Neulich, am Strand: Ein guter Mensch

Neulich, am Strand: Ein guter Mensch

Ich liege am Strand im Schatten eines Baumes. Es ist Nebensaison, nur einige wenige Touristen vertreiben sich die Zeit am Meer. Unter einem anderen Baum in der Nähe hängen einige Obdachlose herum. Schon seit einigen Tagen belegen sie den besten Schattenspender weit herum. Auf jeden Fall ein herrlicher Tag für alle hier. Sonne, Sand, Palmen, Meer, was braucht man mehr?

Ab und zu versucht ein Händler seine Ware an die wenigen Strandbesucher anzubieten. „Ein Holzmotorrad? Oh, sorry. Ich habe gerade die Garage voll. Vielleicht morgen“, wimmle ich den „Harley“-Händler ab. So döse ich also in Ruhe vor mich hin und genieße das Leben. Da kommt eine Thai aus der Gruppe der Obdachlosen nebenan zu mir heran. Sie seien alle klamm. Ob ich ihr nicht 20 oder besser noch 50 Baht geben könne? Ich überlege nur kurz und gebe ihr die 50 Baht. Ich kenne ja diese Leute. Harmlose Typen, die das Leben genießen. Genau wie ich. Sie winken mir lachend zu, als sie sehen, dass ihre Lady bei mir erfolgreich Kohle organisiert hat. Ich winke zurück, drehe mich um und döse weiter. Nach etwa 20 Minuten steht eine weitere Lady aus der Gruppe vor mir. 100 Baht fehlen ihnen, um was zu trinken kaufen zu können. „Und? Muss ich jetzt nun?“, frage ich. „Nö. Aber du solltest schon. Dann bist du nämlich ein guter Mensch“, meint sie keck. „Na, klar bin ich für euch ein guter Mensch, wenn ich euch die Party finanziere“, muss ich selber lachen. 100 Baht gehen dahin. Die Truppe winkt. Ich winke zurück und döse weiter.

Partysponsor gesucht

Wieder eine halbe Stunde später stehen die beiden Damen gemeinsam vor mir. Doch nun finde ich es doch schon genug. Ich versuche die Betteltanten abzuwimmeln. „Ich bin ja schon ein guter Mensch. Also lasst mich in Ruhe“, ermahne ich sie. „Wir haben zu Buddha gesprochen. Wir sind sicher, du kannst uns helfen.“ Mit 300 Baht sei die Sache gelaufen, meint die eine. Doch da mache ich nicht mehr mit. „OK. Wieviel kannst du uns denn geben?“, fragt die andere. „Ich gebe euch nochmals 20. Aber dann ist Schluss. Verstanden?“ Streng sehe ich die Mädels an. „Na, ja. 100 wären schon besser. Aber 50 ist auch ok“, sagt die erste und hält die Hand auf. „Ich könnte dir den Rücken einreiben. 1.000 Baht, ok?“, flirtet die andere. Lachend lehne ich ab. Ich habe keinen 50er mehr, nur noch einen 500er. Die eine Thai bekommt ein Leuchten in den Augen, wie sie den Schein sieht. Die andere realisiert sofort die Lage, beugt sich etwas zu mir runter und meint: „Aber du hast Durst. Ich sehe das. Wir kaufen dir im Laden ein Bier, ok? Du musst uns nur das Geld geben“, schlägt sie vor. „Keine schlechte Idee. Dann brauchst du dich nicht selber zum Laden zu bemühen. Wir machen das für dich“, frohlockt das Mädel mit den Leuchtaugen. Ich sehe ein, dass ich mit weiterem Gegenstemmen gegen die zwei Damen keine Chance auf Ruhe habe. Die Damen verstehen ihr Geschäft. Also gebe ich ihr den großen Schein. Die Ladies hüpfen vor Freude auf und ab. Sie winken mit dem 500er in Richtung ihrer Kollegen, die das ganze aus der Ferne mitverfolgt haben. Die Truppe winkt. Ich winke zurück und döse weiter.

Ein paar Minuten später stehen die beiden vollbepackt mit prallen Plastiktüten vor mir. Bier, Whiskey, Zigaretten, Kartoffelchips und weiteres Knabberzeug. Alles, was man für eine Party so braucht. Ich bekomme mein Bier, aber mein Restgeld hat sich aufgelöst. Erst jetzt merke ich, dass ich mich zum Trottel gemacht habe. Eine Lady muss meinen Gesichtsausdruck der Erkenntnis bemerkt haben. Sie zwinkert mir zu. Ich lächle gezwungen zurück. Die Kohle kann ich abschreiben, aber die Mädels sind ja immer noch eine Augenweide.

„Sorry. Aber die Zigaretten mussten sie halt doch auch noch haben“, meint die eine. „Ok. Dann kannst du mir den Rücken einschmieren. Nur den Rücken! Die Bezahlung dafür hast du ja schon abkassiert“, offeriere ich ein Jobangebot als Gegenleistung. Als ob sie nur darauf gewartet hätten, setzen sie sich zu mir und beginnen, unter Gekicher und Geschnatter meinen Rücken zu bearbeiten. „He“, reklamiere ich. „Ihr habt die Sonnencreme vergessen.“ Mit voller Hingabe reiben mir die Damen den Rücken und immer weiterreichende Bereiche ein. Mein Ärger ist schnell verflogen. „Wir könnten dir jeden Tag den Rücken einreiben, 1.000 pro Tag. Ok?“, flüstert mir die eine Dame ins Ohr. „1.000 pro Lady“, flüstert die andere in mein anderes Ohr. Ich muss grinsen. Um an Kohle zu kommen, wird jeder Trick angewendet. Ich drehe mich zu ihr um. Gesicht an Gesicht. „Ok. Morgen, selbe Zeit. Ok?“, heuchle ich. „Juhui! Natürlich. Aber kannst du mir den Tausender gleich geben?“, frohlockt sie. „Nö. Aber morgen“, entgegne ich. Die Rückenmassage endet abrupt.

Aber, wie gesagt. Ein schöner Tag. Sonne, Sand, Palmen, Meer und nette Mädels. Nur etwas teuer hier. Aber morgen versuche ich es an einem anderen Strand.

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Werner Schilling 10.06.18 21:38
650 THB fuer Strandparty ...
... ich finde war ein billiger schoener Tag und eine nette Geschichte.