Ukraine-Krise: Aktuelles Geschehen am Freitag

Foto: epa/dpa Fotomontage
Foto: epa/dpa Fotomontage

Ukrainische Truppen erhalten Ruhephasen vom Frontalltag

KIEW: Ungeachtet des massiven Drucks der russischen Streitkräfte auf die Frontlinien in der Ukraine haben die ukrainischen Militärs Wege gefunden, ihren Soldaten Möglichkeiten zur Entspannung zu bieten. «Die geplante Rotation der Einheiten, die seit Beginn der umfassenden Invasion in den Kampfgebieten im Einsatz sind, geht weiter», teilte der Generalstab in Kiew am Freitagabend auf Facebook mit. Es seien Möglichkeiten gefunden worden, abwechselnd Brigaden von den Fronten abzuziehen und ihnen Ruhepause zu gönnen.

Neu an die Fronten befohlene Einheiten seien mit Reservisten aufgefüllt und verstärkt worden. «Dieser Prozess wird fortgesetzt», hieß es. Viele ukrainische Soldaten hatten fast zwei Jahre ohne Pause an den Fronten gekämpft. Erst Anfang dieses Jahres war in Kiew beschlossen worden, viele der Frontkämpfer vorübergehend in die Reserve zu versetzen und die Streitkräfte mit der Einberufung neuer Rekruten zu verstärken.


Scholz: Gespräch mit Putin derzeit nicht sinnvoll

BERLIN: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hält Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über ein Ende des Ukraine-Krieges derzeit nicht für zielführend. «Solche Gespräche sind dann sinnvoll, wenn man das Gefühl hat, etwas bewirken zu können. Die russische Kriegsführung spricht aktuell dagegen, sagte der SPD-Politiker der «wochentaz» (Samstag). Der Kanzler verwies darauf, dass er in der Vergangenheit einige Gespräche mit Putin geführt habe, was mitunter kritisch beäugt worden sei. «Und ich schließe weitere Gespräche für die Zukunft nicht aus», fügte er hinzu. Scholz hat nach eigener Aussage zuletzt im Dezember 2022 mit Putin geredet. Auf die Frage, wann ein Gespräch wieder sinnvoll sei, sagte der Kanzler: «Auf alle Fälle, wenn Russland einsieht, dass es keinen Diktatfrieden geben wird, und Putin erkennt, dass er seinen Feldzug abbrechen und Truppen zurückziehen muss.»

Scholz hatte zuvor mit Blick auf den für Mitte Juni geplanten Ukraine-Friedensgipfel seine Hoffnung geäußert, dass daran auch russlandfreundliche Länder wie China, Brasilien und Südafrika teilnehmen. Deutschland habe den Prozess, der zu dieser Konferenz geführt hat, immer unterstützt, betonte der Kanzler am Freitag nach einem Treffen mit dem georgischen Ministerpräsidenten Irakli Kobachidse in Berlin. Jetzt gehe es darum, diesen Gipfel so zu organisieren, dass «eine große Beteiligung» aus der ganzen Welt möglich wird. Er verwies darauf, dass China an einem der Vorbereitungstreffen auf Beraterebene teilgenommen hat.


Niederlande erhöhen Hilfe für Ukraine auf drei Milliarden Euro

DEN HAAG: Die Niederlande erhöhen ihre Hilfe für die Ukraine in diesem Jahr von zwei auf drei Milliarden Euro. «Die Ukraine hat mehr nötig, um sich selber zu schützen», teilte Premierminister Mark Rutte am Freitag in Den Haag mit und verwies dabei auf die anhaltenden russischen Angriffe auf die Energieversorgung und auf Städte in der Ukraine. Deswegen habe er dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Gespräch am Freitag eine Aufstockung der niederländischen Unterstützung zugesichert. Beschlossen worden sei außerdem, der Ukraine im folgenden Jahr drei Milliarden Euro an Militärhilfe zur Verfügung zu stellen.

Wie Rutte weiter sagte, unternähmen die Niederlande alles, um der Ukraine schneller mehr Munition und mehr Luftabwehr zu liefern - gemeinsam mit internationalen Partnern. Dabei arbeiteten die Niederlande unter anderem eng mit Dänemark und Tschechien zusammen.


Ukraine und Russland tauschen mehr als 100 Soldatenleichen aus

KIEW/MOSKAU: Die Ukraine und Russland haben trotz laufender Kampfhandlungen mehr als 100 Soldatenleichen ausgetauscht. Die ukrainische Seite habe dabei 99 tote Soldaten zurückerhalten, teilte der Stab für die Belange von Kriegsgefangenen in Kiew am Freitag per Telegram mit. Von diesen seien 77 im Donezker Gebiet, 20 im Gebiet Saporischschja und 2 im Gebiet Charkiw getötet worden. Russland habe seinerseits 23 Soldatenleichen zurückerhalten, meldete das russische Internetportal RBK unter Berufung auf den Duma-Abgeordneten Schamsail Saralijew.

Die Ukraine wehrt seit über zwei Jahren eine russische Invasion ab. Zwar unterliegen die Verlustzahlen auf beiden Seiten der Geheimhaltung, dennoch hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Mitte Februar die eigenen Verluste mit gut 31.000 Toten beziffert. Westliche Schätzungen gehen von weitaus höheren Totenzahlen aus.


Großbritannien will Entwicklung von Laser gegen Drohnen beschleunigen

LONDON: Großbritannien will die Entwicklung eines neuen militärischen Lasers zur Bekämpfung von Drohnen beschleunigen. Die Dragonfire (deutsch: Drachenfeuer) getaufte Waffe sollte eigentlich von 2032 an einsatzbereit sein, mit Reformen im Beschaffungswesen könnte es aber bereits spätestens 2027 so weit sein, sagte Verteidigungsminister Grant Shapps, wie die Nachrichtenagentur PA in der Nacht zum Freitag meldete. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine sagte Shapps, man prüfe, ob das Tempo noch verbessert werden könnte, «damit die Ukrainer (die Waffe) vielleicht in die Finger bekommen» könnten.

Bei Dragonfire handelt es sich um eine lasergelenkte Energiewaffe, die mit Ziel mit einem intensiven Lichtstrahl durchdringt und mit Lichtgeschwindigkeit zuschlägt. Das britische Verteidigungsministerium hofft, dass das System eine kostengünstige Alternative zu Raketen bieten wird, etwa beim Abschuss von Drohnen. Entwickelt wurde Dragonfire von den Rüstungsunternehmen MBDA, Leonardo und Qinetiq sowie dem staatlichen Forschungsinstitut Defence Science and Technology Laboratory (DSTL) in Porton Down.

Es sei dringend, eine Waffe zu besitzen, die insbesondere Drohnen abschießen könne, sagte der Minister. Russland greift die Ukraine regelmäßig mit Dutzenden Drohnen an. Shapps wies auch auf die Angriffe der vom Iran unterstützten Huthi-Miliz aus dem Jemen auf Handelsschiffe im Roten Meer hin.


Klitschko: «Das ist kein Krieg, das ist Terror»

BERLIN: Angesichts der verstärkten russischen Angriffe auf die Ukraine hat Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko dringend um weitere Waffenlieferungen seiner Verbündeten gebeten. «Das ist ein Krieg der Ressourcen, und deswegen brauchen wir Unterstützung unserer Partner», sagte Klitschko am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung «Maybrit Illner». Die Ukraine brauche dringend mehr Luftabwehrsysteme. «Wir haben nicht genug.» Jeden Tag gebe es Angriffe und die Russen ruinierten die Infrastruktur. «Das ist kein Krieg, das ist Terror.» Der russische Präsident Wladimir Putin habe angefangen, das Land zu verbrennen, damit Menschen dort nicht mehr Leben könnten, weil ohne Elektrizität und Wasser Leben unmöglich sei.

Auch die Verbündeten würden durch den ukrainischen Kampf geschützt. «Wir verteidigen jeden von euch», betonte Klitschko. Allein in Kiew seien trotz mehr Luftabwehrsystemen als anderswo im Land mittlerweile mehr als 800 Gebäude zerstört und mehr als 200 Zivilisten getötet worden. Zuvor hatte bereits der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf weitere westliche Waffenhilfe zur Abwehr russischer Luftangriffe gedrängt.

In den vergangenen Tagen hatte Russland mit schweren Raketenangriffen mehrere Wärmekraftwerke zerstört und einmal mehr zahlreiche Anlagen und Stromleitungen in der Ukraine beschädigt. Schon kurz nach Kriegsbeginn hat Russland mit diesen Attacken begonnen, die vor allem die ukrainische Zivilbevölkerung treffen. Derzeit steht die ostukrainische Region Charkiw besonders unter russischem Beschuss .

Chancen auf Verhandlungen zwischen der Ukraine und dem russischen Aggressor sieht Klitschko derzeit nicht. Russland versuche, sein Land «durch seine Muskelspiele» an den runden Tisch und zu Kompromissen zu zwingen, sagte er. Aus der Sicht Moskaus heiße das, einen großen Teil der Ukraine abzutreten. Diplomatische Lösungen seien derzeit nicht möglich. Im Moment gebe es nur die Möglichkeit, an der Frontlinie und politisch stark zu sein. Die Ukrainer müssten ihr Land verteidigen, danach könne man reden. «Kompromisse sehen wir nicht.»

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.