Rekordtempo und Todesdrama auf dem K2

Die Sonne geht über dem Rakaposhi-Massiv in den pakistanischen Nordgebieten auf. Foto: epa/Olivier Matthys
Die Sonne geht über dem Rakaposhi-Massiv in den pakistanischen Nordgebieten auf. Foto: epa/Olivier Matthys

KATHMANDU/ISLAMABAD: Nach dem Tod eines Bergträgers am K2 mehren sich die Vorwürfe wegen unterlassener Hilfeleistung gegen andere Alpinisten. Die norwegische Bergsteigerin erreichte am Tag des tragischen Unfalls eine Rekordleistung auf dem Achttausender - und äußert sich nun.

Ein Nepalese und eine Norwegerin haben alle 14 Achttausender im Rekordtempo bestiegen. Sie haben dafür 92 Tage gebraucht, wie eine Sprecherin des Guinness-Buchs der Rekorde (Guinness World Records) der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Den Rekord erreichten Tenjen Lama Sherpa und Kristin Harila demnach am 27. Juli. Zuletzt waren sie auf dem Achttausender K2 in Pakistan. Am Tag ihres Triumphs verunglückte dort ein pakistanischer Bergträger und starb. Es mehrte sich Kritik wegen möglicher unterlassener Hilfeleistung.

«Ich bin wütend, wie viele Menschen sich gegenseitig wegen dieses tragischen Unfalls beschuldigen», schrieb die Norwegerin am Donnerstag auf ihrer Website. «Niemand hatte Schuld.» Wer die Situation nicht verstehe, könne auch keinen Kommentar abgeben, so die Bergsteigerin. «Und das Versenden von Morddrohungen ist niemals okay.» Sie und ihr Team hätten zu der Zeit alles für den Bergträger getan, was sie konnten, schrieb sie weiter.

«Das passierte an der gefährlichsten Stelle auf einem der tödlichsten Berge der Welt.» Auf über 8000 Metern würden die Überlebensinstinkte die eigenen Entscheidungen beeinflussen, betonte Harila. Ihr Kameramann sei bei dem verunglückten Bergträger geblieben, solange seine Sauerstoffvorräte es erlaubt hätten. Die Sportlerin verwies auf eine Internetseite zum Spendensammeln.

Der pakistanische Bergträger Mohammed Hassan war auf dem K2 gestürzt und schließlich ums Leben gekommen. Sein Tod löste einen Aufschrei aus, nachdem Videos bekannt wurden, die ihn am Unglücksort noch am Leben gezeigt hatten. Laut der Touristenbehörde in der nördlichen Provinz Gilgit-Baltistan war Hassan das erste Todesopfer dieser Saison am K2.

Auf Himalaya-Bergen sterben immer wieder Bergsteiger. Der 8611 Meter hohe K2 in Pakistan ist der zweithöchste Berg der Erde und gilt als weit anspruchsvoller als der Mount Everest, der höchste Berg der Welt. Gründe sind unter anderem die steile Route und die Lawinengefahr. Den K2 haben bisher nur gut 300 Menschen bestiegen.

Tenjen Lama Sherpa und Kristin Harila übertrafen mit ihren schnellen Bergbesteigungen aller Achttausender den bisherigen Rekord des Nepalesen Nirmal Purja aus dem Jahre 2019, hieß es von der Nepal Mountaineering Association. «Ohne die Hilfe von Herrn Tenjen und anderen Sherpas, die mithalfen, wäre diese bemerkenswerte Mission nicht erfolgreich gewesen», sagte die 37 Jahre alte Harila danach. Für sie sei das Himalaya-Land Nepal mit seinen Achttausender-Bergen eine zweite Heimat geworden.

Doch die Leistung der Norwegerin ist in der Bergsteigerszene umstritten. So gab es etwa Kritik daran, dass sie den Rekord nicht ohne, sondern mit Flaschensauerstoff schaffte, und dass es einen großen logistischen Aufwand gab - etwa mit Anflügen in die Basislager per Helikopter. Zudem wurde kritisiert, dass sich die Bergsteigerin auf bereits bekannten Routen bewegte, wie die Website «Alpin.de» berichtete. Der erste und schnellste Mensch, der ohne Sauerstoffflaschen auf allen 14 Achttausendern gestanden hätte, sei der Amerikaner Ed Viesturs, hieß es von Guinness World Records. Er hätte die Besteigungen zwischen 1989 und 2005 gemacht.

«Kristin Harila hat in den letzten Wochen erreicht, was ich eigentlich für unmöglich gehalten habe», sagte Billi Bierling, die Leiterin der «Himalayan Database»-Chronik, die alle Besteigungen der Expeditionsberge erfasst, laut «Alpin.de». «Die Art wie Kristin und ihre Sherpas die hohen Berge besteigen, hat nichts mehr mit Alpinismus beziehungsweise der Ethik im klassisch-alpinistischen Stil zu tun - aber es passt in unsere Zeit.»

Kritik übte auch der deutsche Bergsteiger Ralf Dujmovits: «Leider versucht Kristin unter dem für mich fadenscheinigen Deckmantel «Frauen zu inspirieren und zu demonstrieren, diese seien genauso stark wie Männer» eine Leistung zu erbringen, die absurd ist und die die wenigsten - mangels Kenntnissen um höhenrelevante Zusammenhänge - korrekt einordnen können.»

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