Morales kündigt Neuwahl an

Foto: epa/Str
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LA PAZ (dpa) - Auch Polizisten schlossen sich den Protesten in Bolivien gegen den linken Präsidenten Evo Morales nach der umstrittenen Wahl an. Nun wurde in einem Bericht die Annullierung der Wahl empfohlen. Morales zieht die Konsequenzen - seine eigene Zukunft ist unklar.

Nach wochenlangen Protesten gegen das Ergebnis der umstrittenen Präsidentenwahl in Bolivien hat Staatschef Evo Morales eine Neuwahl angekündigt. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hatte dies in einem vorläufigen Bericht empfohlen. Wegen klarer Manipulationen könne die OAS das Ergebnis nicht verifizieren, hieß es. Morales erklärte am Sonntag zudem, dass das Wahltribunal für die Neuwahl ausgetauscht werde. Ob er selbst wieder kandidiert, sagte der linke Präsident nicht. Einen Rücktritt schloss er Medienberichten zufolge aber aus.

Die Opposition forderte Morales erneut zum Rücktritt auf. Der konservative Ex-Präsident Carlos Mesa erklärte, die Proteste sollten weitergehen, solange nicht feststehe, dass Morales und sein Vizepräsident Álvaro García Linera nicht an der Neuwahl teilnehmen. Mesa war bei der Wahl Zweiter geworden.

Morales regiert Bolivien seit 2006 und ist damit der dienstälteste Präsident des Kontinents. Der 59-jährige frühere Koka-Bauer hatte sich zum dritten Mal zur Wiederwahl gestellt, obwohl die Verfassung nur eine Wiederwahl vorsieht. Morales überwand diese Hürde mit Hilfe der Justiz, die die Begrenzung der Amtszeiten als Verletzung seiner Menschenrechte bezeichnete.

Nach der ersten Runde der Präsidentenwahl am 20. Oktober erklärte sich Morales direkt zum Sieger, obwohl die Opposition, aber auch die OAS und die EU erhebliche Zweifel anmeldeten. Seitdem liefern sich seine Anhänger und Gegner fast täglich heftige Auseinandersetzungen. Mindestens drei Menschen kamen ums Leben.

Zuletzt schlossen sich auch Polizisten in mehreren Städten den Protesten an und verließen ihre Posten. Regierungsgegner zwangen am Samstag die Mitarbeiter der staatlichen Sender Bolivia TV und Radio Patria Nueva, ihre Arbeitsplätze zu verlassen. Morales sprach von einem Putschversuch gegen sich und forderte in einer Fernsehansprache am Samstag seine Anhänger zur Mobilisierung auf.

Seit Wochen wird Südamerika von einer Welle der Proteste erschüttert. Trotz vielerorts sprudelnder Einnahmen aus dem Rohstoffgeschäft ist es den Regierungen der Region nicht gelungen, die Gewinne gerecht zu verteilen.

In Chile entzündeten sich heftige Proteste an einer geringfügigen Erhöhung der Metro-Fahrpreise. Viele der Demonstranten fordern nun aber auch eine Abkehr vom neoliberalen Wirtschaftsmodell und eine grundlegende Reform der Verfassung, die noch aus der Zeit der Militärdiktatur von Augusto Pinochet stammt. Am Freitag gingen in der Hauptstadt Santiago erneut rund 75 000 Menschen auf die Straße. Dabei wurden ein historisches Gebäude der Universität Pedro de Valdivia in Brand gesteckt und eine Kirche geplündert. Wegen der massiven Proteste hatte die Regierung den Asien-Pazifik-Gipfel und die Weltklimakonferenz abgesagt.

Morales hatte am Samstag zu Gesprächen der vier Parteien aufgerufen, die nach dem umstrittenen Ergebnis der Wahl vor drei Wochen im Parlament vertreten sind. Er starte diesen dringenden Aufruf, um den Frieden zu bewahren, twitterte Morales, der erste indigene Präsident des Andenlandes. Er bat Papst Franziskus sowie verschiedene Kirchen und internationale Organisationen, die Gespräche zu begleiten. Mesa lehnte das Angebot jedoch ab. «Ich habe mit Evo Morales und seiner Regierung nichts zu verhandeln», sagte er in einer Videoansprache.

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Ingo Kerp 11.11.19 11:53
Morales sollte vielleicht, seiner Gesundheit zuliebe, das Asylangebot von Mexico annehmen und Bolivien verlassen.