Razzia an Flughäfen - Ermittlungen gegen Ryanair-Partnerfirmen

Foto: epa/Imre Foldi
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KOBLENZ (dpa) - Traumjob Pilot? Festanstellungen sind auch in der Luftfahrt nicht mehr selbstverständlich. Führt der harte Wettbewerb zu Betrug im Personalwesen? Die Staatsanwaltschaft rückt zu Razzien aus.

Fahnder haben Piloten-Räume an sechs deutschen Ryanair-Flughäfen durchsucht. Es gehe um mutmaßlichen Steuer- und Sozialversicherungsbetrug von Partnerfirmen der Airline, sagte der Koblenzer Oberstaatsanwalt Hans Peter Gandner am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Er bestätigte damit einen Bericht von «Zeit Online». Zu der Razzia mit mehreren Dutzend Beamten sei es am Dienstag an den Flughäfen Berlin-Schönefeld, Köln, Weeze in Nordrhein-Westfalen, Hahn im Hunsrück, Bremen und Baden-Baden gekommen.

Die Fahnder hätten Computer, Einsatzpläne und weitere Dokumente sichergestellt. Auch mindestens zwei Privatwohnungen von Piloten seien durchsucht worden. Zum Ort machte Gandner keine Angaben. Gegen Piloten werde wegen des Verdachts der Beihilfe zum Steuer- und Sozialversicherungsbetrug ermittelt. Im Raum steht mutmaßliche Scheinselbstständigkeit.

Zugrunde liegen Ermittlungen gegen zwei britische Personaldienstleister, die Piloten unter Vertrag genommen und an den irischen Billigflieger Ryanair ausgeliehen haben. Damit können Airlines ihre Personalkosten drücken. In Deutschland stationierte selbstständige Ryanair-Piloten sollen Steuern und Abgaben aber nicht - wie nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft von einer EU-Verordnung vorgeschrieben - hierzulande am Einsatzort abgerechnet haben.

Die Ermittlungen laufen laut Gandner bereits seit mindestens sechs Jahren. Auch die beiden britischen Personaldienstleister seien schon im Wege der Rechtshilfe durchsucht worden. Auf die Frage, warum jetzt plötzlich weitere Razzien nötig geworden seien, sagte der Oberstaatsanwalt der dpa: «Es haben sich neue Gesichtspunkte ergeben.» Details verriet er nicht, ergänzte aber: «Ich hoffe, dass wir dieses Jahr mit den Ermittlungen fertig werden.»

Ryanair-Sprecher Robin Kiely teilte mit: «Ryanair hat sich mit den deutschen Steuerbehörden getroffen und zugestimmt, diese bezüglich ihrer Nachforschungen zu einigen Vertragspiloten («Contractor Pilots») zu unterstützen. Die deutschen Steuerbehörden haben bestätigt, dass die Steuerfahndung nicht gegen Ryanair ermittelt.» Die Fluggesellschaft verlange von all ihren freien und fest angestellten Piloten, «dass sie sich stets entsprechend ihren steuerlichen Pflichten verhalten».

Jim Phillips von der Pilotengewerkschaft Cockpit sagte der dpa, es dürfe in einer Branche mit einer so hohen Verantwortung wie der Luftfahrt nicht Verträge geben, die der Umgehung von Arbeitnehmergesetzen dienten. Beschuldigten Piloten sei hier ein womöglich illegales Handeln wohl gar nicht bewusst gewesen. «Aber nach den Durchsuchungen wird es schwieriger mit ihrer Konzentration.»

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