Justiz erhebt Vorwürfe gegen designierten Präsidenten

Guatemalas gewählter Präsident Bernardo Arevalo de Leon (C). Foto: epa/David Toro
Guatemalas gewählter Präsident Bernardo Arevalo de Leon (C). Foto: epa/David Toro

GUATEMALA-STADT: Die Staatsanwaltschaft in Guatemala will dem gewählten nächsten Staatspräsidenten Bernardo Arévalo die politische Immunität entziehen lassen. Arévalo, der designierten Vizepräsidentin Karin Herrera und sechs amtierenden oder gewählten Abgeordneten werden in Zusammenhang mit der Besetzung einer Universität Plünderung von Kulturgütern, unerlaubte Vereinigung und Einflussnahme vorgeworfen, wie die Generalstaatsanwaltschaft am Donnerstag mitteilte.

Arévalo und Herrera wiesen das Vorgehen der Justiz als politische Verfolgung zurück. Arévalo, der Sohn des ersten demokratisch gewählten Präsidenten des mittelamerikanischen Landes, hatte bereits zuvor von einem «Staatsstreich in Zeitlupe» gesprochen - korrupte Akteure wollten seinen Amtsantritt im Januar verhindern.

Die staatliche Universität San Carlos in Guatemala-Stadt war von Mai 2022 bis Juni 2023 aus Protest gegen die Wahl eines neuen Rektoren besetzt worden. Arévalo soll die Aktion in sozialen Medien unterstützt haben. Wegen der Ermittlungen wurden am Donnerstag laut Staatsanwaltschaft 27 Haftbefehle sowie 31 Hausdurchsuchungen ausgeführt. Festgenommen wurden Studenten und Akademiker.

Brian Nichols, im US-Außenministerium für die westliche Hemisphäre zuständig, schrieb auf der Plattform X, die Razzien und andere Bemühungen, die Demokratie in Guatemala zu untergraben, seien inakzeptabel. Die US-Regierung, die EU und die Vereinten Nationen hatten schon zuvor die juristische Verfolgung Arévalos kritisiert.

Der Sozialdemokrat hatte mit dem Versprechen, die Korruption in Guatemala zu bekämpfen, die Präsidentenwahl mit rund 61 Prozent der Stimmen gewonnen. Er war überraschend in die Stichwahl am 20. August eingezogen, nachdem mehrere Kandidaten aus umstrittenen Gründen vor der ersten Runde ausgeschlossen worden waren. Seitdem ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen ihn, seine Partei Movimiento Semilla wurde wegen mutmaßlicher Unregelmäßigkeiten bei ihrer Gründung suspendiert.

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Thomas Sylten 17.11.23 16:00
Es ist wirklich atemberaubend, wie sich die korrupte guatemalische Oberschicht, bestehend aus etwa 5 Familien, die die Wirtschaft und bislang auch die Politik fest in ihren mafiösen Händen hält, gegen den gewählten (und trotz massiver Einflussnahme durch Ablehnung einiger anderer Kandidaten ausnahmsweise nicht aus ihren Reihen stammenden) Präsidenten stemmt. Ich fürchte, er wird seinen Amtsantritt nicht (lebend) erreichen.