US-Senator Schumer fordert Neuwahl in Israel

Mehrheitsführer im Senat Chuck Schumer (C). Foto: epa/Shawn Thew
Mehrheitsführer im Senat Chuck Schumer (C). Foto: epa/Shawn Thew

WASHINGTON: Nach und nach verschärft die US-Regierung die Tonlage gegenüber Israels Ministerpräsident Netanjahu. Nun holt eines der ranghöchsten Kongressmitglieder zum Rundumschlag gegen ihn aus.

Der einflussreiche demokratische Mehrheitsführer im US-Senat, Chuck Schumer, hat Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu scharf kritisiert und Neuwahlen in dem Land gefordert. Er glaube, «dass Premierminister Netanjahu vom Weg abgekommen ist, indem er sein politisches Überleben über die besten Interessen Israels gestellt hat», sagte Schumer, der selbst jüdisch ist und sich als eisernen Unterstützer Israels bezeichnete, am Donnerstag im US-Senat in Washington. Netanjahu habe sich in eine Koalition mit Rechtsextremisten begeben und sei infolgedessen «zu sehr bereit, die zivilen Opfer im Gazastreifen zu tolerieren». Dies lasse die Unterstützung für Israel weltweit auf einen historischen Tiefstand fallen. Israel könne aber nicht überleben, wenn es zu einem «Paria» werde.

«Ich glaube, dass Neuwahlen der einzige Weg sind, um einen gesunden und offenen Entscheidungsprozess über die Zukunft Israels zu ermöglichen, in einer Zeit, in der so viele Israelis ihr Vertrauen in die Vision und die Richtung ihrer Regierung verloren haben», sagte Schumer weiter. «Die Netanjahu-Koalition passt nicht mehr zu den Bedürfnissen Israels nach dem 7. Oktober. Die Welt hat sich seither radikal verändert.» Die Vision der aktuellen Regierung sei in der Vergangenheit verhaftet. Als Demokratie müsse Israel seine eigene Führung selbst auswählen. «Das Wichtigste ist jedoch, dass die Israelis eine Wahl haben.»

Netanjahus koservative Likud-Partei kritisierte Schumers Äußerungen scharf. «Israel ist keine Bananenrepublik, sondern eine unabhängige und stolze Demokratie», hieß es in einer Erklärung der Partei. Der Regierungschef sei gewählt worden, seine «entschlossene Politik» werde von einer großen Mehrheit unterstützt. Laut aktuellen Umfragen müsste Netanjahus rechtsreligiöse Koalition bei einer Neuwahl allerdings mit massiven Verlusten rechnen.

Schumer beklagte weiterhin, Netanjahu stehe dem Frieden im Weg - unter anderem durch seine Ablehnung einer Zweistaatenlösung. Netanjahus Likud-Partei betonte, die israelische Öffentlichkeit lehne eine internationale Anordnung zur Errichtung eines Palästinenserstaats ab.

Der US-Demokrat Schumer kritisierte zugleich, weitere Hindernisse für Frieden seien radikale Rechte in der israelischen Regierung und Gesellschaft, die islamistische Hamas und der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas.

Israels Oppositionsführer Jair Lapid sagte, Schumers Rede zeige, dass Netanjahu die wichtigsten Unterstützer Israels in den USA einen nach dem anderen verliere.

Angesichts der schlimmen humanitären Lage und der vielen zivilen Opfer gibt es inzwischen aus vielen Ländern Kritik am Vorgehen des israelischen Militärs. Auch US-Präsident Joe Biden und andere hochrangige Vertreter seiner Regierung haben ihre Tonlage gegenüber der israelischen Führung zuletzt deutlich verschärft.

Auslöser des Gaza-Krieges war ein beispielloses Massaker, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober im Süden Israels verübt hatten.

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Ingo Kerp 15.03.24 19:00
Während Netanjahu die Realität negiert, wendet sich sogar der jüdisch-gläubige Schumer gegen ihn. Fraglich, ob Netanjahu nach dem Krieg noch im Land bleiben kann.