Die Welt verurteilt Putins Krieg

​Klares Zeichen des Zusammenhalts

Mitglieder der Vereinten Nationen stimmen während einer Dringlichkeitssitzung der Generalversammlung im Hauptquartier der Vereinten Nationen über eine Resolution zum Konflikt in der Ukraine ab. Foto: Seth Wenig
Mitglieder der Vereinten Nationen stimmen während einer Dringlichkeitssitzung der Generalversammlung im Hauptquartier der Vereinten Nationen über eine Resolution zum Konflikt in der Ukraine ab. Foto: Seth Wenig

NEW YORK: Es ist ein starkes Zeichen des weltweiten Zusammenhalts: Die allermeisten Länder versammeln sich hinter einer Erklärung gegen Russlands Angriff auf die Ukraine. Sie zeigen ein klares Lagebild der globalen Stimmung - gegen den Krieg Putins, der fast allein steht.

Die Weltgemeinschaft hat den Angriff Russlands auf die Ukraine mit historisch großer Mehrheit verurteilt und Moskau zum Ende seiner Aggression aufgefordert. Bei einer Abstimmung am Mittwoch in New York votierten 141 Mitglieder der UN-Vollversammlung für eine entsprechende Resolution - weit mehr als bei früheren Konflikten ähnlicher Art. 35 Länder enthielten sich, nur 5 lehnten den Beschluss ab. Vor dem größten Gremium der Vereinten Nationen mit 193 Mitgliedern machten die westlichen Verbündeten damit die internationale Isolation des russischen Präsidenten Wladimir Putin sichtbar.

Als Minimalziel bei dem Votum galten 100 Stimmen - wie bei einer Resolution 2014, die ein russisches Referendum auf der von Moskau annektierten Krim für ungültig erklärte. Andere Diplomaten legten die Messlatte für einen Erfolg auf 120 Stimmen. In der Vollversammlung votieren so gut wie nie alle Mitglieder, einige von ihnen haben wegen ausstehender Zahlungen zudem momentan kein Stimmrecht. Die dreitägige Dringlichkeitssitzung war erst das elfte Treffen dieser Art bei den UN in mehr als 70 Jahren.

Neben der historisch hohen Zahl an Befürwortern zeigt sich die Isolation Moskaus weltweit aber vor allem an den nur fünf Gegenstimmen: Diese kamen von Belarus, Nordkorea, Eritrea, Syrien und natürlich Russland selbst. Unter anderem China, Indien und der Iran enthielten sich. Auffallend dabei: Auch eine Reihe von Ländern unter starkem russischem Einfluss - Usbekistan, Turkmenistan, Armenien, Kuba und Nicaragua - stimmten entweder gar nicht ab oder enthielten sich. Eine Reihe arabischer Staaten stimmten dem Text zu.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) schrieb auf Twitter: «Die Vereinten Nationen sagen laut und deutlich: Wenn unsere friedliche Ordnung angegriffen wird, stehen wir zusammen und handeln.» Baerbock hatte bei der Dringlichkeitssitzung - der ersten seit Jahrzehnten - am Dienstag persönlich an die Weltgemeinschaft appelliert, sich hinter der Erklärung mit der Überschrift «Aggression gegen die Ukraine» zu versammeln. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach auf Twitter von einer «beispiellosen Mehrheit». Das Ergebnis zeige, dass eine weltweite Anti-Putin-Koalition in Kraft sei.

UN-Generalsekretär António Guterres sagte: «Die heutige Entschließung spiegelt eine zentrale Wahrheit wider: Die Welt will ein Ende des enormen menschlichen Leids in der Ukraine.» Der britische Premier Boris Johnson meinte, der «Kontrast zwischen richtig und falsch» sei noch nie so deutlich gewesen. US-Außenminister Antony Blinken sprach von einer «historischen» und «überwältigenden» Abstimmung.

Eine angenommene Resolution in der Vollversammlung ist - anders als Resolutionen des Sicherheitsrats - allerdings völkerrechtlich nicht bindend und hat eher symbolische Bedeutung. Beobachter sehen sie im Ukraine-Konflikt aber als Lagebild der globalen Stimmung.

In dem am Mittwoch verabschiedeten Text heißt es, die Vollversammlung «verurteilt» den Angriff Russlands in der Ukraine und auch den Befehl Putins, die Abschreckungswaffen der Atommacht in besondere Alarmbereitschaft zu versetzen. Das Gremium «fordert, dass die Russische Föderation unverzüglich ihre Gewaltanwendung gegen die Ukraine einstellt und von jeder weiteren rechtswidrigen Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen einen Mitgliedstaat absieht». Weiter heißt es, man sei in ernster Besorgnis über Berichte von Angriffen auf zivile Einrichtungen wie Wohnhäuser, Schulen und Krankenhäuser.

Russland machte deutlich, dass es seinen Kurs trotz der Abstimmung nicht ändern wolle. «Dieses Dokument wird uns nicht erlauben, militärische Aktivitäten zu beenden», sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja. Es könne vielmehr «radikale Kräfte» und «Nationalisten» in Kiew ermutigen, behauptete er. Moskau stellt die demokratisch gewählte Regierung in der Ukraine als illegitim und extremistisch dar.

Außenministerin Baerbock hatte bereits am Dienstagabend vor der Vollversammlung am East River in New York in einer emotionalen Rede von den Ländern der Welt verlangt, Russlands Handlungen zu verurteilen. «Heute müssen wir uns alle zwischen Frieden und Aggression, zwischen Gerechtigkeit und dem Willen des Stärkeren, zwischen Handeln und Wegschauen entscheiden», sagte sie und warf Moskau in scharfem Ton «Lügen» vor: «Sie sagen, Sie handeln in Notwehr. Aber die ganze Welt hat zugesehen, wie Sie monatelang Ihre Truppen aufgebaut haben, um sich auf diesen Angriff vorzubereiten.»

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder
Strauss 03.03.22 16:50
Diese Abstimmung interessiert diesen Russen nicht
Wenn man den so machen lässt , kommen weitere Länder dran. Für was hat der Rest der Welt, dem Russen weit überlegene Kriegstechnik.Wenn man die nicht sehr schnell unter Führung Europas einsetzt, ist es zu spät. Soll man die Israelis holen? Die würden zeigen wie dies geht.
Ingo Kerp 03.03.22 14:20
Eine eindeutige Abstimmung, die wohl auch so zu erwarten war. Allein, es ist eine Abstimmung und wird den Krieg in keiner Weise stoppen. Das sich RUS und Belarus inzwischen vom Rest der Welt abgekoppelt haben, wissen die beiden Herrscher selbst, da benoetigt es keine Abstimmung. Diese hat leider keine Auswirkung auf den Kriegszustand, leider. Da bei jedem Krieg, die Vergangenheit hat es gezeigt, nach dem Ende desselben abgerechnet wird, wird man dann sehen, was von den beiden Despoten und ihren Ländern international noch übrig bleibt.
David Ender 03.03.22 13:20
Eine abgruendige Putin-Koalition ...
Wer staendig behauptet die Welt waere heute "schlechter" als vor einigen Jahrzehnten, hat offenkundig nix verstanden. Wie waere eine derartige UN-Abstimmung wohl noch in den 1980er oder 1990er Jahren wohl gelaufen? Dutzende Diktaturen der Welt haetten fuer einen russischen Eroberungskrieg gestimmt. Heute sind es bloss noch vier geraezu laecherliche, bettelarme Autokratien: Die orwellsche Animal Farm Nordkorea, das neo-sowjetische Belorussland, das giftgas-schmeissende Syrien und das abgruendigste Armenhaus der Welt: Eritrea. So sieht Puins Allianz heute aus. Keine einzige serioese Nation will oder wagt es Putin vor einer UN-Verurteilung zu schuetzen. Sehr still sind auch jene Mitforisten hier geworden, die uns seit Monaten wortreich zu erklaeren versuche, dass Putin keinerlei Angriffsplaene habe und die NATO einen "Krieg herbeireden" wuerden. Die harte Realitaet scheint mittlerweile fast alle eingeholt zu haben: Den dt Bundestag, die freie Welt, die westlichen Konzerne, IOC und FIFA, alle dt Medien, ... ein Zeitenwechsel. Hoffentlich haben die Kreml-Propagandisten auch was gelernt. Bezahlen tun diesen Lernprozess leider die Ukrainer, tausende russische Soldaten mit Leben und Gesundheit - und das gesamte russische Volk, welches nun isoliert von der Ersten Welt dasteht. Ohne westl. Know-how, Finanzsysteme, Ersatzteile, Visas ... Wladimir und "sein" Volk allein zu Haus. Trotzig, taub und blind.