Europa bereitet sich zu wenig auf Klimakrise vor

Der Klimawandel beeinträchtigt das grönländische Eisschild. Foto: epa/Thomas Traasdahl DÄnemark Out
Der Klimawandel beeinträchtigt das grönländische Eisschild. Foto: epa/Thomas Traasdahl DÄnemark Out

KOPENHAGEN: Überschwemmungen, Hitze und Brände - die Folgen der Klimaerwärmung sind in Europa deutlich zu spüren. Die EU muss dringend Maßnahmen ergreifen, um besser auf die Krise vorbereitet zu sein. Doch Fachleuten zufolge geht das viel zu langsam.

Europa bereitet sich einer EU-Behörde zufolge unzureichend auf die Auswirkungen der zunehmenden Klimaerwärmung vor. Die europäischen Strategien und Anpassungsmaßnahmen hielten nicht mit den sich rasant verschärfenden Risiken Schritt, teilte die Europäische Umweltagentur (EEA) am Montag zu ihrem ersten Bericht zur Bewertung des Klimarisikos für Europa (EUCRA) mit. Viele Maßnahmen benötigten einen langen Zeitraum.

«Um die Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaften sicherzustellen, müssen die europäischen und nationalen politischen Verantwortlichen jetzt handeln, damit die Klimarisiken sowohl durch rasche Emissionssenkungen als auch durch entschlossene Anpassungsstrategien und -maßnahmen verringert werden», sagte EEA-Exekutivdirektorin Leena Ylä-Mononen laut Mitteilung. Europa ist laut EEA der sich am schnellsten erwärmende Kontinent. Seit den 1980er Jahren war die Erwärmung auf dem europäischen Festland demnach etwa doppelt so schnell wie der globale Durchschnitt.

Mehr als 30 Risiken identifiziert

Forscherinnen und Forscher benennen in dem Bericht 36 große Klimarisiken - von Auswirkungen der Dürre und Hitze, Überschwemmungen, über Brände bis hin zu finanziellen Folgen. Insgesamt nennen die Fachleute fünf große Bereiche, in denen die Klimaentwicklungen existenzielle Bedrohungen darstellen: Ökosysteme, Ernährung, Gesundheit, Infrastruktur sowie Wirtschaft und Finanzen.

So beträfen die Risiken, die durch Hitze und Dürre für den Nutzpflanzenanbau entstehen, nicht nur den Süden, sondern auch die Länder Mitteleuropas. «Insbesondere anhaltende und weiträumige Dürren stellen eine erhebliche Bedrohung für die Erträge, die Ernährungssicherheit und die Trinkwasserversorgung dar», teilte die EEA mit.

Hitze sei das größte und dringendste Klimarisiko für die menschliche Gesundheit, schreiben die Forschenden. Besonders gefährdet sind demnach Menschen, die im Freien arbeiten, ältere Menschen und Personen, die in schlecht isolierten Wohnungen oder in städtischen Gebieten mit starkem Wärmeinseleffekt leben. In Südeuropa entstehe durch Hitze und Dürren zudem ein erhebliches Risiko für die Energieerzeugung und -übertragung.

Auch das europäische Wirtschafts- und Finanzsystem sei betroffen, schreibt die EEA. Klimaextreme könnten beispielsweise zur Erhöhung von Versicherungsprämien führen, Vermögenswerte und Hypotheken gefährden und höhere Ausgaben und Kreditkosten für den Staat nach sich ziehen.

Katastrophale Folgen befürchtet

Viele der identifizierten Klimarisiken in Europa haben laut der Auswertung bereits ein «kritisches Niveau» erreicht. Bei mehr als der Hälfte (21 von 36) benötige es unverzüglich mehr Engagement und Handlungstempo - acht der Risiken seien sogar «besonders dringlich». Ökosysteme, die Menschen vor Hitze schützen, müssten erhalten bleiben. Gleichzeitig müssten Menschen und Bauwerke vor Überschwemmungen und Waldbränden geschützt werden.

«Wenn jetzt nicht entschieden gehandelt wird, könnten die meisten der festgestellten Klimarisiken bis zum Ende dieses Jahrhunderts ein kritisches oder katastrophales Ausmaß erreichen», hieß es von den Experten im Bericht. Und weiter: «Hunderttausende von Menschen würden durch Hitzewellen sterben, und allein die wirtschaftlichen Verluste durch Überschwemmungen an den Küsten könnten mehr als eine Billion Euro pro Jahr betragen.»

Je nach Art habe jedes dieser Risiken für sich genommen das Potenzial, erhebliche Umweltschäden, wirtschaftliche Schäden, soziale Notlagen und politische Turbulenzen zu verursachen. In Kombination dürften die Auswirkungen demnach noch viel drastischer sein.

Süden besonders gefährdet

Zu den Hotspots der von Klimarisiken gefährdeten Regionen zählt laut dem Bericht Südeuropa. Länder im Süden sind besonders durch Waldbrände, Hitze und Wasserknappheit betroffen. Neben den Auswirkungen auf die Landwirtschaft und allgemein hoher Brandgefahr sei die Gesundheit der Menschen eminent gefährdet. «Im Sommer 2022 waren in Europa zwischen 60.000 und 70.000 vorzeitige Todesfälle auf die Hitze zurückzuführen. Das Hitzerisiko für die Bevölkerung ist in Südeuropa, aber auch in vielen Städten, bereits kritisch», sagte Ylä-Mononen.

Doch auch tief liegende Küstenregionen einschließlich vieler dicht besiedelter Städte seien Brennpunkte für Klimarisiken. Der Meeresspiegel an Europas Küsten steigt jedes Jahr mit zunehmender Geschwindigkeit an. Das erhöhe die Gefahr von Überschwemmungen und Sturmfluten, so die EEA. «Der Meeresspiegel wird weiter ansteigen, noch Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende weiter, nachdem sich die globalen Temperaturen stabilisieren», schrieben die Experten in ihrem Bericht.

«Die neue Normalität»

Wirksame Anpassungsmaßnahmen sowie verstärkte gesellschaftliche Vorsorgemaßnahmen könnten dazu beitragen, diese negativen Auswirkungen in Zukunft zu begrenzen oder zu verringern. Um die Klimarisiken in Europa anzugehen, müssen die EU und ihre Mitgliedstaaten laut der EEA-Bewertung zusammenarbeiten und auch die regionale und lokale Ebene einbeziehen. «Unsere neue Analyse zeigt, dass Europa mit dringenden Klimarisiken konfrontiert ist, die sich schneller entwickeln als unsere gesellschaftliche Vorsorge.», sagte Expertin Ylä-Mononen. «Dies ist also die neue Normalität. Und es sollte ein Weckruf sein, der letzte Weckruf.»

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder
Thomas Sylten 12.03.24 20:40
Noch etwas:
zunächst @SeeYou: Danke.

@Herrn Wirth:
Dass Sie aufgrund der kolportierten Ergebnisse der Polarstern-Expedition verwirrt sind, ist nachvollziehbar - allerdings lieferte die Polarstern-Crew (Scientists) die Erklärung gleich mit, die von den interessierten fake-Schleudern wohlweislich unterschlagen wird (und so auch für andere "wachsende" Gletscher wie den Perito Moreno in Patagonien gilt):

Die teils kilometerdicke Eismasse schmilzt langsam aber beharrlich - der gesamte Eiskörper wird dabei zunächst "weicher", sein enormes Gewicht führt dazu, dass er sich gleichsam selber breit quetscht: Der Eiskörper scheint zu wachsen, da er sich verbreitert und weiter ins Meer hinaus schiebt.
Tatsächlich verliert er dabei aber enorm an Stärke, bzw. Höhe - was man nur bei aufwendiger Dickenmessung bemerken kann und daher nicht so auffällt wie die augenfällige breitere Ausdehnung. Insgesamt verlieren also leider auch diese Gletscher an Masse - und zwar ebenfalls in stetig steigendem Maß. Leider kein Grund zur Beruhigung..

Der andere Mythos, dass die Alpen während Hannibals Feldzug eisfrei gewesen wären, ist natürlich ebenfalls leicht widerlegbar: Die Alpen waren seit den Eiszeiten nie völlig eisfrei. Aber Hannibal hat seinen Weg sicher nicht über die Gletscher gewählt, sondern tiefere, eisfreie Lagen und Pässe gewählt - dabei hat er meines Wissens nach aber sehr wohl auch Schneefelder gequert: Das war es ja, womit die Römer nicht gerechnet hatten..
SeeYou 12.03.24 17:40
@Hartmut Wirth
Auf Ihre Frage "Wem oder was soll man da folgen?": Also ich folge da mit Sicherheit der logischen und auf Fakten basierten Argumentation von Herrn Sylten anstatt irgendwelchen teilweise zurechtgebogenen Argumenten!
Thomas Sylten 12.03.24 17:20
@Hartmut W.
Natürlich gibt es natürliche Klimaschwankungen, seit es die Erde und ihre Atmosphäre gibt: Kein Widerspruch, volle Zustimmung.

Aber auch Sie wissen, dass die Menschheit neben Holz seit ca. 200 Jahren zunehmend - und zwar exponentiell zunehmend - nun auch Kohlenwasserstoffe wie Kohle, Öl und Gas verbrennt. Die Verbrennungsabgase reichern die Atmosphäre zusätzlich an - richtig?

Wenn sie so etwas in einem geschlossenen Raum tun, werden Sie die Folgen sehr bald unmittelbar spüren - dies ist eine häufige Unfall- und "beliebte" Selbsttötungsmethode.

Die Erdatmosphäre gilt zwar nicht als "geschlossener Raum", ist es aber in einem sehr viel größeren Maßstab sehr wohl, da es keinen Austausch mit außerirdischen Gasen gibt, die Frischluftzufuhr sich also auf interne Mechanismen beschränkt wie Photosynthese und natürliche CO2-Senken (z.B. Meere). All dies kann aber nicht verhindern, dass sich die Erdatmosphäre bei fortgesetzter Anreicherung (Verbrennung) mit diesen Gasen langsam aber stetig (und zunehmend schneller) füllt. Oder?

Was also veranlasst Sie zu der Hoffnung, 200 Jahre fortgesetzer zunehmender Anreicherung der Atmosphäre mit Abgasen würde zu KEINEN zusätzlichen Folgen führen, sondern sich weiterhin ausschließlich auf die natürlichen beschränken? Herr Lesch hat übrigens noch nie etwas anderes behauptet - er kann logisch denken und weiß, dass sich der natürliche Klimawandel mit dem menschengemachten addiert und ohne Reaktion bald zu katastrophalen Ergebnissen führt.
Hartmut Wirth 11.03.24 12:20
Klimakrise
Es gibt keinen Klimakrise:
Das Klima auf der Erde wird wärmer und hysterische Menschen bekommen eine Krise.
Dass das Klima schneller warm wird als vorher: es sind alles Rechenmodelle, die aufgrund von Wetteraufzeichnungen der letzten 200 Jahren beruhen. Und welche Daten da noch mit einfließen, wissen nur die sog. Klimawissenschaftler.
Seltsamerweise: die Polarsternexpedition letztes Jahr hat gezeigt: das Polareis nimmt zu!
Und: Als Hannibal mit seinen Legionen und Elefanten die Alpen überquerte, waren diese schnee- und eisfrei (es schmelzen gerade 2000 Jahre alte Gletscher ==> was war davor?)

Es gilt schon seit Jahren als wissenschaftlich erwiesen: in einer Eiszeit gibt es Wärme- und Kälteperioden (von Eiszeit spricht man, wenn es große Eisflächen auf der Erde gibt: Nord- und Südpol) und wir leben also in einer Eiszeit.
Genau so hat es der Physiker Prof. Dr. Harald Lesch vor Jahren beschrieben und wissenschaftlich erklärt, bevor er dann aufgrund political correctness eine 180° -Wendung vollzogen hat und jetzt genau das politisch Verlangte von sich gibt.

Wem und was soll man nun folgen?