Ukraine-Nachbarland Slowakei wählt Staatsoberhaupt

Eine vertriebene palästinensische Familie in Rafah bricht während des Ramadan das Fasten. Foto: epa/Martin Divisek
Eine vertriebene palästinensische Familie in Rafah bricht während des Ramadan das Fasten. Foto: epa/Martin Divisek

BRATISLAVA: Ukraine-Krieg und innenpolitische Polarisierung überschatten die slowakische Präsidentschaftswahl. Favoriten sind ein Sozialdemokrat und ein Liberaler. Mitmischen kann ein prorussischer Nationalist.

Die Wahl eines neuen Präsidenten der Slowakei findet in angespannter Atmosphäre statt.

Zwanzig Jahre nach dem Beitritt der Slowakei zur Nato und zur Europäischen Union 2004 sind die slowakische Politik und Gesellschaft tief gespalten. Das Klima zwischen Regierung und Opposition ist durch aggressive Anfeindungen vergiftet, Social-Media-Kanäle und auch traditionelle Medien heizen die feindselige Stimmung noch weiter an. Gestritten wird darüber, ob das von Russland angegriffene Nachbarland Ukraine weiter mit Waffen oder nur mehr mit zivilen Gütern unterstützt werden soll, aber auch über eine Justizreform und die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und Radios.

Vor diesem Hintergrund sollen die rund 4,4 Millionen Wahlberechtigten am Samstag einen neuen Präsidenten wählen. Zehn Kandidaten bewerben sich um das höchste Amt im Staat, unter ihnen ist keine einzige Frau. Die amtierende Präsidentin Zuzana Caputova tritt «aus persönlichen Gründen» nicht mehr an. Das gab sie im vergangenen Juni bekannt. Nach Jahren politischer Krisen und Anfeindungen bis hin zu Todesdrohungen gegen sie und ihre Familie habe sie nicht mehr die Kraft für eine weitere fünfjährige Amtszeit.

Die Meinungsumfragen der letzten Monate lassen erwarten, dass der zum Regierungslager gehörende sozialdemokratische Parlamentspräsident Peter Pellegrini und der von der liberalen Opposition unterstützte Ex-Außenminister und Diplomat Ivan Korcok in die Stichwahl am 6. April kommen werden. Außenseiterchancen auf eine Überraschung hat nur noch der nationalistische Ex-Justizminister und ehemalige Richter Stefan Harabin. Die sieben anderen Kandidaten gelten als chancenlos.

Pellegrini hatte sich 2020 von der linksnationalen Partei Smer des Langzeit-Regierungschefs Robert Fico abgespaltet und eine liberalere Sozialdemokraten-Partei gegründet. Nach der Parlamentswahl im Herbst 2023 trat er dennoch in eine Koalition mit Fico und der rechtspopulistischen Kleinpartei SNS ein.

Während Pellegrini sich in seiner Wahlwerbung mit dem Slogan: «Die Slowakei braucht Ruhe!» als Versöhner zwischen den zerstrittenen Lagern präsentiert, will Korcok ein Gegenpol zur Fico-Regierung sein. Werde Pellegrini gewählt, hätte Fico alle Machtpositionen im Staat unter seiner Kontrolle und werde die Slowakei nach dem Vorbild von Viktor Orbans Ungarn umgestalten, warnt er.

Korcok zählt zu den entschlossensten Befürwortern einer slowakischen Militärhilfe für die Ukraine. Pellegrini ist zwar im Unterschied zu Fico auch für Waffenlieferungen an das Nachbarland, will aber nach dem Vorbild des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz mit Bedacht auf mögliche Risiken vorgehen.

Harabin hingegen steht für einen unverhüllt prorussischen Kurs und wünscht sich für die Slowakei eine neutrale Rolle ohne Nato-Mitgliedschaft. Mit seiner Partei «Heimat» hat er zwar nicht einmal genug Wählerstimmen für den Parlamentseinzug bekommen. Aber als Präsidentschaftskandidat spricht er neben vielen unzufriedenen sogenannten «Anti-System-Wählern» auch einen großen Wähleranteil der als kleinster Partner mitregierenden Slowakischen Nationalpartei SNS an. Denen ist nämlich nicht nur Korcok, sondern auch Pellegrini zu liberal und zu prowestlich.

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