Zeitungen zum Geschehen am Samstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«NRC»: Tunesien-Deal schadet der EU

AMSTERDAM: Zum Migrations-Deal zwischen der EU und Tunesien meint die niederländische Zeitung «NRC» am Samstag:

«Die EU macht sich öfters die Hände schmutzig, und jeder Deal hat immer auch weniger gute Seiten. Auch der «Türkei-Deal» von 2015 hatte viele Mängel. Aber die Vereinbarungen mit Ankara waren viel detaillierter, beinhalteten Investitionen in die Aufnahme von Flüchtlingen und die Verpflichtung, dass die EU aktiv gefährdete Flüchtlinge in der Türkei abholen würde. Abgesehen von der Frage, inwieweit das funktioniert hat, gab es zumindest einen ernsthaften Versuch, nach universellen und europäischen Werten zu handeln.

Mit dem Tunesien-Deal hingegen wurde die Messlatte extrem niedrig gelegt, was viel über die Härte aussagt, die die EU-Länder in den letzten Jahren in Bezug auf Migranten und Flüchtlinge an den Tag gelegt haben. Der Deal sei kein Freibrief für Präsident Saied, klang es unmittelbar nach seinem Abschluss beschwichtigend. Das mag so sein, der tunesische Präsident verhält sich aber so - und liefert dafür fast täglich erschreckende Beweise. Das in Worthülsen und vage Formulierungen verpackte Abkommen mit Tunesien wird keine Lösung bringen und am Ende vor allem die EU als selbst ernanntem Leuchtturm der Zivilisation beschädigen.»


«De Standaard»: Tunesien muss Abschiebungen in die Wüste stoppen

BRÜSSEL: Zur Abschiebung von Flüchtlingen durch die Behörden in Tunesien meint die belgische Zeitung «De Standaard» am Samstag:

«Im vergangenen Monat hat Tunesien 1200 Migranten über die Grenzen zu Libyen und Algerien und damit in die Wüste abgeschoben. Rund 800 von ihnen werden noch vermisst. Mindestens 36 sind an den Folgen von Entbehrungen gestorben. Darunter auch Kinder und ein Neugeborenes.

Sicherlich könnte man erwarten, dass der Tod einer Mutter und eines Kindes und der von weiteren Menschen bei den europäischen Staats- und Regierungschefs mehr Aufmerksamkeit erregt. Wäre es nicht eine gute Idee, schnell eine weitere hochrangige Delegation nach Tunis zu schicken, um von Präsident Saied Garantien zu verlangen, dass keine Menschen mehr in den Tod geschickt werden? (...)

Solange unsere Politiker zu entscheidenden Fragen weiterhin Nebelschwaden verbreiten, werden viele Europäer von der beunruhigenden Möglichkeit heimgesucht werden, dass ihre Regierenden den Tod von Menschen in der Wüste als Kollateralschaden eines zynischen Pakts akzeptieren, der die Migration in die EU um jeden Preis stoppen soll.»


«The Guardian»: Ecowas vor großer Bewährungsprobe

LONDON: Zur Haltung der Mitgliedstaaten der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) gegenüber den Putschisten in Niger meint der Londoner «Guardian» am Samstag:

«Die Ecowas steht vor einer großen Bewährungsprobe. Die Organisation setzt sich seit langem für die Einhaltung demokratischer Normen in der Region ein. Ihre Rolle wird durch die Tatsache gestärkt, dass Nigeria, die regionale Supermacht, derzeit den Vorsitz innehat. Der neue nigerianische Präsident Bola Tinubu, der in seiner Jugend selbst durch einen Militärputsch ins Exil gezwungen wurde, hat die Reaktion auf den Putsch angeführt und erklärt, dass eine rote Linie gezogen werden muss. Unter Bola Tinubu hat sich die Ecowas an die Spitze der Versuche gestellt, die Putschisten zu vertreiben.

Diese starke regionale Reaktion ist bedeutsam. Sie ist auch der beste und wirksamste Weg, um die Putschisten zu besiegen und die Demokratie schnell wiederherzustellen. Dies sind dringende und wünschenswerte Ziele. In der Sahelzone findet ein Kampf der Prinzipien statt. Der Putsch muss gestoppt werden. Wohlweislich wollen weder die westlichen noch die regionalen Mächte eine Intervention unter westlicher Führung. Das heißt aber nicht, dass nichts getan werden kann.»


«NZZ»: Die CDU hat ihre Identität verloren

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» beschäftigt sich am Samstag mit dem Zustand der CDU:

«Die CDU hat ihre Identität verloren. Diese beruhte seit ihrer Gründung auf drei Standbeinen: dem christlich-sozialen, dem marktwirtschaftlich-reformorientierten und dem konservativen. Herz-Jesu-Marxisten, Neoliberale und Stahlhelm-Fraktion: Damit deckte die CDU einen großen Teil des Spektrums ab und war damit eine echte Volkspartei. Merkel allerdings vertrieb die Konservativen und ignorierte die Wirtschaftsliberalen. Das rächt sich heute. Um diese beiden Gruppen anzusprechen, wären Wirtschaftsreformen und Migration die Kernthemen. Doch in beiden Bereichen ist die CDU kaum noch handlungsfähig. (...)

Die Antworten der Ära Merkel sind überholt, das wird besonders in der Migrationspolitik und in Wirtschaftsfragen deutlich. Die Irrtümer der Vergangenheit aufzuwärmen, ist keine zukunftsweisende Strategie. Demokratie braucht Alternativen. Die Regierung ist nur denkbar, solange es Opposition gibt. Daher hat Merz inhaltlich völlig recht, wenn er die CDU als Alternative mit Substanz beschreibt. Das ist ihre Daseinsberechtigung. Sie darf sich nicht anbiedern, weder an die AfD noch an die Ampel-Koalition. Derzeit tut sie Letzteres und macht sich damit überflüssig.»

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