Hisbollah im Libanon

«Bereitet Euch auf alles vor» Von Amira Rajab

Pro-Palästina Kundgebung am Times Square in New York. Foto: epa/Justin Lane
Pro-Palästina Kundgebung am Times Square in New York. Foto: epa/Justin Lane

BEIRUT: Seit dem Großangriff der Hamas auf Israel kommt es an der libanesisch-israelischen Grenze immer wieder zu Kampfhandlungen. Die Sorge wächst, dass sich der Konflikt auf den Libanon ausdehnt-

Die Ansage des stellvertretenden Generalsekretärs der libanesischen Hisbollah, Naim Ghassem, ist eindeutig: «Bereitet Euch auf alles vor.» Die Schiitenorganisation ist bereit zum Kampf gegen den Erzfeind Israel an der Grenze im Süden. Hunderte Anhänger jubeln dem Schiitenführer bei seiner Rede nach dem Freitagsgebet in einem Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut zu.

«Wenn die Zeit zum Handeln gekommen ist, werden wir sie ergreifen», sagt Ghassem. Die Menge schwenkt palästinensische Fahnen und die Flagge der Hisbollah. Im Chor rufen sie: «Freiheit für Palästina!»

Seit dem Terror-Angriff der palästinensischen Hamas auf Israel wächst die Sorge, dass sich der Konflikt zu einem Flächenbrand entwickelt. Alle Augen richten sich dabei auf die Hisbollah, die bereits 2006 in einen Krieg mit Israel verwickelt war. Die Organisation gilt als treuer Verbündeter des Irans. Seit dem Wochenende kam es an der israelisch-libanesischen Grenze immer wieder zu Kampfhandlungen.

Hunderte Hamas-Terroristen waren vergangenen Samstag in Israel eingedrungen und hatten dort in Grenzorten und bei einem Musikfestival ein Massaker angerichtet. Insgesamt töteten sie mehr als 1300 Israelis und verletzten mehr als 3000. 150 Menschen wurden in den Gazastreifen von der Hamas verschleppt.

Experten sprechen bisher noch von einem «Schattenboxkampf» zwischen Israel und der Hisbollah. Noch hielten sich die Provokationen im Rahmen der unausgesprochenen Regeln, über die sich beide Seiten einig seien, sagte der Experte Makram Rabah der Deutschen Presse-Agentur.

Riad Kahwaji, Direktor des «Institute for Near East and Gulf Military Analysis» (INEGMA) glaubt, die Hisbollah wolle Israel im Dunkeln tappen lassen und «sie im Ungewissen über ihre nächsten Schritte lassen». Gleichzeitig fahre die schiitische Miliz auch Ablenkungsmanöver, um das israelische Militär im Norden zu fordern und «um ihre Solidarität mit der Hamas zu zeigen», so der Experte.

Auch die Teilnehmer der Hisbollah-Kundgebung in Beirut stehen an der Seite der Palästinenser. «Mein Leben lang bin ich schon bei der Hisbollah», sagt Ali Kobessi. Er ist Kämpfer bei der Schiitenmiliz. Den Reden der Hisbollah-Führer stimmt er mit lautem Jubel zu. «Ich bin hier für die Kinder in Gaza.

Da wird eine ganze Nation ausgelöscht», sagt eine der Teilnehmerinnen der Kundgebung und fügt hinzu: «Ich bin Libanesin, aber mein Blut ist palästinensisch.» In der Hand hält sie die gelbe Flagge der Hisbollah.

«Wir befinden uns in einer Zeit der Siege und nicht in einer Zeit der Niederlagen», waren die Worte Ghassems am Freitag in Beirut. Er will sagen: Die Hisbollah steht bereit - auch für eine härtere Konfrontation mit Israel.

Analyst Kahwaj sagt: «Dieser Krieg zeigt, dass die Israelis die Fähigkeiten ihrer Gegner im Süden extrem unterschätzt haben.» Der Hamas-Angriff sei nur ein kleines Beispiel dafür, was Hisbollah im Norden anrichten könne. Die Hisbollah sei deutlich stärker, habe deutlich mehr Waffen und eine größere Frontlinie.

Die Hamas und Hisbollah unterscheidet vor allem, dass die Hisbollah ein deutlich mächtigeren Einfluss hat, der bis tief in den von Krisen gelähmten libanesischen Staat reicht. Ihre Macht stützt sich nicht nur auf die Unterstützung aus dem Iran, sondern auch auf ihre eigene Miliz, mit der sie vor allem den Süden an der Grenze zu Israel, von Schiiten bewohnten Viertel der Hauptstadt Beirut sowie die Bekaa-Ebene im Norden des Landes kontrolliert. Sie ist die einzige Gruppe, die nach dem Bürgerkrieg von 1975 bis 1990 offiziell ihre Waffen behalten durfte.

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