Seenotretter-Hilferuf an Politik

Immer mehr Mittelmeer-Flüchtlinge

Das Mittelmeer. Foto: epa/Atef Safadi
Das Mittelmeer. Foto: epa/Atef Safadi

ROM: Wegen immer mehr Migranten, die im Mittelmeer in Seenot geraten, fordern drei Hilfsorganisationen ein staatliches Such- und Rettungsprogramm. Der deutsche Verein Sea-Watch sowie die internationalen Organisationen Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerranée verlangten von den EU-Staaten am Mittwoch den «Einsatz einer angemessenen, staatlich geführten und proaktiven Flotte für die Seenotrettung».

In den vergangenen Wochen hatten die Helfer mit ihren Schiffen Hunderte Migranten an Bord geholt, die von Afrika aus nach Europa übersetzen wollten. Italien registrierte in diesem Jahr bislang mehr als 42.000 Menschen - das sind deutlich mehr als im Vergleichszeitraum 2021, als 30.000 gezählt worden waren. Das Mittelmeerland hat immer größere Probleme, die Leute vernünftig zu registrieren und aufzunehmen. Das für rund 350 Menschen konzipierte Flüchtlingslager auf der Insel Lampedusa etwa ist extrem überfüllt.

Die Helfer beklagen, dass die EU-Staaten keine koordinierten Einsätze im Mittelmeer durchführen, um Menschen zu retten. Stattdessen müssten zivile Organisationen einspringen. Auf der zentralen Mittelmeerroute wurden nach UN-Angaben allein in diesem Jahr bislang 907 Migranten als tot oder vermisst gemeldet.

Eine staatliche Seenotrettung gibt es in der EU schon seit Jahren nicht mehr, zum Teil auch aufgrund der Sorge, damit weitere Menschen zur Überfahrt in Richtung EU zu ermutigen. Stattdessen haben sich im Juni 21 Staaten auf einen Solidaritätsmechanismus geeinigt, der südliche Länder wie Italien entlasten soll. Die teilnehmenden Staaten könnten den Mittelmeerländern entweder Schutzsuchende abnehmen oder ihnen auf andere Weise helfen - etwa mit Geld oder Sachleistungen. Nach Angaben der EU-Kommission vom Mittwoch wurden bislang allerdings noch keine Migranten umgesiedelt. Mögliche Kandidaten würden derzeit ermittelt, sagte eine Sprecherin. Bislang hätten sich 13 Länder bereiterklärt, mehr als 8000 Menschen aufzunehmen.

An diesem Donnerstag will Matteo Salvini von der rechten Lega das Camp in Lampedusa besuchen und dort Wahlkampf betreiben. Er hofft auf einen Sieg des Mitte-Rechts-Blocks bei den Wahlen am 25. September und kündigte bereits an, dann wesentlich härter gegen Migranten vorzugehen.

Die Hilfsorganisationen sind derweil ständig im Einsatz. Das Schiff «Geo Barents» von Ärzte ohne Grenzen wartete am Mittwoch mit 659 Geretteten - darunter mehr als 150 Kinder und Babys - weiter auf die Zuteilung eines Hafens. «Dieses unnötige, tagelange Warten zermürbt die Geretteten», berichtete Mattea Weihe, Sprecherin von Sea-Watch. «Sie haben das Mittelmeer überlebt, doch anstatt sich in Sicherheit zu wissen, müssen sie tagelang vor den verschlossenen Toren Europas darauf warten, dass ihre Menschenrechte respektiert werden.»

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