Mordprozess zu Schüssen in deutschem Mercedes-Werk

STUTTGART: Die Angehörigen der beiden Opfer kämpfen mit den Emotionen. Ein halbes Jahr nach den tödlichen Schüssen in einem Mercedes-Werk hören sie endlich ein Geständnis - und ein mögliches Motiv für die Tat.

Rund sechs Monate nach den tödlichen Schüssen auf zwei Menschen im deutschen Mercedes-Werk in Sindelfingen bei Stuttgart hat der mutmaßliche Schütze seine Verantwortung für die Tat eingestanden.

«Er bereut dies sehr», erklärte der Verteidiger des Mannes im Namen seines Mandanten am Donnerstag zum Auftakt des Prozesses vor dem Stuttgarter Landgericht.

Er habe sich von seinen beiden türkischen Landsleuten und Vorgesetzten gemobbt und gedemütigt gefühlt, als Mitarbeiter einer Speditionsfirma habe er zudem mit einer drohenden Kündigung gerechnet. Er habe keinen Aufenthaltstitel, sondern besitze wegen eines nicht verlängerten Reisepasses nur eine sogenannte Fiktionsbescheinigung.

Ohne Arbeitsplatz hätte er Deutschland und damit seine Familie verlassen müssen. Im Streit mit seinen Vorgesetzten habe er sich verloren, sagte der Anwalt weiter. «Er erfasste erst nach den Schüssen, was er getan hatte.»

Schwarze T-Shirts mit Porträt eines Opfers

Der Prozessauftakt wurde von zahlreichen Angehörigen und früheren Kollegen der beiden Opfer und unter starken Sicherungsvorkehrungen begleitet. Einige Nebenkläger trugen beim Auftakt schwarze T-Shirts mit dem Porträt eines der Opfer.

Das Motiv für die Bluttat war bislang völlig unklar gewesen. «Die Angehörigen erwarten von diesem Prozess auch Antworten auf viele ihrer Fragen», sagte der Anwalt der Familien.

Der mutmaßliche Täter und die Opfer waren bei derselben Logistikfirma auf dem Werksgelände beschäftigt. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hatte der 1970 geborene Mann seine zwei 44 und 45 Jahre alt gewordenen Vorgesetzten «absichtlich» und «heimtückisch» aus wenigen Dutzend Zentimetern Entfernung erschossen. Die Opfer hätten «in keiner Weise» mit dem Angriff ihres Mitarbeiters gerechnet, sagte der Staatsanwalt am Donnerstag.

Mit einem Urteil wird frühestens in zwei Monaten gerechnet.

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