Karabach-Armenier besiegeln Niederlage

Vertreter der armenischen Gemeinschaft von Berg-Karabach, der aserbaidschanischen Regierung und ein Vertreter des russischen Friedenskontingents nehmen an den Gesprächen in der a... Foto: Roman Ismailov/Azerbaijan State News Agency Azertac/ap/dpa
Vertreter der armenischen Gemeinschaft von Berg-Karabach, der aserbaidschanischen Regierung und ein Vertreter des russischen Friedenskontingents nehmen an den Gesprächen in der a... Foto: Roman Ismailov/Azerbaijan State News Agency Azertac/ap/dpa

BAKU/ERIWAN: Nach heftigen aserbaidschanischen Angriffen haben sich die militärisch unterlegenen Armenier in Berg-Karabach ergeben. Nun sind sie in der aserbaidschanischen Stadt Yevlax eingetroffen - wohl, um die genauen Bedingungen ihrer Niederlage auszuhandeln.

Einen Tag nach ihrer Niederlage sind die von Aserbaidschan angegriffenen Karabach-Armenier zu Verhandlungen in der aserbaidschanischen Stadt Yevlax eingetroffen. Der armenischen Delegation gehöre unter anderem der Parlamentsabgeordnete David Melkumjan aus der international nicht anerkannten Republik Berg-Karabach (Arzach) an, meldete die armenische Nachrichtenagentur Armenpress am Donnerstag. Die aserbaidschanische Seite teilte mit, bei dem Treffen solle es um die «Reintegration» Berg-Karabachs in Aserbaidschan gehen. Als Vermittler anwesend sein sollen auch in der Region stationierte russische Soldaten.

Aserbaidschan hatte die zwar auf seinem Staatsgebiet gelegene, aber mehrheitlich von Armeniern bewohnte Südkaukasus-Region Berg-Karabach seit Dienstagmorgen mit Raketen und Artillerie angegriffen. Am Mittwoch gaben die militärisch unterlegenen Armenier auf. Viele von ihnen fürchten nun, aus ihrer Heimat vertrieben zu werden oder - wenn sie bleiben - zum Ziel aserbaidschanischer Gewalt zu werden. Durch die Kämpfe der vergangenen Tage wurden laut armenischen Medien mindestens 200 Menschen getötet und mehr als 400 weitere verletzt.

Die beiden Ex-Sowjetrepubliken Aserbaidschan und Armenien kämpfen bereits seit Jahrzehnten um Berg-Karabach. Im letzten Karabach-Krieg 2020 eroberte das durch Öl- und Gaseinnahmen hochgerüstete Aserbaidschan bereits große Teile der Region.

Mit der jetzigen Niederlage der Karabach-Armenier ging eine Feuerpause einher, die seit Mittwochmittag gilt. Tatsächlich ließ die Intensität der Kampfhandlungen Angaben aus Eriwan zufolge seitdem nach. Zugleich berichtete die armenische Seite aber am Mittwochabend, aserbaidschanische Soldaten hätten Militärstellungen im Ort Sotk auf armenischem Staatsgebiet beschossen.

In Berg-Karabach selbst wiederum laufen derweil Evakuierungsmaßnahmen. Von russischer Seite hieß es, bislang seien 5000 Zivilisten aus besonders gefährlichen Orten in Sicherheit gebracht worden. Zuvor hatte auch der Menschenrechtsbeauftragte der international nicht anerkannten Republik Berg-Karabach (Arzach), Gegam Stepanjan, von der Evakuierung mehrerer Ortschaften gesprochen. Schätzungen zufolge leben in Berg-Karabach rund 100.000 Menschen.

Russland gilt traditionell als Schutzmacht des christlich-orthodoxen Armeniens, während das muslimisch geprägte Aserbaidschan auf die Unterstützung der Türkei baut. Russland hatte eigentlich zugesichert, einen nach dem letzten Karabach-Krieg 2020 vereinbarten Waffenstillstand in der Region zu überwachen. Viele Armenier werfen Moskau nun vor, sie im Stich gelassen zu haben und seiner Rolle als Schutzmacht nicht nachgekommen zu sein.

Sie kritisieren, dass russische Soldaten weder die monatelange Blockade der einzigen armenischen Zugangsstraße nach Berg-Karabach durch Aserbaidschaner verhinderten noch jetzt der aserbaidschanischen Armee entgegentraten. Proteste in Armeniens Hauptstadt Eriwan richteten sich deshalb auch gegen die russische Botschaft vor Ort.

Einen Appell an die Weltgemeinschaft sendete unterdessen auch US-Star Kim Kardashian, die selbst armenische Wurzeln hat. «Leider ist das Potenzial für einen Genozid von Armeniern in Arzach/Berg-Karabach nun noch schlimmer», schrieb sie auf der früher als Twitter bekannten Plattform X. Kardashian forderte sowohl die US-Regierung als auch andere Staaten zum Handeln auf.

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