Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Montag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Sekundärsanktionen

Die EU-Kommission schlägt neue Sanktionen gegen eine Reihe von Firmen aus Drittstaaten vor, die im Verdacht stehen, Russlands Krieg in der Ukraine zu unterstützen.

Mit solchen sogenannten Sekundärsanktionen arbeiteten bisher vor allem die Vereinigten Staaten. Soweit sie europäische Firmen betrafen, betrachtete die EU sie sogar als völkerrechtswidrig. Putin erzwingt nun auch hier eine realpolitische Neuausrichtung. Zwei Länder stechen auf der Brüsseler Liste hervor: China, der größte Handelspartner der EU, und die Türkei, ein NATO-Mitglied. In beiden Fällen dürfte die Verhängung von Sekundärsanktionen nicht ohne (handels)politischen Flurschaden abgehen. Die Regierung in Peking hat die Europäer schon öffentlich vor diesem Schritt gewarnt (...). Auch das schwierige Verhältnis zu Ankara würde (...) nicht einfacher (...).


«Frankfurter Rundschau» zu Rückkehr Syriens in die Arabische Liga

Er ist gekommen, um zu bleiben.

So lange, bis seine Nachbarländer ihn wieder als hoffähig betrachten. Der brutale Diktator Baschar al-Assad wurde rehabilitiert. Nach mehr als einem Jahrzehnt blutigen Bürgerkriegs nimmt die Arabische Liga Syrien wieder auf. Sie arrangiert sich lieber mit Assad, statt das Risiko einer regionalen Instabilität einzugehen. Dank der Hilfe seiner Verbündeten Russland und Iran hat Assad es geschafft, sich mit Gewalt an der Macht zu halten. Auf Kosten von Tausenden von Toten und von Millionen von Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten. (...) Die Normalisierung der Beziehungen zu Syrien ist aus Sicht der arabischen Länder unerlässlich. Sie heiligt offenbar die Mittel und dient dazu, dem Westen ein Signal zu senden. Die Arabische Liga begeht jedoch einen riesigen Fehler. Sie unterstützt ein mörderisches Regime und befindet sich somit auf der falschen Seite der Geschichte.


«Handelsblatt» zu Beitragsbemessungs- und Versicherungspflichtgrenze

Die Vor- und Nachteile der privaten Krankenversicherung werden seit Jahrzehnten diskutiert, und nun regieren zwei Parteien, die das System am liebsten abschaffen würden - zugunsten einer Bürgerversicherung, in die alle einzahlen.

Auch Spitzenverdiener, Beamte und Selbstständige. Eigentlich hatten SPD und Grüne diese Pläne im Hinblick auf eine Koalition mit der FDP zurückgestellt. Das war der Preis für die Macht und dafür, dass Olaf Scholz Kanzler wurde. Wohl kaum hätten sich die Liberalen darauf eingelassen, die privaten Krankenkassen abzuschaffen. Deswegen versuchen es SPD und Grüne jetzt durch die Hintertür, nämlich über eine saftige Anhebung der Beitragsbemessungs- und Versicherungspflichtgrenze bis auf das Niveau der Rentenversicherung. Viele Angestellte wären dann nicht mehr reich genug, um die gesetzliche Krankenversicherung zu verlassen. Und sie müssten bei höheren Einkommen auch deutlich höhere Beiträge zahlen. Die private Krankenversicherung müsste bluten, damit die ständig defizitäre gesetzliche Krankenversicherung besser finanziert ist.


«Stuttgarter Zeitung» zu Flüchtlingen/Finanzierung

Alles erscheint wie ein großes Déjà-vu, das an die schwierigste Zeit der letzten Kanzlerin erinnert.

Das gilt auch für die Forderungen, die erneut diskutiert werden. Die Union redet wieder über «Obergrenzen» wie ehedem Faesers Vorgänger, der CSU-Innenminister Horst Seehofer. Das Grundrecht auf Asyl und die einschlägigen völkerrechtlichen Verpflichtungen zum Flüchtlingsschutz kennen keine Obergrenze der Hilfsbereitschaft - faktisch gibt es diese aber durchaus: Die Kapazitäten bei der Unterbringung und Versorgung immer neuer Menschen lassen sich nicht grenzenlos erweitern. Das ist auch keineswegs nur eine Frage der finanziellen Großzügigkeit. Schon jetzt gibt der Staat für Flüchtlinge jährlich mehr als doppelt so viel aus, wie sich die Grünen für ihre Kindergrundsicherung erhoffen. Insofern haben Länder und Kommunen recht, wenn sie auf mehr Geld vom Bund pochen - sich damit allein aber nicht abspeisen lassen wollen.


«Toronto Star»: Charles muss Existenzkrise der Monarchie angehen

TORONTO: Der britische König Charles III. steht nach seiner Krönung vor großen Herausforderungen und hat nur begrenzte Zeit zur Verfügung, schreibt die kanadische Zeitung «Toronto Star»:

«Die Herausforderungen, denen sich Charles III. nach der ersten Krönung eines britischen Monarchen seit 70 Jahren gegenübersieht, sind gewaltig. Die Institution muss mit einer zunehmenden Existenzkrise fertig werden. Die Untertanen bringen ihre Verachtung für die Sünden des Empires oder, was vielleicht tödlicher ist, Gleichgültigkeit gegenüber allem zum Ausdruck. Das Commonwealth ist unruhig, die früheren Kolonien fordern Entschuldigungen, Wiedergutmachungen oder ein neues Modell der Monarchie.

Mit dem in Ungnade gefallenen Bruder Prinz Andrew und dem entfremdeten Sohn Prinz Harry ist das Haus Windsor selbst verunsichert und ist von Natur aus anfällig für selbst zugefügte Wunden. Um das alles anzugehen, hat der 74 Jahre alte neue König mit Königin Camilla nur begrenzte Zeit. Vielleicht war es Prinz William, der an seinem 21. Geburtstag auf die Aufgabe deutete, vor der sein Vater steht. «Es ist wichtig, dass die Menschen das Gefühl haben, dass die Monarchie mit ihnen Schritt halten kann und für ihr Leben relevant ist», sagte William. Eine Herausforderung, die weiter Bestand hat und wächst.»


«NZZ»: USA und EU gehören zu Verlierern der Rückkehr Assads

ZÜRICH: Zur Wiederaufnahme Syriens in die Arabische Liga schreibt die «Neue Zürcher Zeitung» am Montag:

«Dass die arabisch-syrische Détente nun endgültig Fahrt aufnimmt, hängt auch mit der veränderten Großwetterlage in der Region zusammen. So vereinbarten die ehemaligen Erzfeinde Iran und Saudi-Arabien nach Jahren des kalten Krieges kürzlich die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen. Assad profitiert von dieser Neuausrichtung. (...)

Zu den Verlierern der Rückkehr Assads gehören neben den versprengten Resten der syrischen Opposition vor allem Amerikaner und Europäer. Jahrelang hatte der Westen versucht, das Assad-Regime zu isolieren und so in die Knie zu zwingen. Dieses Ansinnen ist nun endgültig gescheitert.

Zwar bekräftigte Washington, auch weiterhin an den Sanktionen gegen Syrien festhalten zu wollen. Allerdings sind die Zeiten, in denen die Araber Gewehr bei Fuß standen, sobald der Westen rief, vorbei. So weigerten sich die Golfstaaten im letzten Jahr, ihre Beziehungen zu Russland abzubrechen, und pflegen vermehrt enge Beziehungen zu China. Assads Heimkehr nach Arabien zeigt nun einmal mehr, wie sehr sich die Verhältnisse im Nahen Osten gewandelt haben.»


«The Times»: Offene Fragen nach der Krönung

LONDON: Nach seiner Krönung stehe König Charles III. nun vor großen Herausforderungen, meint die Londoner «Times» am Montag:

«Während der Jubel verhallt und die Straßensperren weggeräumt werden, müssen nun Antworten auf die noch offenen Fragen gefunden werden. Wie wird der neue König die Protokolle und Konventionen der heutigen Monarchie verändern? Wie kann seine Rolle die Werte einer modernen Demokratie verkörpern? Wie kann das Gleichgewicht zwischen der Ausübung der Macht durch Regierung und Parlament und der Ausübung der Souveränität durch Charles III. aussehen?

Der König ist ein Mann mit Überzeugungen. Die Anliegen, für die er sich als Prinz von Wales lange Zeit eingesetzt hat, sprechen die heutige Generation in Großbritannien, ja in der ganzen westlichen Welt, ganz besonders an: die Umwelt, die nachhaltige Landwirtschaft, die Künste, die Architektur nach menschlichem Maß und die Ausweitung der Möglichkeiten und des Mitgefühls auf alle, insbesondere auch auf ehemalige Häftlinge und Menschen aus benachteiligten Verhältnissen. (...) Das alles sind langfristige Themen, doch für einen König, der es eilig hat, sollte der Wandel jetzt beginnen.»


«El País»: Charles muss noch viel Überzeugungsarbeit leisten

MADRID: Zur Krönung von König Charles III. schreibt die spanische Zeitung «El País» am Montag:

«Die britischen Institutionen haben hart daran gearbeitet, der Krönungszeremonie von Charles III. und Königin Camilla den gleichen Prunk, die gleiche Pracht und die gleiche Liturgie zu verleihen, die die Krönung von Elizabeth II. vor 70 Jahren hatte. Es gab sogar Rituale aus dem Mittelalter. Die Kameras der BBC waren wieder einmal das Hauptinstrument dafür. Es wurde ein Bild des Jubels und der Harmonie vermittelt, in dem kein Platz für die Protestkundgebungen einer bedeutenden Minderheit war, und auch nicht für die Gleichgültigkeit eines großen Teils der Bürger. (...)

Charles III. wird eine Strategie entwickeln müssen, um vor allem die jüngeren Generationen von der Nützlichkeit der Monarchie zu überzeugen (...) Zumindest hat seine Krönung rund 20 Millionen Briten und auch einen Teil der übrigen Welt begeistern können. Der britische Monarch ist sich jedoch darüber im Klaren, dass das «God Save The King», das die Gäste der Zeremonie am Samstag riefen, im Rest des Landes nicht so laut und überzeugend zu vernehmen war.»

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