Slowakei schenkt der Ukraine ihr Flugabwehr-Raketensystem

Russische S300-Rakete startet auf dem Übungsgelände an einem geheimen Ort. Foto: epa/Vladimir Mashatin
Russische S300-Rakete startet auf dem Übungsgelände an einem geheimen Ort. Foto: epa/Vladimir Mashatin

BRATISLAVA/WASHINGTON: Angesichts des russischen Angriffskriegs hat die Slowakei der Ukraine ihr Flugabwehrsystem vom Typ S-300 geschenkt. Das gab Ministerpräsident Eduard Heger während einer Reise nach Kiew bekannt, die er am Freitag gemeinsam mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unternahm. Das US-Militär verlegt dafür ein Flugabwehrraketensystem vom Typ Patriot in die Slowakei. Verteidigungsminister Lloyd Austin erklärte, das System und die US-Soldaten würden für einen zunächst unbestimmten Zeitraum «in den kommenden Tagen» im Osten der Slowakei ankommen.

Das noch zu Sowjetzeiten entwickelte russische Flugabwehr-Raketensystem S-300 zerstört mit präziser Lenktechnik gegnerische Flugzeuge oder Raketen. Das ukrainische Militär ist mit dem Einsatz des Systems vertraut. Die Patriot-Raketenabwehr US-amerikanischer Bauart wird von mehreren Nato-Staaten genutzt.

Der Schritt der Slowakei kam überraschend, weil die Regierung in Bratislava bisher stets erklärt hatte, das Raketensystem sei für ihre eigene Verteidigung unverzichtbar. Das im März aus Deutschland und den Niederlanden zur Verstärkung der Nato-Ostflanke gelieferte System Patriot sei kein Ersatz, sondern nur eine vorübergehende Ergänzung, erklärte Verteidigungsminister Jaroslav Nad regelmäßig auf Drängen ukrainischer und amerikanischer Partner.

In einer offensichtlich noch während der Zugfahrt nach Kiew aufgenommenen Videobotschaft, die das Regierungsamt in Bratislava der Deutschen Presse-Agentur und slowakischen Medien weiterleitete, betonte Heger, dies bedeute aber nicht, dass die Slowakei damit selbst in einen bewaffneten Konflikt verwickelt sei. Die Ukraine ist ein östliches Nachbarland der Slowakei.

«Mit dieser verantwortungsvollen Entscheidung gewährt die Slowakei als Land, das Frieden, Freiheit und Schutz der Menschenrechte unterstützt, der Ukraine und ihren unschuldigen Bürgern eine rein defensive Hilfe», sagte Heger in der Videobotschaft. Das Raketensystem werde nach seiner Überzeugung helfen, «viele Ukrainer vor der Aggression des Putin-Regimes zu retten». Nach von der slowakischen Regierung vorerst nicht bestätigten Medienberichten, wurde das Raketensystem S-300 in einer zwei Tage dauernden Geheimaktion an die Ukraine geliefert.

Austin und Präsident Joe Biden dankten der slowakischen Regierung für ihre Ankündigung vom Freitag, das Flugabwehrsystem S-300 der Ukraine zu schenken. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj habe sich persönlich um das S-300-System bemüht, erklärte Biden. «Während sich das russische Militär für die nächste Phase dieses Kriegs aufstellt, habe ich meine Regierung angewiesen, weiterhin nichts unversucht zu lassen, um die fortschrittlichen Waffensysteme, die das ukrainische Militär braucht, um sein Land zu verteidigen, zu identifizieren und bereitzustellen», erklärte Biden.

Die US-Regierung hat der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs Ende Februar bereits Waffen im Wert von 1,7 Milliarden US-Dollar zugesagt oder schon geliefert. Darunter waren nach US-Angaben zum Beispiel 1400 Flugabwehrraketen, 5000 Panzerabwehrlenkwaffen vom Typ Javelin, 7000 weitere panzerbrechende Waffen, Hunderte Drohnen und 50 Millionen Schuss Munition.

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