Pazifismus – die Sehnsucht nach Frieden

Pazifismus – die Sehnsucht nach Frieden

Nein, Pazifisten wurden früher nie als Helden gefeiert. Helden waren diejenigen, die kämpften für ihre Familien, für ihren Stamm oder für ihr Land, die siegten und die Unterlegenen ausraubten oder auslöschten. Pazifisten galten als Memmen, als Feiglinge, und daran hat sich bis heute eigentlich nicht viel geändert.

Stammesfehden, Ritterkämpfe und Kriege bestimmten oder bestimmen unsere Geschichte. Nie gab es auf der Welt mehr Kriege als heute. Der Pelonnesische Krieg veranlasste Aristophanes 411 von Christus dazu, die Komödie „Lysistrata“ zu schreiben, in der die Frauen ihre kriegführenden Männer durch Liebesentzug zum Frieden zwingen.

Seit Jahrtausenden zieht der Pazifismus sich durch die Geschichte, aber immer als Verlierer. Weder Gandhi noch Bertha von Suttner konnten sich gegen die Kriegstreiber durchsetzen. Sie war eine österreichische Pazifistin und Friedensforscherin, die 1905 als erste Frau mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Ich hatte überhaupt keine Chance, auf diesem Gebiet etwas zu bewegen. Durch Kurt Tucholsky, den großen Satiriker und kämpferischen Pazifisten, wurde ich zum Kriegsdienstverweigerer. Ich war einer der ersten, die zum Ersatzdienst einberufen wurden. Zuvor, anfangs der sechziger Jahre, bei der Prüfung meines Verweigerungsantrages saß ich ausschließlich Militärs gegenüber, deren Argumente ich als lächerlich empfand. Als sie mich schließlich fragten, was für meine Entscheidung letztlich ausschlagfähig war, antwortete ich: „Ich berufe mich auf Gandhi.“ Darauf waren sie offensichtlich vorbereitet. Einer dieser Prüfer schlug ein Buch auf und las mir vor, was Gandhi angeblich geschrieben haben sollte: „Wenn es gar keine andere Möglichkeit mehr gibt, dann müssen auch wir letztendlich Gewalt anwenden.“ Ich erstarrte, war schockiert. Aber dann sagte ich zu diesen Kriegsherren: „Wenn das so ist, dann distanziere ich mich von Gandhi.“ Danach beriet sich dieses Gremium, und ich wurde anerkannt. Wie damals üblich, wurde man möglichst weit von seinem Heimatort eingesetzt, ich beispielsweise von Hamburg nach Frankfurt. Das war als zusätzliche Strafe gedacht, damit niemand am Wochenende zu seiner Familie konnte. Ich wurde als Hilfspfleger der Orthopädischen Universitätsklinik in Frankfurt-Niederrad zugeteilt. Untergebracht wurde unsere Gruppe aus allen Gegenden Deutschlands in der Jugendherberge am Mainufer, in Zimmern mit sechs Betten, jeweils zwei übereinander. Ich habe mich trotzdem nicht unterdrückt gefühlt, machte meinen Job mit großer Freude und kümmerte mich mit einiger Hingabe um die Patienten, von denen die meisten im Gipsbett lagen. Sie mussten gewaschen, gefüttert und abgeschiebert werden. Für einen dieser Patienten hatte ich mich besonders engagiert. Er war im letzten Krieg von vielen Granatsplittern getroffen worden und musste seit Jahren immer wieder für einige Monate ins Krankenhaus eingeliefert werden, wo ihm jeweils einige der Splitter entfernt wurden. Als ich ihn nach einige Monaten wieder an den Ausgang fuhr, wo seine Angehörigen ihn erwarteten, sagte er zu mir: „Ich habe für Deutschland gekämpft. Aber Sie sind doch nichts als ein Drückeberger.“ Das hat mich sehr berührt, zumal ich für diesen Mann alles getan, viele Überstunden gemacht hatte. Und dann das!? Ich steckte es weg, weil ich wusste, Undank ist der Welt Lohn.

Das war und ist nie anders gewesen. Pazifisten waren immer, ebenso wie Bertha von Suttner, die auch nichts verhindern konnte, immer die Verlierer. Gewinner waren und sind immer die Waffenhersteller. Auch als unsere Vorfahren ihre Speere und Armbrüste noch selbst herstellten, war ein waffenloser Mann ein toter Mann. Der Gedanke an Frieden kam nur langsam voran, aber nie zum Sieg. Einige blieben standhaft, haben für ihre Überzeugung sogar ihr Leben geopfert. Man hat ihnen dafür Sturheit und Dummheit nachgesagt. Selbst mein Vater, tief im Innern zutiefst friedlich gesinnt, der es im letzten Krieg gerade mal bis zum Obergefreiten gebracht hatte, warnte mich, als ich ihm sagte, dass ich den Wehrdienst verweigern wolle. „Du handelst dir dadurch doch nur Schwierigkeiten ein“, sagte er, besorgt um meine Zukunft. Natürlich ließ ich mich dadurch von meinem Vorhaben nicht abbringen. Stattdessen begann ich mit 17 Jahren für eine linke Zeitung Anti-Kriegsgedichte und -Geschichten zu schreiben, was nicht nur meine Überzeugung stärkte, sondern nebenbei mein schmales Gehalt als Werkstudent aufbesserte. Mein Pazifismus war moralisch-weltanschaulicher Natur.

Daneben gab und gibt es die religiösen Pazifisten, wie die Quäker, die Zeugen Jehovas und viele weitere sogenannte Friedenskirchen, die zu waschechten Waschlappen erklärt wurden und Verfolgung erleiden mussten. Der bürgerliche Pazifismus sah in Verhandlungen mit anderen Ländern die Lösung, d.h. durch Diplomatie den Frieden zu erhalten. Viele glaubten, Aufklärung, Fortschritt und Bildung, sowie überstaatliche Organisationen wie der Völkerbund könnten auf friedliche Weise Konflikte lösen. Auch der internationale Handel wurde als friedensfördernd angesehen. Vergeblich. Obwohl Kriege fast überall auf der roten Liste stehen, gehören sie immer noch nicht zu den vom Aussterben bedrohten Arten. Das Diktum von Kurt Tucholsky „Soldaten sind Mörder“ ist nicht unumstritten, aber viel mehr hat mich ein Satz des damaligen CDU-Generalsekretärs Heiner Geißler erbost. Der lautete, wenn ich mich richtig erinnere: „Pazifisten sind die nützlichen Idioten Moskaus.“ Noch heute frage ich mich, wessen nützlicher Idiot er wohl war. Jedenfalls war nicht er es, dem wir zu verdanken haben, dass die Deutschen und Europäer seit 1945 in Frieden leben durften, wenngleich sie sich stattdessen mit dem Kalten Krieg arrangieren mussten. Dass daraus kein 3. Weltkrieg wurde, ist gewiss der atomaren Aufrüstung aller Weltmächte geschuldet, denn keiner will das Risiko eingehen, ausgelöscht zu werden.

Bertolt Brecht schrieb dazu: „Das große Karthago führte drei Kriege. Nach dem ersten war es noch mächtig. Nach dem zweiten war es noch bewohnbar. Nach dem dritten war es nicht mehr aufzufinden.“ Und auch John F. Kennedy äußerte sich ähnlich: „Die Menschheit muss dem Krieg ein Ende bereiten, oder der Krieg setzt der Menschheit ein Ende.“ Und ich sage, mit Bertha von Suttner „Die Waffen nieder!“ Ob die Waffenschmiede Rheinmetall das hören will oder nicht.

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Dracomir Pires 17.12.18 08:30
Sie outen sich als Linker
Jetzt ist endlich das eingetroffen, was ich schon immer vermutet hatte: Die spitze Feder hat für eine linke Zeitung gearbeitet und beweist damit, dass er ein Linker ist. Genau aus dieser Ecke kommen die Drückeberger. Gerne überlassen diese den anderen, sich für das eigene Vaterland einzusetzen. Aber etwas können die Linken besser als der normale Bürger: Das Geld der anderen ausgeben. Pazifisten sind Verlierer.
Johann Riedlberger 16.12.18 16:33
Pazifisten sind Verlierer
Heute kann ich unserem CF mal Recht geben. Wurden doch die Grünen vor allem mit den Stimmen der Friedensbewegung, in dir Rot-Grüne Koalition gewählt. Was sie dort gemacht haben, ist Verrat an ihren Wählern.