Parlament macht Weg für Verhaftung von Oppositionschef frei

Park Kwang-on (L), Fraktionsvorsitzender der wichtigsten oppositionellen Demokratischen Partei, spricht mit dem Parteivorsitzenden Lee Jae-myung (R) in einem Krankenhaus in Seoul. Foto: epa/Yonhap
Park Kwang-on (L), Fraktionsvorsitzender der wichtigsten oppositionellen Demokratischen Partei, spricht mit dem Parteivorsitzenden Lee Jae-myung (R) in einem Krankenhaus in Seoul. Foto: epa/Yonhap

SEOUL: Südkoreas Oppositionschef Lee Jay Myung befindet sich wegen eines Hungerstreiks im Krankenhaus. Zugleich ist er mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert. In seiner Abwesenheit stimmt das Parlament jetzt einem für ihn möglicherweise folgenreichen Antrag zu.

Südkoreas Parlament hat den Weg für eine Verhaftung des Oppositionsführers und ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Lee Jae Myung frei gemacht. Die Nationalversammlung in Seoul stimmte am Donnerstag auch mit einigen Stimmen aus der Opposition mehrheitlich für die Aufhebung der Immunität des 58-jährigen Abgeordneten, die ihn vor einem Strafverfahren während der laufenden Legislaturperiode bewahrt hätte.

Die Staatsanwaltschaft hatte einen Haftbefehl für den Mitte-Links-Politiker wegen des Vorwurfs der Korruption und anderer Vergehen beantragt. Er soll auch in seiner Zeit als Gouverneur der Provinz Gyeonggi zwischen 2018 und 2021 in illegale Geldtransfers eines südkoreanischen Unternehmens an das autoritär regierte Nachbarland Nordkorea verwickelt gewesen sein.

Lee selber blieb der Abstimmung fern, weil er wegen der gesundheitlichen Folgen eines Hungerstreiks im Krankenhaus lag. Mit seiner Aktion protestiert der Chef der Demokratischen Partei (Minjoo) seit Ende August gegen die Politik der rechtskonservativen Regierung von Präsident Yoon Suk Yeol, der er unter anderem Misswirtschaft und eine fehlerhafte Außenpolitik vorwirft. Bei der Präsidentenwahl im März des vergangenen Jahres war er Yoon knapp unterlegen. Wann Lee jetzt einem Haftrichter vorgeführt werden soll, blieb zunächst unklar.

Das Abstimmungsergebnis erfolgte trotz einer Mehrheit seiner Partei im Parlament nicht gänzlich überraschend. Die Minjoo war Berichten südkoreanischer Zeitungen zufolge mit Blick auf den Antrag zum Wegfall der Immunität Lees gespalten. Von den 295 anwesenden Abgeordneten stimmten am Donnerstag 149 dafür, 136 waren dagegen. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Lee unter anderem, in einen Korruptionsskandal um ein Wohnungsbauprojekt in Seongnam verwickelt zu sein. Lee war bis März 2018 Bürgermeister der südlich von Seoul liegenden Stadt. Lee hat die Vorwürfe zurückgewiesen und dem Regierungslager politische Verschwörung vorgeworfen.

Zudem billigten die Abgeordneten am Donnerstag mit 175 zu 116 Stimmen einen Antrag der Opposition auf die Absetzung von Premierminister Han Duck Soo. Lees Partei wirft Han politische Inkompetenz vor. Es wird aber erwartet, dass der Staatschef an Han festhält. Südkorea hat ein Präsidialsystem, in dem das Staatsoberhaupt fast alle wichtigen Entscheidungen trifft. Beobachter in Südkorea sahen den Antrag auch als Ergebnis politischer Streitereien zwischen der Minjoo und des Regierungslagers. Es war das erste Mal, dass in der Nationalversammlung ein solcher Antrag gegen einen Premierminister eine Mehrheit fand.

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