Arte analysiert das Phänomen Silicon Valley

Foto: epa/Facundo Arrizabalaga
Foto: epa/Facundo Arrizabalaga

BERLIN (dpa) - Zwei Dokumentationen bei Arte versuchen, dem Phänomen Silicon Valley und den Veränderungen durch die Digitalisierung auf den Grund zu gehen. Es gibt viel Technologie-Skepsis und einiges an Angstbildern - aber auch interessante Gesprächspartner.

Der Fernsehsender Arte will mit seinen Zuschauern fast drei Stunden lang die digitale Welt erforschen. Am Dienstag (3. Juli) ab 22.00 Uhr geht es zunächst ins «Silicon Valley - Wo die Zukunft gemacht wird», gefolgt von der stärker auf Deutschland fokussierten Dokumentation «Hysterie ums Netz». Beide Filme sind von Skepsis gegenüber amerikanischen Internetfirmen geprägt.

«Silicon Valley» beginnt mit Autos, die in Zeitlupe über die Autobahn rollen, gemischt mit Archivbildern aus der Produktion alter Mikrochips. Ziemlich schnell wird klar, dass es hier um harte Technologiekritik gehen wird. «Das Silicon Valley hat alle Bereiche der Wirtschaft erobert. Und Milliarden steuerfreier Gewinne sollen sein Monopol weiter stärken und die eigene Vision der Zukunft durchsetzen», lautet schon einer der ersten Sätze.

Weiter geht es mit der Warnung vor einer allumfassenden Überwachung: «Über unsere Smartphones haben uns die Technologie-Riesen rund um die Uhr im Blick. Die schöne neue Welt hat längst Einzug gehalten in unseren Alltag», heißt es mit Anspielung auf Aldous Huxley. Und die Unternehmen hätten zum Ziel, «die Kommunikation der Menschen zu filtern, organisieren, analysieren und monetarisieren». Das alles prasselt auf den Zuschauer so kategorisch wie unbelegt herunter.

Es sind die Gesprächspartner, die ein nuancierteres Bild vom Silicon Valley in die Dokumentation einbringen. Experten von dem kalifornischen Unis Stanford und Berkeley, der Autor und Internet-Unternehmer Tim O'Reilly, der Risikokapitalist Vivek Wadhwa. Über sie bekommt man am Ende doch noch einen Einblick in die Wurzeln und die Weltsicht der Menschen des Silicon Valley.

«Hysterie ums Netz» hat sich zum Ziel gesetzt, den Ängsten rund um die Digitalisierung auf den Grund zu gehen. Vorgestellt wird eine Familie, die ihren Haushalt großzügig mit vernetzter Technik vom Kühlschrank bis hin zum automatisierten Dachfenster ausgerüstet hat. Ob sie denn keine Angst hätten, dass sich jemand in ihr Haus hackt, werden sie gefragt - ironischerweise während sie ihre Privatsphäre für Kameras und Fernsehzuschauer aufgeben. Der Vater fühlt sich ausreichend sicher, die Mutter macht sich Sorgen. Ein Experte für IT-Sicherheit sagt, die Familie müsse ihren smarten Haushalt professioneller managen.

Die Fragen, die «Hysterie im Netz» aufwirft, gehen aber weit über das Einzelbeispiel mit dem vernetzten Haushalt hinaus. Warum hat sich Facebook so gründlich gegen lokale Konkurrenz durchsetzen können? Wie verändert die auf Daten basierte Wirtschaft die Gesellschaft? Ein prominenter Interview-Partner war der im Februar verstorbene Bürgerrechtler John Perry Barlow, der einst auf einem Weltwirtschaftsforum in Davos medienwirksam die Unabhängigkeit des Cyberspace verkündet hatte. Jetzt sagt er in der Dokumentation, er sei enttäuscht, wie wenig sich das Cyberspace selbst reguliert habe.

Auch hier sind es die Gesprächspartner, die zum Nachdenken anregen und den Blick für die vielen Facetten des Themas öffnen. Der deutsche Netzaktivist Markus Beckedahl mahnt mit Blick auf die Zukunft: «Wir sind noch nicht in der Lage abschätzen zu können, was mit diesen Daten angestellt werden kann.» Martin Haase von Chaos Computer Club erinnert daran, dass hinter Algorithmen immer Menschen steckten. Und der Digitalberater Benoit Thieulin erinnert Verbraucher daran, dass «ihre Konsumentscheidungen auch politische Entscheidungen sind», weil sie entweder amerikanische oder europäische Unternehmen unterstützen können. Die Digitalisierung hat das Leben schon verändert, jetzt müssen wir lernen, damit umzugehen, lautet das Fazit.

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