Demonstration gegen Rassismus nach Gewalt gegen Migranten

Symbolfoto: Freepik
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LIMASSOL: Verletzte Menschen, Geschäfte in Trümmern: Rechtsextreme wüten gegen Migranten. Beobachter sprechen von «pogromartigen Zuständen». Am Tag danach gehen Hunderte Zyprer gegen den Rassismus auf die Straße.

Nach Attacken gegen Migranten und Flüchtlinge sind in der zyprischen Hafenstadt Limassol Hunderte Menschen gegen Rassismus auf die Straßen gegangen. «Zerschlagt den Faschismus - in Limassol und überall», skandierten die Demonstranten am Samstagabend. Die Demonstration verlief nach Angaben der Polizei friedlich, wie der zyprische Rundfunk (RIK) berichtete. Die Lage blieb am Sonntag angespannt. Die Polizei war im gesamten Stadtzentrum von Limassol präsent, wie Augenzeugen der Deutschen Presse-Agentur sagten.

Am Freitagabend hatte es in der Stadt nach einer Demonstration gegen Migranten schwere Ausschreitungen gegeben. Hunderte Vermummte beschädigten Geschäfte von Migranten und griffen die Menschen selbst an. Sie warfen Brandsätze und Steine und zündeten Mülltonnen an. Dabei skandierten sie rassistische Parolen. Die Polizei setzte Tränengas und einen Wasserwerfer ein, fünf Menschen wurden verletzt, es gab 13 Festnahmen. Bei den Vermummten soll es sich Medienberichten zufolge um Rechtsextreme gehandelt haben.

Bereits in den vergangenen Tagen war es zu Angriffen auf Migranten mit rassistischem Hintergrund in der zyprischen Kleinstadt Chloraka im Westen der Insel gekommen. Nach Angaben zyprischer Medien sollen Rechtsextreme weitere Demonstrationen für die nächsten Tage planen.

Der zyprische Präsident Nikos Christodoulidis berief am Samstag eine Dringlichkeitssitzung ein und sagte: «Ich schäme mich für das, was gestern stattfand». Dies gelte auch für diejenigen, die dafür verantwortlich sind, fügte er hinzu. Damit meinte er sowohl die Organisatoren der Demonstration als auch die Polizei und die zuständigen Minister, denen er vorhielt: «Es kann nicht sein, dass der Staat seine Bürger und Fremde nicht schützen kann.» Die Aussagen des sichtlich aufgeregten Präsidenten zeigte das zyprische Fernsehen.

Ein Journalist, der über die Ausschreitungen berichtete, sagte, die Vermummten hätten Ausländer angegriffen, die wiederum von anderen Zyprern Hilfe erhielten, um sich in Sicherheit zu bringen. «Die Polizei war nicht fähig, die Bürger und Journalisten zu schützen.» Auch ein TV-Team wurde von den Vermummten angegriffen. Zyprische Medien beklagten «pogromartige Zustände».

Laut zyprischem Innenministerium machen Flüchtlinge und Migranten mittlerweile sechs Prozent der Bevölkerung aus. Die kleine Inselrepublik verzeichnet außerdem gemessen an der Bevölkerungszahl mit Abstand die meisten Asylanträge pro Jahr in der EU. Die Flüchtlingslager sind überfüllt, vielerorts haben sich Ghettos gebildet, wo die Menschen in Armut leben. Diese Zustände dienen Ultrarechten als Anlass für die Ausschreitungen.

Zypern ist nach einem griechischen Putsch und einer türkischen Militärintervention seit 1974 geteilt. Die Republik Zypern ist seit 2004 Mitglied der EU. Das EU-Recht und Regelwerk gelten, so lange es keine Lösung für die Teilung gibt, nur im Südteil der Insel. Dort leben rund 900.000 Menschen, im Norden sind es rund 300.000. Zyprische Regierungen haben in den vergangenen Jahren immer wieder beklagt, dass Migranten aus der Türkei legal nach Nordzypern reisen und von dort über die grüne Grenze nach Südzypern und damit in die EU gelangen.

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