Urteil in Prozess zu Lkw-Terroranschlag erwartet

Gerichtsverfahren wegen des Terroranschlags von Nizza im Juli 2016. Foto: epa/Sebastien Nogier
Gerichtsverfahren wegen des Terroranschlags von Nizza im Juli 2016. Foto: epa/Sebastien Nogier

PARIS: Mitten bei den Feiern zum Nationalfeiertag werden im südfranzösischen Nizza 86 Menschen bei einem Terroranschlag in den Tod gerissen. Der Täter wird erschossen, doch acht mutmaßliche Unterstützer kommen vor Gericht. Nun müssen sie mit einem Urteil rechnen.

Sechseinhalb Jahre nach dem wohl islamistisch motivierten Terroranschlag in Nizza mit 86 Toten sollen in Paris die Urteile gegen mutmaßliche Unterstützer des Attentäters fallen. Ihnen wird vorgeworfen, Mitglied in einer terroristischen Vereinigung gewesen zu sein beziehungsweise bei der Waffenbeschaffung geholfen zu haben. Die Staatsanwaltschaft fordert für die sieben angeklagten Männer und die angeklagte Frau Haftstrafen zwischen 2 und 15 Jahren sowie teils Landesverweise.

Am 14. Juli 2016, dem französischen Nationalfeiertag, war der Tunesier Mohamed Lahouaiej Bouhlel auf der Flaniermeile Promenade des Anglais in Nizza mit einem tonnenschweren Lastwagen in eine Menschenmenge gerast. Er schoss auch auf Menschen. Letztlich gab es 86 Todesopfer, darunter zwei Schülerinnen und eine Lehrerin aus Berlin. Mehr als 200 Menschen wurden verletzt. Der Gewalttäter wurde nach der Tat erschossen. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich. Laut Staatsanwaltschaft war dieses angebliche Bekenntnis trotz der Radikalisierung des Täters reiner Opportunismus, eine Verbindung zum IS habe es nicht gegeben.

Seit September rollte ein Spezialgericht in Paris den Anschlag in Nizza auf. Mehr als 2000 Angehörige und Opfer traten als Nebenklägerinnen und Nebenkläger auf. Über vier Wochen hinweg berichteten sie vor Gericht von ihren Erinnerungen an die Attacke und von den Spuren, die der Terrorakt bei ihnen hinterlassen hat.

Obwohl der Attentäter damals von der Polizei getötet wurde, waren die Vorbereitung seiner Tat sowie seine Gesinnung wesentlicher Bestandteil des Prozesses. Die Staatsanwaltschaft kam zu dem Schluss, dass der Mann über weitaus mehr als bloße Neugier für den IS verfügte. Er habe sich zahlreiche Köpfungsvideos der Terrormiliz angesehen, intensivste - irgendwann tägliche - Recherchen betrieben etwa zum Geschehen in Syrien und dem Irak, zu Terroraufrufen, zum IS und zu Al-Kaida wie auch zum Aufputschmittel Captagon, das als «Dschihadisten-Droge» gilt. «Der Täter wollte (dem Anschlag) sehr eindeutig eine dschihadistische Dimension geben», hieß es im Schlussplädoyer der Anklage.

Zwei der acht Angeklagten wirft die Staatsanwaltschaft Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor. Die beiden engen Bekannten des Attentäters hätten um dessen Ideologie gewusst und diese zumindest ansatzweise geteilt. Sie seien sich zudem im Klaren gewesen, dass ihr Bekannter in der Lage sei, einen Anschlag zu begehen. Beide Männer sollen auch in die Suche nach einer Waffe eingebunden gewesen sein.

Für einen dritten Beschuldigten forderte die Staatsanwaltschaft anders als in der Anklageschrift keine Strafe wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Abgesehen von der Suche nach einer Waffe habe es keine Beziehung zum Täter gegeben. Der Mann, der dem Attentäter die beim Anschlag benutzte Pistole besorgte, soll laut Staatsanwaltschaft aber ebenso wie die beiden Bekannten 15 Jahre in Haft. Er habe die schlimmste Tat begangen, um die es im Prozess gehe, hieß es im Schlussplädoyer der Anklage.

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