Das Leiden der Flüchtlinge aus Syrien und anderen Ländern rührt mich, erschüttert mich und erfüllt mich mit Wut und Trauer. Der frühe Winter ist eingebrochen, erster Schnee, Regen und Kälte bestimmen das Wetter. Die verängstigten, lebensbedrohten Familien verlassen mit Kindern, mit Alten und Babys ihre Heimat, verlassen Hab und Gut und hoffen auf ein Leben in Sicherheit. Auf dem Weg dahin müssen viele ihr Leben lassen, Kinder und Alte liegen im Freien bei Regen und Kälte vor verschlossenen Grenzzäunen, Tag und Nacht, Nacht und Tag, ohne Hilfe, ohne Nahrung, ohne Wasser. Erst wenn sie es nach Deutschland geschafft haben, ihrem Traumziel, gibt es wieder Hoffnung, Hoffnung auf ein Leben ohne Angst, ohne Hunger und Durst.
Wer – außer den rassistischen Idioten – hätte für sie kein Verständnis oder kein Mitleid?
Nirgendwo haben diese Flüchtlinge so viel Entgegenkommen erfahren wie in Deutschland. Trotzdem stellt sich auch mir die Frage: Wenn dieser Flüchtlingsandrang anhält, wie wird sich das Verhalten der Bevölkerung verändern? Wird dann aus der Angst der Flüchtlinge die Angst der Einheimischen? Wird die Stimmung umschlagen, wie wir es schon in anderen Ländern gesehen haben? Werden die Wähler auch bei uns denen ihre Stimme geben, die dafür sind, die Grenzen für Ausländer zu schließen?
Ja, ich gebe zu, mein soziales Engagement streitet mit den Ängsten, die von der ADF und von Pegida geschürt werden. Unter deren Anhängern befinden sich ja nicht nur alte und neue Nazis sondern auch arme, verängstigte und schlecht oder falsch informierte Mitläufer, indoktriniert von rhetorisch begabten Rattenfängern. Was ist deren Ziel? Deutschland von „Anno dunnemals“, blond, sauber, arisch? Die Welt verändert sich wie die Geschichte. So war es schon immer. Die Welt von gestern gibt es nicht mehr, keiner wird ihr Einhalt gebieten oder sie zurückholen. Unsere Eltern und Großeltern haben Kriege erlebt und - wenn es gut ging – überlebt. War das die gute alte Zeit? Seit siebzig Jahren leben die meisten Europäer in Frieden. Für dieses Glück oder Geschenk muss man auch mal ein Opfer bringen. Während die Verlierer des letzten großen Krieges ihre Wirtschaft wieder aufbauten, das sogenannte Wirtschaftswunder schafften, haben sogenannte Siegermächte verloren, verloren an Wirtschaftskraft und an sozialen Standards. Sind wir nicht verpflichtet, uns zu revanchieren, ein wenig abzugeben von dem Segen der über uns hereingebrochen ist?
Natürlich, unsere Aufnahmekapazität ist begrenzt. Es kann nicht angehen, dass andere europäische Länder sich gegen Asylanten abschotten. Wenn das so ist und bleibt, können wir Europa, die Einheit des demokratischen Westens sofort vergessen. Dann wäre die große Idee schon bei ihrer ersten ernsthaften Bewährungsprobe gescheitert. Aber noch gibt es alle Chancen. Ich bleibe optimistisch.
Vielleicht fragt sich der eine oder andere jetzt: „Was soll dieses Gezeter in einer Zeitschrift in Thailand? Hier wollen wir Themen über dieses Land lesen. Am liebsten wollen wir von all diesen Problemen nichts hören und nichts lesen“.
Klar. Aber Thailand ist keine Insel. Sie ist für viele Farangs zur zweiten Heimat geworden, ebenso wie für viele Touristen aus unserer alten Heimat zum Urlaubsparadies. Und deshalb gehört dieses Thema auch in eine deutschsprachige Zeitschrift wie DER FARANG. Warum? Weil wir von hier aus positive Signale aussenden und materielle Hilfe bieten können. Weil wir den Besuchern oder Verwandten Kraft und Mut geben können, diesen Menschen zu helfen, indem wir selbst dazu beitragen. Das tut uns – solange es uns gut geht – doch nicht weh. Oder?