Südtirol bekommt Mitte-Rechts-Koalition aus fünf Parteien

Präsident der Autonomen Provinz Bozen Arno Kompatscher. Foto: epa/Julien Warnand
Präsident der Autonomen Provinz Bozen Arno Kompatscher. Foto: epa/Julien Warnand

BOZEN: Südtirol ist in Deutschland vor allem als Urlaubsziel bekannt. Jetzt geht in Italiens weitgehend deutschsprachiger Nordprovinz die Politik ungewöhnliche Wege: In Bozen regiert künftig eine Koalition aus nicht weniger als fünf Parteien.

Südtirol bekommt eine neue Mitte-Rechts-Koalition aus insgesamt fünf Parteien - das bislang größte Regierungsbündnis in der Geschichte der weitgehend deutschsprachigen Provinz im Norden Italiens. Knapp drei Monate nach der Parlamentswahl einigte sich die seit 75 Jahren regierende Südtiroler Volkspartei (SVP) am Mittwoch in Bozen mit vier weiteren Partnern auf eine Zusammenarbeit. Regierungschef soll der bisherige Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) bleiben.

Die christdemokratische Sammelpartei hatte die Politik in Südtirol viele Jahrzehnte lang dominiert - ähnlich wie die CSU in Bayern. Bei der Wahl Ende Oktober stürzte sie jedoch auf ein historisches Tief von 34,5 Prozent ab. Damit ist sie nun erstmals auf mehrere Koalitionspartner angewiesen. Am neuen Bündnis beteiligt sind die ebenfalls deutschsprachige Partei der Südtiroler Freiheitlichen sowie die drei Parteien Fratelli d'Italia (Brüder Italiens), Lega und La Civica, die alle einen italienischen Hintergrund haben.

Im Grundsatz waren sich die Beteiligten bereits seit Anfang des Jahres über eine Zusammenarbeit einig. Umstritten war noch die Zusammensetzung der Regierung sowie die Verteilung der Ministerposten. In der neuen Regierung mit elf Ressorts haben nun mit Ausnahme von La Civica alle Ministerposten. Die Italienerpartei ging leer aus, darf aber den Parlamentspräsidenten stellen. Im Parlament der Provinzhauptstadt Bozen verfügt die neue Koalition über 19 von 35 Sitzen - eine stabile Mehrheit.

Erstmals sitzt nun eine weitere deutschsprachige Partei mit in der Regierung - was die SVP eigentlich unbedingt vermeiden wollte. Die Südtiroler Freiheitlichen sind eng verbunden mit der rechten FPÖ im Nachbarland Österreich. Zudem gibt es mit den Rechtsparteien Fratelli d'Italia und Lega, die beide auch in Rom gemeinsam an der Regierung sind, sowie der kleinen La Civica gleich drei italienische Partner. Bisher regierte in Bozen ein Zweierbündnis von SVP und Lega. Kompatscher (52) versicherte schon mehrfach, dass die neue Koalition eine Politik der Mitte betreiben werde. Seine Wiederwahl soll an diesem Donnerstag über die Bühne gehen.

Aufgrund des Autonomiestatuts ist in Südtirol, wo Deutsch wie Italienisch Amtssprache sind, stets auch mindestens eine Partei des italienischen Bevölkerungsteils in der Regierung vertreten. Die Provinz, die in erheblichem Maße vom Tourismus lebt, zählt etwa 530.000 Einwohner. Davon haben zwei Drittel Deutsch als Muttersprache. Die Provinz gehört in Italien zu den wohlhabendsten Landesteilen. Bozen rangiert unter den teuersten Städten.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder

Es sind keine Kommentare zum Artikel vorhanden, bitte schreiben Sie doch den ersten Kommentar.