Zeitungen zum Geschehen am Dienstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Handelsblatt» zur China-Reise des Bundeskanzlers

Scholz wiederholt die Fehler seiner Vorgängerin Angela Merkel.

Statt für die gesamte deutsche Wirtschaft und Deutschland etwas zu erreichen, ließ sie sich zu sehr von Partikularinteressen großer Konzerne leiten. Dabei wäre genau jetzt die Zeit, ehrlich mit der chinesischen Führung umzugehen: Die chinesische Wirtschaft zeigt Schwächen, Peking ist auf die Zusammenarbeit mit Deutschland und Europa angewiesen. Doch der Kanzler agiert zu zurückhaltend. Damit verkauft er Deutschland und die Bedeutung des Landes für China unter Wert.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Xi Jinping und die Ukraine

China darf sich bislang zu den Gewinnern des Krieges gegen die Ukraine zählen.

Deshalb war nicht überraschend, dass Xi Jinping gegenüber Bundeskanzler Olaf Scholz zwar eine friedliche Lösung befürwortete und sich sogar in allgemeinen Worten positiv über eine in der Schweiz geplante Friedenskonferenz äußerte, aber nach wie vor nicht bereit ist, die Ursache des Übels beim Namen zu nennen oder Putin gar in den Arm zu fallen. Eine scheinbar unabhängige russische Kolonie "Ukraine" wäre eine "friedliche Lösung", die China gefallen könnte. Da Russland sich de facto zu einer Rohstoffkolonie Chinas entwickelt hat, bedeutete dies letztlich eine Erweiterung der eigenen Einflusssphäre. Deshalb wird man Xi Jinping schwer von diesem Weg abbringen können. Bekenntnisse zum freien Handel kommen ihm deshalb locker über die Lippen.


«DNA»: Trump pokert hoch

STRAßBURG: Die französische Zeitung «Les Dernières Nouvelles d'Alsace» kommentiert am Dienstag die juristischen Probleme des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump:

«Die Affäre geht weit über die Fälschung von Wahlkampfkonten hinaus, um eine ehebrecherische Beziehung mit einem Pornostar zu verbergen. (...) Die Verteidigungslinie des Milliardärs ist bekannt und immer dieselbe: Er spricht von einer politischen Intrige, einem Angriff auf Amerika (...). Aber auch wenn diese Rhetorik bei den fanatischsten Teilen seiner Basis immer noch ankommt, hat sie auch ihre Grenzen. Vor allem wird sie ihm vor Gericht nicht helfen.

Er wird den Prozess natürlich als Bühne nutzen. Dies ist jedoch ein zweischneidiges Schwert, da er wegen anderer, weitaus größerer Verbrechen angeklagt ist, darunter «Verschwörung gegen den Staat» wegen seiner Rolle bei der Erstürmung des Kapitols und versuchter Wahlmanipulation. Donald Trump, der seine ganze Energie und einen Großteil seines Vermögens darauf verwendet hatte, vor der Justiz zu fliehen, wurde schließlich von den Affären eingeholt.

Und er pokert hoch, das weiß er. Denn obwohl ihm seine Märtyrerpose während der Vorwahlen eindeutig geholfen hat, hätte eine Verurteilung einen verheerenden Effekt auf einen Großteil der republikanischen Wählerschaft. Diejenigen, die noch an die Justiz ihres Landes glauben.»


«NZZ»: USA lassen finanzpolitische Vernunft vermissen

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» kommentiert am Dienstag die steigende Staatsverschuldung der USA:

«Die USA lassen jede finanzpolitische Vernunft vermissen. Seit Jahren steigt die Staatsverschuldung, als gäbe es kein Morgen mehr. Letztmals verzeichnete die Regierung 2001 mehr Einnahmen als Aus­gaben. Seither dominiert in Washington das frivole Schuldenmachen - bei den Demokraten ebenso wie bei den Republikanern. Gründe finden sich immer: Finanzkrisen, Pandemien, Klimaschutz, Subventionen für «Zukunftsindustrien», Steuersenkungen. (.)

Einmal mehr zeigt sich: Die USA können noch so unvernünftig agieren, vom Markt bestraft werden sie kaum. Trotz einer Finanzpolitik, die alles andere als nachhaltig ist, werden die Schuldpapiere ohne Murren gekauft. Zwar muss die Regierung leicht höhere Zinsen zahlen, doch eine harte Bestrafung, wie sie jeder andere Staat für eine so ungezügelte Neuverschuldung erfahren würde, bleibt aus. Denn für viele Investoren sind US-Staatsanleihen alternativlos. Hinter den Papieren steht die globale Leitwährung und führende Wirtschaftsmacht. Daran führt kein Weg vorbei.»


«De Standaard»: Netanjahu pokert mit Loyalitäten

BRÜSSEL: Zur möglichen Reaktion Israels auf den iranischen Luftangriff meint die belgische Zeitung «De Standaard» am Dienstag:

«Der zerstörerische Krieg Israels gegen die Hamas im Gazastreifen hat die Freundschaft der benachbarten Verbündeten stark abkühlen lassen. Aber dieselben Länder betrachten den Iran immer noch als einen größeren Feind.

(Benjamin) Netanjahus Regierung pokert rücksichtslos mit Loyalitäten. Der israelische Ministerpräsident weiß, dass seine Nachbarn einen regionalen Krieg vermeiden wollen. Er weiß, dass Europa und sicherlich auch die USA Israel niemals die militärischen Mittel zur Selbstverteidigung verweigern werden. US-Präsident Joe Biden hat es so oft wiederholt: «Unsere Unterstützung für Israel ist unerschütterlich.»

Gleichzeitig warnt Biden Israel vor einem Gegenangriff auf den Iran. Aber was wird er tun, wenn Israel doch Bomber nach Teheran schickt? Die Unterstützung aufgeben? Er kann nicht einmal einen Waffenstillstand in Gaza erzwingen.»


«Tages-Anzeiger»: EU vor Scherbenhaufen ihrer Außenpolitik

ZÜRICH: Der Schweizer «Tages-Anzeiger» kommentiert am Dienstag die Haltung der EU gegenüber dem Iran:

«Der Iran ist dem Bau der Atombombe so nahe wie noch nie, unterstützt seit Jahren Terrorgruppen in Staaten rund um Israel und hat mit dem direkten Großangriff auf den Erzfeind jetzt eine neue rote Linie überschritten. (.)

Viel Handlungsspielraum bleibt nicht nach Jahren des Appeasement, einer mehr oder weniger intensiven Strategie der Befriedung gegenüber Teheran. Die Europäer stehen einmal mehr vor einem Scherbenhaufen ihrer außenpolitischen Ambitionen. (.)

Nicht nur hat das Regime in Teheran die gefährliche Waffe in Griffweite. Die mächtigen Revolutionsgarden haben die Zeit genutzt, um die Achse von Israels Feinden hochzurüsten. Angefangen von den Hisbollah-Milizen im Libanon über die Statthalter im Jemen, in Syrien und dem Irak bis hin zu den Hamas-Terroristen im Gazastreifen. Jetzt bleibt der EU nicht mehr viel übrig, als ohnmächtig vor dem Eskalationspotenzial zu warnen.»


«The Guardian»: Eskalation muss vermieden werden

LONDON: Der Londoner «Guardian» warnt am Dienstag vor einer Eskalation des Konflikts zwischen Israel und dem Iran:

«Die Falle, in die Israels Führung nicht tappen darf, besteht darin, zu glauben, dass ein Krieg mit dem Iran unvermeidlich sei und es viel kostspieliger sein würde, diesen Kampf hinauszuzögern, wenn das überhaupt noch möglich sein sollte. Teheran hat bereits erklärt, dass es zu einer Eskalation bereit sei, falls Israel tatsächlich Vergeltung üben sollte. Israel könnte dann wiederum zurückschlagen. Es besteht die Gefahr, dass jede Seite die andere falsch einschätzt und ein Krieg dadurch unvermeidlich wird.

Israel ist ein nicht deklarierter Atomwaffenstaat. Der Iran ist nicht mehr an ein Atomabkommen gebunden, nachdem Donald Trump rücksichtslos aus dem Vertrag ausgestiegen ist. Das Scheitern eines neuen Abkommens hat dazu geführt, dass der Iran ziemlich nahe daran ist, über genügend waffenfähiges Uran für Atomwaffen zu verfügen. (.)

Als Reaktion auf den iranischen Angriff gezielt iranische Atomanlagen anzugreifen, wäre eine unverantwortliche Eskalation. Krieg zu führen, um Frieden zu wahren, ist im Allgemeinen keine gute Strategie. Die tödliche Rivalität zwischen dem Iran und Israel hat einen ideologischen Aspekt, der üblicherweise das Urteilsvermögen trübt. Die beiden Nationen müssen davon abgehalten werden, einen Flächenbrand zu entfachen, der die gesamte Region verschlingt.»


«Wall Street Journal»: Lektionen aus Israels Luftabwehr

NEW YORK: Das israelische Luftverteidigungssystem hat die mehr als 300 Kampfdrohnen, Raketen und Marschflugkörper des Irans am Wochenende fast vollständig abgewehrt. Dazu schreibt das «Wall Street Journal» am Dienstag:

«Hätten die mehr als 300 Drohnen, ballistischen Raketen und Marschflugkörper ihre Ziele erreicht, hätte (US-Präsident Joe) Biden nicht sagen können, was er (Israels) Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Samstagnacht sagte: «Gib dich mit dem Sieg zufrieden». Die vielen Opfer hätten eine großangelegte militärische Eskalation geradezu garantiert.

Der Schlagabtausch vom Wochenende zeigt, dass Israels Verteidigungsfähigkeit der des Irans weit überlegen ist - zumindest im Moment. Aber Feinde stehen niemals still, und die Gegner des Westens passen ihre Methoden und Technologien an, um die Luftabwehr zu überwinden.

Eine Bedrohung ist die Überwältigung der Abwehrsysteme durch die schiere Anzahl. Israel hat sich gegen den Großangriff von Samstag gut behauptet, aber es hatte die Hilfe der USA und anderer. (...) Es stellt sich auch die Frage nach asymmetrischen Kosten. Drohnen sind günstig in der Herstellung und leicht zu transportieren, aber es kann teuer werden, sie abzuschießen. (...) Die Ereignisse von Samstagabend sind eine Lektion darüber, warum den USA daran gelegen ist, niemals zu wenig Munition zu ihrer Verteidigung zu haben.»


«La Vanguardia»: Der Mann mit den 91 Anklagepunkten

BARCELONA: Die spanische Zeitung «La Vanguardia» kommentiert am Dienstag die juristischen Probleme des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump:

«Wer bei der Wahl im November für Donald Trump stimmt, weiß ganz genau, wem er die Regierung der mächtigsten Nation der Welt anvertrauen wird. Im Jahr 2016 mag es Zweifel an seinen Fähigkeiten und vor allem an seiner Ehrlichkeit gegeben haben, (...) aber jetzt, im Jahr 2024, ist der republikanische Kandidat in vier Verfahren mit 91 Anklagepunkten konfrontiert. Der erste Prozess, in dem ihm die Bestechung einer Pornodarstellerin vorgeworfen wird, begann gestern in New York. Trump droht eine 20-jährige Haftstrafe, die ihn jedoch nicht daran hindern würde, bei der Präsidentschaftswahl anzutreten und diese zu gewinnen. Es wäre ein einmaliger Fall in der Geschichte: ein Kandidat im Gefängnis, der um die Erlaubnis bitten muss, an Kundgebungen teilzunehmen. Die US-Verfassung lässt dies zu.

Und genau das ist der springende Punkt. Millionen von US-Bürgern werden für Trump stimmen, trotz der 91 Vorwürfe gegen ihn. (...) Es ist ihnen egal, was er getan hat oder was er in Zukunft tun könnte. (...) Wenn der republikanische Kandidat gewinnt, ist es gut möglich, dass er per Dekret alle Anschuldigungen gegen sich fallen lässt. Eine Selbstamnestie sozusagen. Das Problem ist, dass er für den Fall einer Niederlage bereits deutlich gemacht hat, er werde seine Anhänger gegen Biden aufbringen, wie er es bei dem berühmten Protest vor dem Kapitol im Januar 2021 getan hat.»

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