Ende der Mission in Mali auf dem Weg

Der Alltag in Bamako. Foto: epa/Mohamed Messara
Der Alltag in Bamako. Foto: epa/Mohamed Messara

BAMAKO/NEW YORK: Rund 12.000 UN-Blauhelme sollen das von Islamisten heimgesuchte Mali stabilisieren, auch die Bundeswehr ist dabei. Doch die Junta in dem westafrikanischen Krisenstaat will die UN-Soldaten loswerden - und hat das mit dem Sicherheitsrat nun auf den Weg gebracht.

Der UN-Sicherheitsrat hat ein Ende der Friedensmission im westafrikanischen Mali, an der auch die Bundeswehr beteiligt ist, auf den Weg gebracht. Die seit 2013 bestehende Mission solle nach einer Übergangsfrist von sechs Monaten zum Jahresende beendet werden, entschied der Rat per einstimmig verabschiedeter Resolution am Freitag in New York. Das Mandat der Mission Minusma war am Freitag ausgelaufen und wurde durch die Resolution nun nur noch einmal um sechs Monate mit einem Abwicklungsmandat verlängert.

Das Ende von Minusma sei eine «bittere Nachricht für die Menschen in Mali, denen die Mission Schutz und Hoffnung gab», kommentierte Außenministerin Annalena Baerbock auf Twitter. «Die Bundeswehr wird nun beschleunigt und geordnet abziehen.»

Überraschend kam das Ende nicht. Malis Militärregierung selbst hatte Mitte Juni den Abzug aller rund 12.000 UN-Friedenssoldaten gefordert. Deutschland, das schon zuvor ein Ende der Beteiligung an dem Einsatz beschlossen hatte, wollte seine noch etwa 1100 Soldatinnen und Soldaten nach bisherigen Plänen bis zum 31. Mai 2024 abziehen. Zuletzt war es zunehmend zu Streit mit Malis Militärregierung gekommen, etwa über Flugrechte für Überwachungsdrohnen.

Die UN-Mission zur Stabilisierung von Mali läuft seit 2013. Sie wurde ins Leben gerufen, nachdem islamistische Terroristen in Folge des Zusammenbruchs des angrenzenden Libyen und einer Rebellion der nomadischen Tuareg 2012 den Norden des Landes überrannt hatten. Eine Militärintervention der früheren Kolonialmacht Frankreich drängte die teils mit den Terrormilizen IS und Al-Kaida verbündeten Islamisten nur vorübergehend zurück. Die Terrorgruppen breiten sich seitdem im Norden und Zentrum Malis und in seinen Nachbarstaaten aus.

Das Militär übernahm 2020 und 2021 in zwei Putschen die Macht in dem Sahelstaat mit rund 23 Millionen Einwohnern und wandte sich Russland zu, von dem es sich robustere Hilfe gegen die Islamisten versprach. Während die Militärjunta nur von Ausbildern spricht, sind Schätzungen zufolge bis zu 2000 russische Wagner-Söldner im Land aktiv. Frankreich beendete daraufhin seinen Militäreinsatz.

UN-Generalsekretär António Guterres forderte alle Beteiligten auf sicherzustellen, dass der Abzug «geordnet und sicher» ablaufen könne. Die Frist und die reduzierte finanzielle Ausstattung des Abzugs vergrößere dessen «Komplexitäten und Risiken», warnte der UN-Chef. Er bedankte sich zudem bei allen Minusma-Beteiligten und erinnerte auch an die 309 Teilnehmer, die im Zuge der Mission ihr Leben verloren.

Die malische Seite sei nun in der Pflicht, einen «reibungslosen und sicheren Abzug» zu ermöglichen, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, Marie-Agnes Strack-Zimmermann der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums sagte der dpa, die Rückverlegung des deutschen Kontingents laufe bereits seit Anfang Juni. «Wir werden jetzt prüfen, welche Auswirkungen die heutige Entscheidung auf unsere bisherige Planung hat.»

Zahlreiche Vertreter von Mitgliedstaaten drückten nach der Abstimmung im Sicherheitsrat ihr Bedauern über das Ende der Mission aus. Die Situation in Mali stelle «weiterhin eine Bedrohung für den internationalen Frieden» dar, hieß es in der Resolution. Der Vertreter Malis bei den Vereinten Nationen, Issa Konfourou, betonte, dass sein Land mit den UN zusammenarbeiten und die Umsetzung der Resolution überwachen werde. Mali habe eine «unabhängige Entscheidung» getroffen, sagte die stellvertretende russische UN-Botschafterin Anna Jewstignejewa.

Die Vereinten Nationen sind bei Friedensmissionen auf das Einverständnis des jeweiligen Landes angewiesen. Typischerweise wurden Friedensmissionen in der Geschichte der UN in Übereinstimmung mit der Regierung des Einsatzlandes beendet, wenn sie dort nicht mehr gebraucht wurden, weil das Ziel ihres Einsatzes erreicht wurde.

Malis Militärjunta unter Oberst Assimi Goïta hatte die Forderung nach sofortigem Abzug aller UN-Blauhelme damit begründet, dass der Einsatz keinen Sinn mehr ergebe. «Es ist unmöglich, den Frieden zu wahren in einer Situation, in der es keinen Frieden zu wahren gibt», hieß es in einer Mitteilung Mitte Juni. Die UN-Mission habe ihr Mandat zur Unterstützung der malischen Autoritäten ins Gegenteil verkehrt. Außenminister Abdoulaye Diop beschuldigte die Blauhelme, «Teil des Problems» geworden zu sein.

Die Sicherheitslage werde sich nun wohl verschlechtern, sagte Ulf Laessing, Regionalbüroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Mali, der dpa. «Die Blauhelm-Mission wurde viel kritisiert, hielt aber die Konfliktregionen im Norden und Zentrum etwas zusammen und ersetzte mit Hilfsprogrammen einen häufig nicht vorhandenen Staat.» Die Bundeswehr müsse sich jetzt mit dem Abzug beeilen, solange die Lage im Land noch einigermaßen sicher sei.

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Ingo Kerp 01.07.23 11:50
Da wird man sicherlich bald von der malischen Militärjunta wieder hoeren, wenn diese um Spendengelder bittend, wieder an westl. Türen klopft.