtung der militärischen Infrastruktur rund 80 Prozent der Soldaten ihren Dienstort haben, hieß es in der Mitteilung weiter. Die übrigen Soldaten sollen in Rukla im Zentrum des Landes stationiert werden.

Leben sollen die Soldaten und ihre Familien in Vilnius und Kaunas. Dort sollen jeweils eine Schule und ein Kindergarten aufgebaut werden. Deutschland werde sich dabei um den Bildungsprozess kümmern und brauche nur die Gebäude, sagte der Chef des Ausschusses für nationale Sicherheit und Verteidigung, Laurynas Kasciunas. Die Wohnungen für die Soldaten sollen angemietet werden.


Drei Dschihad-Mitglieder bei Luftangriff Israels auf Auto getötet

TEL AVIV: Die israelische Luftwaffe hat am Mittwoch in der Stadt Dschenin im besetzten Westjordanland ein palästinensisches Fahrzeug gezielt angegriffen. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums in Ramallah wurden dabei drei Menschen getötet und ein weiterer verletzt. Der Angriff eines Flugkörpers habe zwei ranghohen Mitgliedern der Terrororganisation Islamischer Dschihad gegolten, teilte die israelische Armee mit. Einer habe im vergangenen Jahr einen tödlichen Anschlag auf einen Israeli verübt, der Zweite sei «Kommandeur der Terror-Infrastruktur im Bereich von Dschenin».

Außerdem seien zwei weitere Palästinenser getroffen worden, die für Anschläge auf Israelis und Terroraktivitäten verantwortlich gewesen seien. Auch palästinensische Medien berichteten, bei den drei Getöteten handele es sich um Mitglieder des Islamischen Dschihad in Dschenin, die verdächtigt wurden, an Anschlägen in der Umgebung beteiligt gewesen zu sein. Dschenin gilt als Hochburg militanter Palästinenser. Es kommt dort immer wieder zu Razzien der israelischen Armee.


Betrieb von Harry-Potter-Zug in Schottland ausgesetzt

FORT WILLIAM: Im Streit um Sicherheitsvorschriften ist der Betrieb des «Harry-Potter-Zugs» in Schottland bis auf Weiteres ausgesetzt. Bis eine Entscheidung getroffen ist, ob der historische Dampfzug auch künftig ohne Zentralverriegelung fahren darf, fällt die Verbindung zwischen Mallaig an der schottischen Westküste und Fort William am Fuß des höchsten britischen Bergs Ben Nevis aus. Das teilte der Betreiber West Coast Railways (WCR) am Mittwoch mit. Das Unternehmen warnte vor Umsatzverlusten von bis zu 50 Millionen Pfund (58,5 Euro) und nachhaltigem Schaden für den Tourismus.

Der Zug, der auch «echter Hogwarts Express» genannt wird, überquert auf der malerischen Route durch die Highlands das Glenfinnan-Viadukt - eine Szenerie, die auch aus den «Harry Potter»-Verfilmungen bekannt ist. Die Stelle ist bei Touristen beliebt, die versuchen, ein Foto zu erhaschen.

Die Verbindung wurde mehr als 30 Jahre lang mit einer Ausnahmeregelung betrieben. Die Aufsichtsbehörde Office of Rail and Road (ORR) muss nun über eine Verlängerung entscheiden. Das Bahnunternehmen warnt, sein Geschäft werde zerstört, falls millionenschwere Nachrüstungen notwendig würden.


Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Die selbst ernannte «Eurofighterin»

BRÜSSEL/BERLIN: Marie-Agnes Strack-Zimmermann, 66 Jahre alt und Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahl, vergleicht sich gerne mit einem deutlich jüngeren Modell: dem Kampfflugzeug Eurofighter - seit Mitte 2004 offiziell für die Bundeswehr im Dienst. Die in Düsseldorf unter dem Namen Marie-Agnes Jahn geborene Politikerin hat sich in den vergangenen Jahren vor allem als streitbare Verteidigungspolitikerin einen Namen gemacht.

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag reiste - gemeinsam mit Anton Hofreiter von den Grünen und Michael Roth von der SPD - keine zwei Monate nach Kriegsbeginn in die Ukraine. Sie sprach sich nach anfänglicher Zurückhaltung früh für Waffenlieferungen an den angegriffenen EU-Nachbarn aus. Nun hat Europas liberale Parteienfamilie Alde sie als Spitzenkandidatin für die anstehende Europawahl nominiert.

Ihr teils kontroverses Image pflegt die dreifache Mutter nicht nur auf Wahlplakaten auf denen in großen Buchstaben «Eurofighterin» direkt unter einem Schwarz-Weiß-Porträt von ihr steht. Als Vampir verkleidet bezeichnete sie den CDU-Vorsitzenden und Hobbypiloten Friedrich Merz - ohne ihn explizit beim Namen zu nennen - in einer Büttenrede als «Flugzwerg aus dem Mittelstand», den «zweimal keiner haben» wollte, weil er nur schwer zu ertragen sei.

1990 ist Strack-Zimmermann eigenen Angaben zufolge in die FDP eingetreten, wurde 2008 Erste Bürgermeisterin von Düsseldorf, «die bisher schönste politische Aufgabe», wie sie auf ihrer Homepage schreibt. Ihre politische Karriere führte sie 2017 in den Bundestag, dem sie bis heute angehört. Studiert hat die 66-Jährige Publizistik, Politik und Germanistik an der LMU in München. Privat fährt sie gerne Motorrad.


Rutte äußert sich besorgt über Bedrohung von Mandatsträgern

LEIPZIG: Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte hat sich besorgt über die zunehmende Aggressivität gegenüber Mandatsträgern geäußert. Fast die Hälfte aller Mandatsträger in den Kommunen sehe sich Bedrohungen ausgesetzt, sogar körperlicher Art, sagte er am Mittwoch bei einem Kommunalpolitischen Forum an der Universität Leipzig. «Leider ist auch dieser Trend in den Niederlanden deutlich zu beobachten. Das ist besorgniserregend. Zunächst natürlich für diejenigen, die persönlich betroffen sind und ihr persönliches Umfeld.» Es sei aber auch für die Gesellschaft besorgniserregend. Oft seien es «normale Leute», die Mandatsträger bedrohen.

Nach den Worten von Rutte geht es darum, ohne Wenn und Aber für eine freie und offene Gesellschaft einzutreten, die von Toleranz und Respekt gegenüber anderen geprägt ist. In diesem Jahr würden weltweit so viele Menschen wie noch nie in der Geschichte an Wahlen teilnehmen. «Das ist die Stunde der Bewährung für die Demokratie. Lassen Sie uns deshalb dafür sorgen, dass niemand zurückbleibt, indem wir uns immer wieder umschauen, um zu sehen, ob alle mitkommen. Denn wenn wir es nicht tun, tun andere es. Eine wehrhafte Demokratie ist kein Selbstläufer. Dazu müssen alle ihren Beitrag lassen, wir Politiker am meisten.»

Zu dem Forum unter dem Motto «Starke Kommunen in Europa» hatten Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und der Sächsische Städte- und Gemeindetag eingeladen.


Israelischer Luftangriff auf Fahrzeug im Westjordanland - Drei Tote

TEL AVIV: Die israelische Luftwaffe hat am Mittwoch in der Stadt Dschenin im besetzten Westjordanland ein palästinensisches Fahrzeug gezielt angegriffen.

«Ein Flugkörper hat Terroristen im Bereich Dschenin getroffen», teilte die israelische Armee mit, ohne weitere Details zu nennen. Nach Medienberichten wurden dabei drei Palästinenser getötet. Dschenin gilt als Hochburg militanter Palästinenser. Es kommt dort immer wieder zu Razzien der israelischen Armee.


EuGH urteilt: Dürfen Fingerabdrücke auf Ausweisen gespeichert werden?

LUXEMBURG: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheidet am Donnerstag (9.30 Uhr) in Luxemburg, ob Fingerabdrücke auf Personalausweisen gespeichert werden dürfen. Hintergrund ist die Klage eines Deutschen. Er beanstandet vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden, dass ihm kein neuer Ausweis ohne Fingerabdrücke ausgestellt wird.

Die Richter am höchsten europäischen Gericht müssen nun klären, ob die seit 2021 verpflichtende Speicherung von zwei Fingerabdrücken gegen das Grundrecht auf Schutz der personenbezogenen Daten verstößt.

Generalanwältin Laila Medina hatte sich in ihren Schlussanträgen vor einigen Monaten für eine Speicherungspflicht ausgesprochen. Zwar werde dadurch das Recht auf Datenschutz eingeschränkt. Allerdings sei dieser Eingriff gerechtfertigt, weil mit den Fingerabdrücken Fälschungen entgegengewirkt werden könne, argumentierte Laila Medina. Die Schlussanträge sind für die Richter nicht bindend, oft folgen sie ihnen aber. Für Reisepässe hatte der EuGH bereits 2013 entschieden, dass eine Speicherung der Fingerabdrücke mit EU-Recht vereinbar ist.


Europa-Park stellt Saison-Neuheiten vor

RUST: Im vergangenen Jahr brannte es in Deutschlands größtem Freizeitpark. Deshalb werden Attraktionen wie der «Alpenexpress Enzian» neu aufgebaut.

Der Europa-Park will am Donnerstag (9.45 Uhr) im südbadischen Rust über Neuheiten in der Sommersaison informieren. Diese wird am Samstag beginnen, wie Deutschlands größter Freizeitpark mitteilte.

Zum Saisonstart werden die neu errichteten Achterbahnen «Voltron Nevera» und «Alpenexpress Enzian» noch nicht für Besucher geöffnet sein, wie Projektleiter Patrick Marx gesagt hatte. Die Arbeiten in den Bereichen seien nicht abgeschlossen. Die Achterbahnen und die «Tiroler Wildwasserbahn» sollen demnach im Frühjahr eröffnet werden - ein Termin dafür war zunächst offen geblieben. Um die Bahn «Voltron Nevera powered by Rimac» - so der komplette Name - wird der neue Themenbereich Kroatien gebaut.

Der «Alpenexpress Enzian» war im vergangenen Jahr bei einem Großbrand schwer beschädigt worden. Die Achterbahn wurde deshalb komplett neu gebaut. Betroffen von dem Feuer im Juni war auch die «Tiroler Wildwasserbahn». Der Brand war damals in einem Technikraum der Attraktion «Yomi-Zauberwelt der Diamanten» ausgebrochen. Laut Onlinebuchungssystem kostet ein Standardtagesticket für den Park in der neuen Saison mindestens 61,50 Euro.


Bahn sieht Tarifverhandlungen mit GDL «auf gutem Weg»

BERLIN: Die Deutsche Bahn rechnet in den laufenden Tarifgesprächen mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) mit einem Abschluss in den kommenden Tagen. «Die Tarifverhandlungen zwischen DB und GDL befinden sich auf gutem Weg, aber sie sind noch nicht abgeschlossen», teilte der Konzern am Mittwoch auf Anfrage mit. «DB und GDL arbeiten konzentriert und wollen in den kommenden Tagen einen Abschluss erzielen. Es versteht sich von selbst, dass es in dieser Zeit keine Streiks geben wird.» Über Details zum Verhandlungsstand wurde zunächst nichts bekannt.

Nach fortgesetzten Arbeitskämpfen seitens der GDL war am vergangenen Wochenende bekannt geworden, dass die Tarifparteien wieder miteinander sprechen. Beide Seiten äußerten sich zuversichtlich, dass sie dieses Mal einen Kompromiss finden werden. Im Februar hatten die Gewerkschaft und die Bahn über mehrere Wochen hinter verschlossenen Türen verhandelt, auch mithilfe von externen Vermittlern. Die Gespräche waren schließlich gescheitert und die GDL hatte zu weiteren Streiks aufgerufen. Der Tarifstreit läuft inzwischen seit Anfang November. Im Kern dreht er sich um die Forderung der GDL nach einer Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden ohne finanzielle Einbußen.


EU-Kommission will bezahlte Praktika zum Standard machen

BRÜSSEL: Bezahlte Praktika sollen einem Vorschlag der EU-Kommission zufolge zum Standard werden. «Praktika können eine großartige erste Arbeitserfahrung für junge Menschen sein. Aber sie müssen von guter Qualität sein, mit einem klaren Lernanteil und sie müssen bezahlt werden», teilte EU-Arbeitskommissar Nicolas Schmit am Mittwoch mit. Die Behörde schlug ein neues EU-Gesetz unter anderem mit dem Ziel vor, dass Praktikanten und reguläre Arbeitnehmer mit Blick auf Arbeitsbedingungen, einschließlich des Gehalts, gleich behandelt werden. Nach Angaben der Kommission gab es 2019 mehr als drei Millionen Praktikantinnen und Praktikanten in der EU, von denen rund die Hälfte nicht bezahlt worden sei. Aktuellere Daten seien nicht verfügbar, hieß es.

Ausnahmen sollen aber möglich sein, wenn «objektive Gründe» dafür sprechen, Praktikantinnen und Praktikanten anders als andere Arbeitnehmende zu bezahlen. Dies kann den Angaben zufolge etwa der Fall sein, wenn die Aufgaben von Praktikantinnen und Praktikanten mit weniger Verantwortung oder weniger Arbeitsintensität verbunden sind. Es soll auch sichergestellt werden, dass durch Praktika keine regulären Arbeitsplätze ersetzt beziehungsweise verschleiert werden. Unternehmen sollen zudem aktiv mitteilen, wie viele Praktika sie anbieten, wie lang diese dauern und wie die Arbeitsbedingungen sind.

Dem europäischen Gewerkschaftsbund ETUC ist die vorgeschlagene Richtlinie nicht scharf genug. Unbezahlte Praktika würden begabte junge Menschen aus der Arbeiterklasse von vielen Berufen ausschließen, weil sie es sich nicht leisten könnten, umsonst zu arbeiten. «Die heute vorgeschlagene Richtlinie trägt wenig dazu bei, diesen Skandal zu beheben», so Tea Jarc vom ETUC. Die EU-Staaten und das Europaparlament müssen nun jeweils eine Position zu den Vorschlägen finden und gemeinsam einen Kompromiss aushandeln. Danach kann das geplante Gesetz in Kraft treten.


«Handelsblatt» zum Bürgergeld-Reformvorstoß der CDU

CDU-Chef Friedrich Merz und sein Generalsekretär Carsten Linnemann liegen deshalb richtig, wenn sie das Bürgergeldsystem runderneuern wollen.

Es ist ungerecht. Die Ampelkoalition hat diese systematische Benachteiligung der arbeitenden Gesellschaft selbst herbeigeführt, als sie das Bürgergeld inflationsbedingt ab 2024 um zwölf Prozent erhöhte. Ab diesem Zeitpunkt erinnerte sich die breite Öffentlichkeit wieder an den Satz von Altkanzler Gerhard Schröder "Es gibt kein Recht auf Faulheit" oder um es konkreter zu formulieren: Jeder kann faul sein, wie er will. Aber es gibt eben kein Recht auf eine staatlich finanzierte Faulheit. Wer arbeiten kann, muss raus aus der sozialen Hängematte. Diese Erkenntnis dämmerte sogar SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil, als er Anfang 2024 schärfere Sanktionen für Bürgergeldbezieher ins Spiel brachte, die sich hartnäckig weigern, eine Arbeit aufzunehmen. Die CDU sollte aber aufpassen, mit ihren Forderungen nicht zu überziehen.


Gething zum neuen Regierungschef von Wales gewählt

CARDIFF: Der bisherige Wirtschaftsminister Vaughan Gething ist neuer Regierungschef von Wales. Das Regionalparlament in Cardiff wählte den Politiker der Labour-Partei am Mittwoch erwartungsgemäß zum Nachfolger von Mark Drakeford, der das Amt nach gut fünf Jahren überraschend aufgegeben hatte. Der 50-Jährige muss noch in einem rein symbolischen Schritt von König Charles III. im Amt bestätigt werden, bevor er vereidigt wird und ein Kabinett bilden kann.

Der Sohn eines Walisers und einer Sambierin ist der erste schwarze Regierungschef eines europäischen Landes. Mit seinem Amtsantritt wird erstmals kein Landesteil des Vereinigten Königreichs von einem weißen Mann regiert. Die Eltern des britischen Premierministers Rishi Sunak, eines praktizierenden Hindus, stammen aus Indien. Der schottische Regierungschef Humza Yousaf ist Muslim mit pakistanischem Hintergrund, und Nordirland wird von einer weiblichen Doppelspitze angeführt.

Gething war am Samstag von den Labour-Mitgliedern zum neuen Parteichef gewählt worden. Die Partei regiert in dem britischen Landesteil seit mehr als 100 Jahren. Allerdings gibt es auch aus den eigenen Reihen Kritik am neuen «First Minister»: Er hatte insgesamt 200.000 Pfund (234.000 Euro) Spenden von einem Unternehmen angenommen, das mittlerweile wegen Umweltverstößen verurteilt wurde. Gething hat Forderungen zurückgewiesen, das Geld zurückzuzahlen. Er habe die Spenden transparent deklariert.


Polizei schnappt Liebes-Betrüger nach jahrelanger Flucht

FRANKFURT/MAIN: Einsatzkräfte haben am Frankfurter Flughafen einen international gesuchten Liebes-Betrüger festgenommen. Der 41-Jährige soll in den USA auf Dating-Plattformen im Internet Kontakt zu Frauen aufgenommen und sich ihr Vertrauen erschlichen haben.

So habe er seine Opfer dazu gebracht, ihm insgesamt mindestens 250.000 US-Dollar zu überweisen, teilte die deutsche Bundespolizei am Mittwoch mit.

Die Ermittler in den USA hätten den Mann bereits vor knapp vier Jahren zur Fahndung ausgeschrieben. Am Montag sei er dann aufgefallen, als er mit einem Flug aus Peking in Frankfurt ankam und in eine Maschine nach Bukarest umsteigen wollte. Direkt am Flieger hätten die Handschellen geklickt. Der Mann werde nun voraussichtlich in die USA ausgeliefert, wo ihm bis zu 42 Jahre Haft drohten, teilte die Polizei mit.


Scholz: Bei Rüstung in EU enger zusammenarbeiten

BERLIN: Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich für eine engere Kooperation in der Europäischen Union bei der Beschaffung von Rüstungsgütern ausgesprochen.

«Wir brauchen eine engere Zusammenarbeit in der Verteidigungswirtschaft, eine Kooperation bei der Rüstung unserer Länder», sagte Scholz am Mittwoch im Bundestag in Berlin. Es seien da bereits große Fortschritte erreicht worden - es sei aber noch mehr nötig.

Dass es jahrelang fast keine Kontakte gegeben habe zwischen den politisch Verantwortlichen und der Verteidigungsindustrie, sei ein Fehler gewesen, sagte der Kanzler. «Dass wir das jetzt geändert haben, ist ein richtiger Schritt. Aber wir müssen ausdrücklich sagen: Es muss bei den wichtigen Waffensystemen in Deutschland und Europa gewährleistet sein, dass wir eine ständige Produktion haben», sagte Scholz in einer Regierungserklärung.


Irischer Regierungschef Varadkar bestätigt Rücktritt

DUBLIN: Der irische Regierungschef Leo Varadkar hat seinen Rücktritt angekündigt. Er werde das Amt abgeben, sobald ein Nachfolger gefunden sei, sagte der liberal-konservative Politiker am Mittwoch in Dublin. Auch als Chef seiner Partei Fine Gael trete er zurück. «Nach sieben Jahren im Amt denke ich, dass ich nicht mehr die richtige Person dafür bin», sagte Varadkar. Der Schritt gilt als große Überraschung.

Er sei stolz, dazu beigetragen zu haben, dass das EU-Land moderner und gleichberechtigter geworden sei. Es gebe keinen guten Zeitpunkt für einen Rücktritt. Doch jetzt sei ein besserer als sonst. Der Haushalt sei bewilligt, die Beziehungen zum Vereinigten Königreich nach den Brexit-Streitigkeiten seien verbessert, sagte er in einer emotionalen Stellungnahme. Die Partei solle nach der Osterpause einen neuen Chef und damit einen neuen Ministerpräsidenten wählen.

Zu seiner eigenen Zukunft äußerte sich der 45-Jährige zunächst nicht. Er habe keine genauen Pläne. Spekuliert wurde, dass Varadkar nach der Europawahl einen Posten in der EU-Kommission anstrebt.


Siebeneinhalb Jahre Haft für Vergewaltigung in Kinderheim

HOF: Nach dem Tod einer Zehnjährigen in einem Kinderheim in Oberfranken ist am Mittwoch ein 26-Jähriger wegen Vergewaltigung des Mädchens vom Landgericht Hof zu einer Haftstrafe von siebeneinhalb Jahren verurteilt worden.

Bei der Anklage ging es nicht darum, ob er auch für den Tod des Mädchens verantwortlich ist.


Umfrage zur Europawahl: Union bleibt stärkste Kraft

BRÜSSEL: Rund drei Monate vor der Europawahl ist die Union laut einer Umfrage mit großem Abstand die stärkste politische Kraft in Deutschland. Nach der am Dienstagabend veröffentlichten Erhebung des Instituts Ipsos für den Nachrichtensender Euronews würden derzeit 29 Prozent CDU und CSU wählen, wenn am Sonntag schon Europawahl wäre (Europawahl 2019: 28,9 Prozent). Die SPD landet deutlich dahinter bei 17 Prozent (2019: 15,8). Den dritten Platz teilen sich mit jeweils 16 Prozent die AfD (2019: 11) und die Grünen (2019: 20,5). Dem erstmals antretenden Bündnis Sahra Wagenknecht würden 7 Prozent der Befragten ihre Stimme geben. Die nun anstehende Europawahl findet Anfang Juni statt.

Abgeschlagen hinter den anderen Parteien landen in der Europawahl-Befragung mit jeweils 4 Prozent die FDP (2019: 5,4) und die Linken (2019: 5,5). Bei dieser Europawahl gilt in Deutschland keine Sperrklausel. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2011 zunächst eine Fünf-Prozent-Hürde gekippt, später dann auch eine Drei-Prozent-Hürde. Eine Wahlrechtsreform von 2022 sieht vor, dass bei künftigen Wahlen in großen Mitgliedsstaaten wie Deutschland wieder eine Sperrklausel eingeführt wird.

Wahlumfragen sind generell mit Unsicherheiten behaftet. Unter anderem erschweren nachlassende Parteibindungen und immer kurzfristigere Wahlentscheidungen den Meinungsforschungsinstituten die Gewichtung der erhobenen Daten.

Laut dem Umfragestitut Ipsos liegt die statistische Fehlerquote für eine Zahl von 50 Prozent bei 1,8 Prozentpunkten nach oben oder unten. Grundsätzlich spiegeln Umfragen nur das Meinungsbild zum Zeitpunkt der Befragung wider und sind keine Prognosen auf den Wahlausgang.


Millionen Menschen feiern Beginn des persischen Neujahrsfests

Teheran/Kabul/Istanbul - Millionen Menschen weltweit haben den Beginn des Persischen Neujahrsfests Norus gefeiert. Das Fest markiert den Frühlingsbeginn und fällt jährlich auf den 20. oder 21. März, an dem Tag und Nacht gleich lang sind. In Europa begann das Neujahrsfest bereits am frühen Mittwochmorgen. Nach iranischer und afghanischer Zeitrechnung beginnt nun das Jahr 1403.

Norus wird in Zentral-, West- und Südasien gefeiert, etwa im Iran, Afghanistan und den kurdischen Gebieten, aber auch von Millionen Menschen in aller Welt. Im Iran wird das Fest überschattet von einer schweren Wirtschaftskrise. In Afghanistan gibt es seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 keine öffentlichen Feste mehr. Zwar dulden die Islamisten private Feiern, betrachten Norus aber als Brauch der Ungläubigen.

Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei sprach in seiner Neujahrsrede auch die Wirtschaftsprobleme des Landes an. Angesichts scharfer internationaler Sanktionen, die in den vergangenen Jahrzehnten vor allem wegen des umstrittenen Atomprogramms und Menschenrechtsverletzungen verhängt worden waren, steht Irans Wirtschaft unter Druck.

Das jahrtausendealte Fest gilt für viele als schönster Feiertag im ganzen Jahr. Menschen schmücken dazu traditionell einen Tisch mit sieben bedeutungsvollen Dingen, die alle mit dem Buchstaben «S» der persischen Sprache Farsi beginnen. Auf dem «Haft Sin»-Tisch stehen etwa Münzen, Äpfel, Knoblauch und Gras. Auch werden Geschenke ausgetauscht und Literaturklassiker vorgelesen.


«Göteborgs-Posten»: EU-Erfolg der Rechten kann paradoxen Effekt haben

GÖTEBORG: Die liberale schwedische Tageszeitung «Göteborgs-Posten» (Göteborg) kommentiert am Mittwoch die anstehende Europawahl:

«Es ist wahrscheinlich, dass wir nach der Wahl eine andere EU sehen werden als die, an die wir uns in den letzten fünf Jahren gewöhnt haben. 2019 war ein erfolgreiches Jahr für die grünen Parteien und Macrons neu gegründete Zentrumsbewegung in Frankreich. Sie hatten eine De-facto-Mehrheit im Parlament und drängten die EU in eine progressive Richtung.

Inwieweit das Pendel nach der Wahl zurückschwingt, hängt jedoch nicht nur vom Wahlergebnis ab. Es hängt sehr stark von der etablierten Rechten ab, inwieweit sie ihre potenzielle Mehrheit auf der rechten Seite ausnutzen und weiterhin große Koalitionen mit Sozialdemokraten und Grünliberalen in der Mitte bilden will.

Der Erfolg der extremen Rechten in Europa könnte einen paradoxen Effekt haben. So wie der Durchbruch der Demokratie den Nationalstaat gestärkt hat, indem er die nationale politische Arena für Konflikte gestärkt hat - nicht zuletzt dank der damaligen radikalen Arbeiterbewegung - könnte die radikale Rechte ungewollt die europäische politische Arena als zunehmend zentralen Ort für politische Konflikte stärken. Statt «für oder gegen» die EU bewegen wir uns auf einen Kampf darüber zu, was die EU sein sollte.»

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