Mercamino und Globetrotter

Neues aus der Dschungel-Werkstatt vom Karosseriebauer Klaus Goergen

Der zum mobilen Eigenheim umgebaute Isuzu TX entpuppt sich als kutliges Thai-Urgestein mit modernen inneren Werten.  Fotos: Goergen
Der zum mobilen Eigenheim umgebaute Isuzu TX entpuppt sich als kutliges Thai-Urgestein mit modernen inneren Werten. Fotos: Goergen

BURIRAM: Seit mehreren Jahren begleitet DER FARANG mit regelmäßigen Updates den Karosseriebauer Klaus Goer­gen, der in seiner Dschungel-Werkstatt zwischen Nong Man und Nong Ki in der nordöstlichen Provinz Buriram schon so einige aufsehenerregende Fahrzeuge der Marke Eigenbau konstruiert hat. Nun meldet sich der Deutsche mit gleich zwei außergewöhnlichen Männerträumen zurück: eine zum rassigen Camino verwandelte Mercedes-S-Klasse und ein mobiles Eigenheim auf vier Rädern.

Die Küche bietet viel Stauraum und ist mit einer Induktionskochplatte ausgestattet.
Die Küche bietet viel Stauraum und ist mit einer Induktionskochplatte ausgestattet.

Nach den Bugatti-Nachbauten „Atlantik“ und „Royale“, einem Bentley Blower ähnlichen Roadster, einem Citroën 2CV auf Mazda-2500-Chassis sowie einer brachialen „Mad Crown Rat“ erscheint sein neuestes S-Klasse-Projekt geradezu dekadent. Doch wer Goer­gen kennt, weiß, dass das wohl kaum der Fall sein wird. „Ich wollte den biederen Daimler in einen echten Hingucker verwandeln. Kein Problem bei einem Zweitürer, doch ein Viertürer ist eine echte Herausforderung“, erzählt Goergen. So warf er zum Entsetzen seiner Frau die Flex an und zerlegte – den „heiligen Daimler“ – in seine Einzelteile. „Ich verbrauche Autos wie andere Leute Kugelschreiber, um meine Ideen umzusetzen. Auch wenn anfangs das Entsetzen immer groß ist, sind schlussendlich doch alle mit dem Endresultat zufrieden“, lacht der Daniel Düsentrieb des Automobilbaus.

Biedere S-Klasse wird Viertürer-Pick-up

Inspiriert von einem Chevrolet El Camino, wollte er aus der ehemaligen „Opakiste“, wie er den Benz augenzwinkernd nennt, ein praktikables Nutzfahrzeug kreieren, halb Limousine, halb LKW. Die Idee zum „Mercamino“, ein Wortspiel aus Mercedes und Camino, auf das ihn ein Freund aus Deutschland brachte, war geboren. „Pick-ups wie ein Toyota Vigo oder Ford Ranger verfügen lediglich über eine 1,50 Meter lange Ladefläche auf. Zudem wird der Fahrspaß durch eine holpernde Starrachse getrübt. Mein Kombiwagen hingegen glänzt mit einer 1,80 Meter langen Ladefläche und da er nicht hoch ist, braucht man beim Beladen nicht schwer heben“, schwärmt Goergen von den Vorzügen seiner Eigenkreation.

Der Mercamino punktet mit einer 1,80 Meter langen Ladefläche.
Der Mercamino punktet mit einer 1,80 Meter langen Ladefläche.

In den durch die geschaffene Ladefläche überflüssig gewordenen Hintertüren fanden zwei hämmernde Subwoofer Platz, zudem nicht zu verachtende Staufächer für Kleinkram im Zwischenraum. „Zu den größten Herausforderungen zählten die weit ausladenden C-Säulen sowie das Installieren des Tanks und der Stoßdämpfer. Denn auf der Ladefläche untergebracht, sieht das ja nicht so prickelnd aus“, erklärt der Experte und fügt hinzu: „Alles Arbeiten, die der normale Mensch eben nicht so sieht!“

Mobiles Condo auf vier Rädern

Da Entdeckungsreisen durch das Land neben der Schrauberei eine weitere Leidenschaft Goergens sind, hatte er schon lange die Idee im Hinterkopf, ein mobiles Häuschen zu bauen: „Einfach mal an einem einsamen Strand übernachten oder vor seiner Lieblingskneipe übernachten, wenn man doch mal zu tief ins Glas geschaut hat, kein Problem, wenn man sein Haus einfach mitnehmen kann.“ Doch ein Wohnmobil von der Stange mit dünnen Plastikwänden kam für den Tüftler natürlich nicht in Frage. Ein LKW-Chassis musste her sowie ein 6-Zylinder-Toyota-Benzinmotor samt Automatikgetriebe, um das Mobilheim in Fahrt zu bringen.

Wenn ein Mercedes auf einen Camino trifft, kommt ein „Carmino“ heraus, freut sich Autobauer Klaus Goergen.
Wenn ein Mercedes auf einen Camino trifft, kommt ein „Carmino“ heraus, freut sich Autobauer Klaus Goergen.

Als Basis für seinen Camper entschied sich der Karosseriebauer für einen legendären Isuzu TX aus dem Jahr 1960 („Ban Tuk“), der eine neue Ehe mit der Frontpartie eines Isuzu Highlander und den Seitenrahmen des neuen Toyota Hilux Revo eingehen sollte. Viele Stunden verbrachte er erneut an der Abkantbank im befreundeten Korat Steel Center, das ihm bereits bei vielen seiner vorausgegangenen Projekte unterstützt hatte. „Ich wollte keine Schrauben oder Nieten, die von außen sichtbar sind. Jedes Einzelteil wurde daher mühsam vor der Montage in Hochglanz weiß gewrappt, da die Lackiermöglichkeiten für solch einen Koloss in Thailand einfach sehr dünn gesät sind. Denn beim La­ckieren von verzinktem Blech, scheitert so manch ein thailändischer Lackierer“, fachsimpelt der Konstrukteur. Er verpasste dem Oldie eine praktische Flip­front, die Arbeiten am Motor zum Vergnügen macht sowie praktische Selbstmördertüren, die nicht vorne, sondern hinten angeschlagen sind und wegen des größeren Platzangebots ein bequemeres Ein- und Aussteigen ermöglichen. „Perfekt abgedichtete und stabile Türen für den TX gab es quasi nicht, da die Thais den LKW auf einer Holzbank sitzend ohne Türen lenken. Das war alles eine ganze Menge Arbeit, vor allem, wenn man bedenkt, dass man Fahrerhäuser an jeder Ecke kaufen kann. Doch das klassische Design dieses Thai-Urgesteins fernab der Neidgrenze ist einfach unschlagbar!“, freut sich Goergen.

Die praktische Flipfront des Oldies erleichtert Reparaturen am Motor ungemein.
Die praktische Flipfront des Oldies erleichtert Reparaturen am Motor ungemein.

Derzeit ist er noch mit dem Innenausbau beschäftigt. Doch nicht etwa in „Eiche rustikal“, sondern Hochglanzweiß, mit vielen Rundungen, einem Acht-Meter-Dachhimmel, 10 Meter indirekter LED-Beleuchtung und vielen weiteren Raffinessen. Ein Induktionskochfeld macht schwere Gasflaschen überflüssig, um Gewicht für das Badezimmer zu sparen, das mit komfortablen Keramikarmaturen ausgestattet ist. „Eben bewährte europäische Hausinstallation mit Unterverteilung, nur auf vier Rädern“, schwärmt der Wohnmobilbauer. „Man kann als Farang in Thailand zwar ein Auto besitzen, aber kein Grundstück oder Haus“, bringt Goergen die Vorteile seines mobilen Eigenheims abschließend zufrieden auf den Punkt.

Leidensgenossen, Sponsoren und Interessierte, die Klaus Goergens Eigenkonstruktionen mal aus nächster Nähe begutachten möchten, können mit ihm per E-Mail in Kontakt treten: klaus.goergen@gmx.net.

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