EU bei Begrenzung der Migration in der Pflicht

ROM: Die italienische Regierung sieht die EU in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass weniger Migranten über die Mittelmeerroute ins Land kommen. Nachdem das Kabinett am Dienstag einen landesweiten Notstand angesichts der steigenden Zahlen ausgerufen hatte, sagte der Minister für Katastrophenschutz, Nello Musumeci: «Es muss klar sein, dass der Notstand das Problem nicht löst.» Nur ein «bewusstes und verantwortungsvolles Eingreifen der Europäischen Union» könne zur Bewältigung beitragen. Mit dem Notstand könne die Regierung zunächst allerdings einfacher Gelder und Hilfsmittel frei machen.

Die Regierung erwartet laut einer Mitteilung in den kommenden Monaten eine weitere Zunahme der Ankünfte von Migranten. Die Ausrufung des Notstands soll laut Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni daher «wirksame und rechtzeitige Antworten auf die Organisation der Ströme» geben, teilte ihr Amtssitz in Rom am späten Dienstagabend mit.

Die EU-Kommission kündigte am Mittwoch an, die Details des Notstands zu prüfen. Man sei eng mit den italienischen Behörden in Kontakt, sagte eine Sprecherin. Zugleiche gebe es schon jetzt ein breites Spektrum an Unterstützung für das Land. Die Sprecherin nannte etwa Hilfe durch EU-Behörden wie Frontex oder Europol vor Ort. Außerdem erhalte Italien am meisten Geld aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU.

Der Notstand gilt nach Angaben der Regierung für sechs Monate und soll die besonders betroffenen Regionen im Süden entlasten. Dafür würden zunächst fünf Millionen Euro zur Verfügung gestellt, hieß es weiter. Das Geld soll demnach aus dem Fonds für nationale Notfälle bereitgestellt werden. Es sollen zudem einfacher neue Aufnahmezentren für Flüchtlinge errichtet werden können.

Üblicherweise wird zu dieser Maßnahme gegriffen, um auf Naturkatastrophen zu reagieren, wie etwa Erdbeben oder Dürre-Rekorde im Sommer 2022. Dass der Notstand nun wegen der Migranten ausgerufen wurde, löste unter Oppositionspolitikern Kritik aus. Giuseppe Conte, Italiens Ex-Ministerpräsident schrieb auf Facebook, Meloni habe den Notstand beschlossen, «weil sie nicht in der Lage ist, die Ankünfte von Migranten zu bewältigen, die sich im Vergleich zum vergangenen Jahr vervierfacht haben».

Italien diskutiert seit geraumer Zeit über die Ankunft Tausender Bootsmigranten. Unter den EU-Mitgliedstaaten gibt es seit Jahren Streit in der Frage der Verteilung der Schutzsuchenden. Das Innenministerium in Rom registrierte in diesem Jahr bereits mehr als 31.000 Menschen, die auf Booten Italien erreichten oder im Mittelmeer gerettet und an Land gebracht wurden - im Vorjahreszeitraum waren es rund 7900. Die Mittelmeerinsel Lampedusa ist derzeit besonders betroffen. Nach der Ankunft von Tausenden Menschen ist das dortige Erstaufnahmelager überfüllt. In dem Camp, das eigentlich maximal knapp 400 Menschen aufnehmen kann, sind zurzeit mehr als 1800 Migranten untergebracht, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete.

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