Ringen der US-Demokraten um Bidens Investitionspakete zieht sich hin

Der Präsident der Vereinigten Staaten nimmt an einer Sitzung des Demokratischen Ausschusses des Repräsentantenhauses teil, um auf ein Infrastrukturabkommen zu drängen. Foto: epa/Michael Reynolds
Der Präsident der Vereinigten Staaten nimmt an einer Sitzung des Demokratischen Ausschusses des Repräsentantenhauses teil, um auf ein Infrastrukturabkommen zu drängen. Foto: epa/Michael Reynolds

WASHINGTON: In der vergangenen Woche sollte eigentlich der große Durchbruch für die gewaltigen Investitionspläne von US-Präsident Biden kommen. Wegen interner Auseinandersetzungen in seiner Partei gelang das nicht. Nun dürfte es länger dauern. Allmählich macht sich Frust breit.

Im Ringen der US-Demokraten um die von Präsident Joe Biden geplanten großen Investitionspakete für das Land zeichnet sich eine längere Hängepartie ab. Nach erfolglosen Verhandlungen und mehreren versäumten Fristen in der vergangenen Woche gab die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, am Samstag den 31. Oktober als neue Frist aus, um über das eine Paket abzustimmen und zu dem anderen Paket eine Grundsatzentscheidung zu finden.

Biden sagte mit Blick auf die wachsende Ungeduld mancher Parteikollegen wegen der Pattsituation zwischen verschiedenen Lagern bei seinen Demokraten: «Jeder ist frustriert», das gehöre zum Regieren aber nun mal dazu. Er zeigte sich zugleich zuversichtlich, dass es ihm gelingen werde, die Pakete am Ende durchzusetzen.

Nach einer Woche atemloser Verhandlungen in Washington ist das Tempo nun etwas gedrosselt. Der Präsident verbrachte das Wochenende in seiner Heimat Delaware. In der kommenden Woche will Biden bei einem Trip im Land öffentlich für seine Pläne werben und parallel weiter mit Kongressmitgliedern verhandeln, wie das Weiße Haus ankündigte.

Biden versucht, die beiden zentralen Vorhaben seiner Präsidentschaft zu retten: ein großes Paket für Investitionen in die Infrastruktur des Landes und ein zweites gewaltiges Paket mit Investitionen für Soziales. Eigentlich hatten die Demokraten in der vergangenen Woche zu einer Einigung kommen wollen. Doch das gelang nicht.

Hintergrund sind Auseinandersetzungen verschiedener Flügel der Partei, die seit Wochen um Details der Investitionsprogramme ringen. Biden betonte am Samstag vor seiner Abreise nach Delaware erneut, in der Bevölkerung gebe es große Unterstützung für die Pläne. Er werde «wie der Teufel» für die Vorhaben kämpfen.

Am Freitag hatte der Präsident seiner Fraktion im Repräsentantenhaus einen seltenen Besuch abgestattet, um für einen Kompromiss zu werben. Dort rief er zu Geduld auf. Es komme nicht darauf an, wann es zu einer Einigung komme. «Es ist egal, ob es in sechs Minuten, sechs Tagen oder sechs Wochen ist. Wir werden es schaffen.»

Das Paket mit klassischen Infrastrukturinvestitionen, mit dem Straßen, Brücken sowie andere Verkehrs- und Energienetze in den USA modernisiert werden sollen, hatte im August nach monatelangen Verhandlungen bereits den Senat passiert - mit Unterstützung von Republikanern. Vorgesehen sind über die nächsten Jahre verteilt rund 550 Milliarden US-Dollar an neuen Investitionen in die Infrastruktur. Insgesamt, inklusive schon vorher veranschlagter Mittel, hat das Paket einen Umfang von mehr als einer Billion Dollar. Es fehlt aber noch das abschließende Votum im Repräsentantenhaus.

Diese Abstimmung war ursprünglich in der vergangenen Woche geplant gewesen, wurde aber mehrfach verschoben. Hintergrund sind schwere Auseinandersetzungen unter den Demokraten über das zweite von Biden geplante Paket mit noch größeren Investitionen in Sozialleistungen. Biden will zum Beispiel mehr Geld in Bildung und Kinderbetreuung stecken, Familien mehr unterstützen und sie steuerlich entlasten sowie zugleich Geld für den Kampf gegen die Klimakrise in die Hand nehmen. Dieses Paket hat seinen Plänen nach einen Umfang von 3,5 Billionen Dollar, ebenfalls verteilt über mehrere Jahre. Finanziert werden soll es durch Steuererhöhungen für Konzerne und Spitzenverdiener und das konsequentere Eintreiben fälliger Abgaben.

Gegen dieses zweite Paket haben sich die Republikaner rigoros gesperrt. Daher wollen die Demokraten es mit Hilfe eines parlamentarischen Sonderverfahrens aus eigener Kraft durch den Kongress bringen. Sie haben in beiden Kammern aber nur sehr knappe Mehrheiten und können dies nur vereint stemmen. Einige moderate Demokraten sehen die hohen Ausgaben allerdings kritisch, während progressive Demokraten auf möglichst große Investitionen pochen. Letztere drohen damit, das Infrastrukturpaket zu blockieren, sofern nicht zugleich das zweite Paket gesichert ist.

Pelosi stellte in einem Rundschreiben an ihre Fraktion klar, es müsse eine Grundsatzeinigung zum zweiten Paket stehen, bevor sie eine Abstimmung über das Infrastrukturpaket ansetzen werde.

Das Repräsentantenhaus beschloss am Freitag im Zusammenhang mit dem Infrastrukturpaket zunächst lediglich, bestimmte bereits ausgelaufene Verkehrsprogramme bis zum 31. Oktober zu verlängern. Der Senat stimmte am Samstag ebenfalls zu. Damit wurde eine Zwangsbeurlaubung Tausender Mitarbeiter im Transportwesen verhindert. Pelosi mahnte in ihrem Schreiben, das Infrastrukturpaket müsse nun vor dieser neuen Frist Ende Oktober verabschiedet werden - «je früher, desto besser».

Biden dürfte große Abstriche an seinem zweiten Investitionspaket machen müssen, um eine Mehrheit dafür auf die Beine zu stellen und so auch das bereits ausverhandelte Infrastrukturpaket zu retten. Für ihn sind die Pakete zentrale Vorhaben seiner Präsidentschaft.

Der Demokrat steht aber noch vor einem weiteren großen Problem: Ohne eine Anhebung oder Aussetzung der Schuldenobergrenze durch den Kongress droht der US-Regierung laut Finanzministerin Janet Yellen Mitte Oktober der Zahlungsausfall - zum ersten Mal in der Geschichte des Landes. Es drohten eine Finanzkrise und eine Rezession, warnte Yellen zuletzt. Die Republikaner im US-Senat weigern sich bislang, hier mitzuziehen. Eine Lösung ist derzeit nicht in Sicht.

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Rene Amiguet 03.10.21 17:00
Unglaublich
Was sich ein bereits jetzt hoch verschuldeter Staat leisten will auf Pump. Dieser US Präsident muss irgendwie und wahrscheinlich altershalber geistig gestört sein. Falls dieser Wahnsinn realisiert wird, werden die jungen und die künftigen Generationen dafür gerade stehen müssen und sie werden Mr. Biden verfluchen falls es ihm tatsächlich gelingt dieses Vorhaben durch zu pauken. Am besten wäre es wahrscheinlich ihn wegen Grössenwahnsinn zu entmündigen. Er trägt ja auch die Verantwortung für dieses Chaos in Afgahnistan! Wann wacht das amerikanische Volk endlich auf?
Ingo Kerp 03.10.21 14:20
Wenn das von Biden gewünschte und bisher wackelige 2. Programm, an 2 Demokraten scheitert, wird es eng für die Partei bei den Midterm Wahlen.