Die Faszination einer untergegangenen Welt

Doku «Native America»

Alan Salazar vom Stamm der Chumash-Indianer – ihre Vorfahren waren die ersten Siedler an der Küste Südkaliforniens - eine Szene aus Folge 1 der Dokumentation
Alan Salazar vom Stamm der Chumash-Indianer – ihre Vorfahren waren die ersten Siedler an der Küste Südkaliforniens - eine Szene aus Folge 1 der Dokumentation "Native America". Foto: -/Providence Pictures/Arte France/dpa

BERLIN (dpa) - Die Ankunft von Christoph Kolumbus in Amerika war nicht nur ein Neuanfang, sondern auch eine Götterdämmerung. Rund 100 Millionen Menschen lebten auf den zwei Kontinenten. Arte zeigt ihre Pionierleistungen.

Die Ankunft der Europäer in Amerika brachte bedeutenden Zivilisationen den Untergang. Schätzungen zufolge lebten vor 1492 rund 100 Millionen Menschen zwischen Alaska und Feuerland. Sie züchteten Pflanzen, die heute fast zwei Drittel der verzehrten Lebensmittel auf der Erde ausmachen. Manche lebten eine Demokratie schon, als die Leute in der Alten Welt noch unter Leibeigenschaft und tyrannischen Fürsten zu leiden hatten. Heute erinnern oft nur noch Ruinen an riesige Städte der Ureinwohner, in denen Astronomie, Mystik und Kultivierung des Erdbodens oft einhergingen. Arte zeigt in der vierteiligen Doku «Native America» am Samstag ab 20.15 Uhr, was für alte Errungenschaften den Kolonialherren zum Opfer fielen.

Beispiel Chaco: Im heutigen US-Bundesstaat New Mexico errichteten der Stamm der Hopi eine komplexe Steinstadt, ausgerichtet nach Sonne und Sternen. Von weit her kamen Besucher, um von diesen Indios mehr über Landwirtschaft und Wetter zu erfahren. «Chaco war ein Ort, an dem die Clans zusammenkamen, um ihr Wissen und ihre Weisheit als Hüter der Erde zu teilen», sagt Leigh Kuwanwisiwma, der regelmäßig dorthin pilgert, um eine Verbindung zu seinen Vorfahren zu finden.

Neue Ausgrabungen beweisen, wie wichtig dieser Ort einst war. Archäologin Patricia L. Crown untersuchte zylindrische Keramikgefäße, die entfernt an Blumenvasen erinnern. «Es schienen Trinkgefäße zu sein, aber ich war nicht genau sicher, was daraus getrunken wurde. Biochemische Untersuchungen ergaben jetzt: Die Indios tranken daraus Schokolade - die nächsten Kakaobäume wuchsen 800 Kilometer entfernt. Straßen, Brücken und soziale Vernetzung verbanden zwei Kontinente.

Auch anderenorts beeindrucken die Pionierleistungen der Indios. Sie legten die Sümpfe des Mississippi trocken und errichteten dort die größten Pyramiden der Welt. An den Hängen der Anden bewirtschafteten sie Felder und ernährten Millionen. Die amerikanischen Ureinwohner entwickelten eine Lebensweise, die eng mit der Erde, dem Himmel, dem Wasser und allen Lebewesen verbunden war. Sie beschäftigten sich sogar mit der Beeinflussung von Wind und Regen, heute hochaktuell.

Die Arte-Doku beschäftigt sich mit Felsmalereien im brasilianischen Amazonas-Regenwald, aber auch mit dem Grand Canyon, wo das Pueblo-Volk der Zuni seine Spuren hinterlassen hat. Weiter geht es zu Teotihuacáns Tempel der Gefiederten Schlange, der ein funkelndes kosmisches Sternenheiligtum birgt, bis an die südkalifornische Küste, wo die Chumash bis heute die flachen Kanus ihrer Urahnen nutzen. Wer diese Bilder gesehen hat, wird im Zusammenhang mit Christoph Kolumbus vielleicht nie mehr von der Entdeckung Amerikas sprechen. Vielmehr wird immer stärker offenbar, was die Eindringlinge alles zerstörten.

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