Eine rote Laterne, die absolut jugendfrei ist

​Mit den Tomaten verwandt - die meisten Arten stammen ebenfalls aus Südamerika

Die kleinen, feinen Früchtchen kommen liebevoll eingepackt von einem braunen  Deckblatt. Es sieht so aus, als seien sie sorgfältig von Hand eingepackt worden. Fotos: hf
Die kleinen, feinen Früchtchen kommen liebevoll eingepackt von einem braunen Deckblatt. Es sieht so aus, als seien sie sorgfältig von Hand eingepackt worden. Fotos: hf

Auf dem Weg von Pattaya nach Nong Khai kommen wir jeweils unweigerlich durch das Rotlichtviertel von Udon Thani. Und der dortige Aufenthalt zieht sich naturgemäß – oh diese Männer! – in die Länge, das dauert und dauert und will scheinbar gar nicht enden und dann ist es eben doch einfach…, irgendwann…, mal…, fertig: „Ah“, Mann ist erlöst!

Nun sind die Schirme grün, in der Erinnerung rot.
Nun sind die Schirme grün, in der Erinnerung rot.

Nein, entgegen dem ersten liederlichen Eindruck, dies ist eine hochanständige Kolumne, hier wird sicher nicht der Gärtner zum Bock gemacht: Beim erwähnten „Rotlichtviertel“ handelt es sich um die Umfahrung von Udon Thani, die eben vollgepackt ist mit Rotlichtern, ständig muss man warten, und wieder warten, es geht kurz vorwärts, dann stoppt es wieder, die sogenannte „Grüne Welle“ ist hier noch völlig unbekannt. Ich werde hier unter anderem von der Lampionblume berichten, es geht hier wie immer um Pflänzchen, nicht um kruden Sex oder „niedere Sinnlichkeit“, wie der interessante Vorgang in meiner Mittelschulzeit noch bieder und bürgerlich benamst wurde.

Die Lampionblume: Jugenderinnerung

Die Lampionblume (Physalis alkekengi) ist für mich eine Jugenderinnerung. Diese an einen knallroten Mini-Lampion erinnernde Zierpflanze wuchs im Garten meiner Gotte (Patin) in Winterthur, wo ich als kleiner Bub – zum Ärger meines Onkels Walti – schier endlos tiefe Löcher grub für die damals noch fast obligatorische Fahnenstange.

Ich habe erst beim Schreiben dieser Kolumne gemerkt, dass die Andenbeere, Andenkirsche oder auch Blasenkirsche in meinem Thai-Garten mit dieser Lampionblume verwandt ist: Beides sind sogenannte Physalis und gehören - wie die Tomaten - zu den Nachtschattengewächsen.

Ich kannte diese wohlschmeckenden kleinen Früchtchen, die die Natur liebevoll in braune Deckblätter einpackt, aus dem Supermarkt in der Schweiz. Die essbaren Physalis - ob die Früchte der dank Rhizom winterharten Lampionblume essbar sind oder nicht, da gehen die Meinungen auseinander – stammen allesamt aus Südamerika. Im vergangenen Sommer habe ich ein paar Früchte nach Pattaya mitgebracht und die vielen, feinen Sämlein in ein Treibbeet gesät. Doch herausgekommen ist dabei rein gar nichts.

Vielleicht waren sie schon vorher da?

Kleine, zarte Blüten bilden sich zunächst überall.
Kleine, zarte Blüten bilden sich zunächst überall.

Kürzlich habe ich - wie immer öfters - einige Garteninteressenten durch meinen Garten begleitet. Und diese Leute haben mich auf die Physalis peruviana (Andenbeere) erst so richtig aufmerksam gemacht. Gesehen hatte ich diese Pflänzchen mit den Lampenschirmen schon lange, aber einfach nicht kapiert, dass die mit den hübsch eingepackten Früchtchen identisch sind und verwandt mit meiner Jugenderinnerung. Entweder wurde aus meinen gesäten etwas, ohne dass ich es gemerkt habe, oder sie waren eben schon vorher da.

Zunächst kam meinem männlichen Gartenbesucher der Name der Pflanze nicht in den Sinn und er benutzte kurzerhand „Syphilis“ als Eselsbrücke.

Womit wir dann doch noch kurz beim Sex gelandet wären…

Seit ich diese eine Physalis gesehen habe, sehe ich sie übrigens überall im Garten. Wahrscheinlich mögen die Vöglein sie eben auch und fördern ihre Verbreitung.

„Shit happens“, sagt der Engländer, doch in diesem Fall ist der gar ein Segen.

Hans Fritschi, Jahrgang 1957, ist ehemaliger Journalist und Buchautor, er lebt seit 1991 in Thailand. Mehrere Monate des Jahres reist er in der Welt herum, den Rest verbringt der Hobbygärtner in Pattaya und Nong Khai. Falls Sie Fragen und Anregungen an unseren Gartenkolumnisten haben, oder seinen Garten mal anschauen möchten, schicken Sie ihm eine E-Mail: hansfritschi1957@gmail.com oder besuchen Sie seine Webseite: www.discovery-garden.net.

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