Nachrichten aus der Wirtschaft am Donnerstag

Finanzminister Christian Lindner. Foto: epa/Filip Singer
Finanzminister Christian Lindner. Foto: epa/Filip Singer

Lindner: Maßnahmen gegen chinesisches Dumping «objektiv prüfen»

STRESA: Finanzminister Christian Lindner hat dafür geworben, die Konsequenzen möglicher Strafzölle für chinesische Projekte sorgsam abzuwägen. «Dumping muss unterbunden werden. Wir brauchen einen freien und fairen Welthandel», sagte der FDP-Politiker am Donnerstag am Rande eines Treffens der G7-Finanzminister in Italien. Daran müsse China bei jeder Gelegenheit erinnert werden. Doch mögliche Maßnahmen müssten objektiv geprüft und nicht politisch entschieden werden. «Denn das Interesse zum Beispiel Deutschlands kann ja nicht sein, Gegenreaktionen zu provozieren, die am Ende allen schaden.» Die Europäische Kommission sei gefordert, die Lage zu analysieren.

Die EU untersucht derzeit, inwiefern China den Markt für E-Autos verzerrt. Eine Entscheidung, ob sie etwa Strafzölle erhebt, steht noch aus. Die chinesische Handelskammer in Brüssel warnte zuletzt vor möglichen Gegenmaßnahmen Pekings, die sich auf europäische und US-amerikanische Automobilhersteller auswirken könnten. US-Präsident Joe Biden hatte vergangene Woche Sonderzölle von 100 Prozent gegen Elektroauto-Importe und andere Produkte aus China verhängt. Die Vereinigten Staaten werfen Peking vor, den Wettbewerb durch erhebliche staatliche Subventionen zu verzerren.


Lindner: Vorschlag der USA zu russischem Vermögen lässt Fragen offen

STRESA: Finanzminister Christian Lindner hat sich zurückhaltend zum neuen US-Vorstoß zur Nutzung milliardenschwerer Zinserträge aus eingefrorenem russischen Vermögen geäußert. Die EU habe in dieser Frage bereits einen guten Weg gefunden, sagte der FDP-Politiker am Donnerstag am Rande eines Treffens der G7-Finanzminister in Italien. «Weitere Vorschläge prüfen wir. Nur: Wir sind zunächst einmal damit zufrieden, was wir schon erreicht haben.» Der Vorschlag der USA lasse noch viele Fragen offen. Daher erwarte er beim bis Samstag dauernden Treffen der Finanzminister am Lago Maggiore auch keine Entscheidung. «Dafür ist die Materie zu komplex», sagte Lindner.

Die EU-Staaten hatten beschlossen, die Zinserträge aus in der EU eingefrorenem Vermögen der russischen Zentralbank künftig zur Finanzierung von Militärhilfen für die Ukraine zu nutzen. Allein dieses Jahr sollen bis zu drei Milliarden Euro zusammenkommen. Nach Kommissionsangaben sind rund 210 Milliarden Euro der russischen Zentralbank in der EU eingefroren.

Die USA halten das Vorgehen für zu zögerlich. US-Finanzministerin Janet Yellen brachte in einem Interview mit der «New York Times» ins Spiel, die G7 könnten der Ukraine einen Kredit geben, der durch die Zinserträge abgesichert würde. So könnten deutlich mehr als die von der EU avisierten drei Milliarden zusammenkommen. Lindner betonte, der Vorschlag sei noch sehr vage. Wichtig sei eine rechtssichere Lösung, die der Ukraine schnell helfe.


RWE liefert Microsoft in den USA 15 Jahre lang Grünstrom

ESSEN/BAY CITY: Der Energiekonzern RWE wird in den USA die Softwarefirma Microsoft mit Grünstrom aus zwei neuen Windparks im US-Bundesstaat Texas beliefern. Darüber seien zwei 15-jährige Stromlieferverträge mit der Microsoft Corporation unterzeichnet worden, teilte RWE am Donnerstag in Essen mit.

Der Baubeginn für den Onshore-Windpark namens Peyton Creek II mit einer Leistung von 243 Megawatt sei bereits erfolgt. Für den Windpark Lane City mit einer Leistung von 203 Megawatt habe RWE die finale Investitionsentscheidung getroffen. Geplant ist, Windkraftanlagen mit einer Leistung von jeweils 4,5 Megawatt zu installieren. Über das Auftragsvolumen und die vereinbarten Strommengen wurde nichts bekannt. Zur Größenordnung: Der Bürgerwindpark Reußenköge in Schleswig-Holstein, einer der größten Windparks in Deutschland, hat eine installierte Leistung von 293,4 Megawatt.

«Wir freuen uns, mit Microsoft zusammenzuarbeiten, um den grünen Strom zu liefern, den das Unternehmen benötigt, um seine Nachhaltigkeitsziele zu erreichen», erklärte der Chef der Nordamerika-Tochter RWE Clean Energy, Andrew Flanagan, laut der Mitteilung.


EU-Lieferkettengesetz zum Schutz der Menschenrechte nimmt letzte Hürde

BRÜSSEL: Das europäische Lieferkettengesetz soll an diesem Freitag die letzte Hürde nehmen. Vor rund einem Monat hatte das Europaparlament den Weg für das Vorhaben frei gemacht, mit dem Menschenrechte weltweit gestärkt werden sollen. Bei einem EU-Ministertreffen in Brüssel (ab 10.00 Uhr) soll das neue Gesetz nun final angenommen werden.

Ziel ist unter anderem, dass Unternehmen künftig vor europäischen Gerichten zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sie von Menschenrechtsverstößen in ihren Lieferketten profitieren, etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit. Außerdem müssen sie Klima-Pläne erstellen.

Die neuen EU-Regeln waren im Verhandlungsprozess abgeschwächt worden, sodass davon weniger Unternehmen betroffen sind als ursprünglich geplant. Statt für Firmen mit mehr als 500 Beschäftigten und mindestens 150 Millionen Euro Umsatz sollen sie für Firmen mit 1000 Beschäftigten und 450 Millionen Euro Umsatz gelten, nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren. In den ersten Jahren sind beide Schwellen noch höher. Auch in der Bundesregierung gab es offenen Streit über das Vorhaben, vor allem FDP-Vertretern geht es zu weit. Deutschland hat bereits ein Lieferkettengesetz, die EU-Regelung geht in bestimmten Aspekten darüber hinaus.


Wirtschaft leicht gewachsen - Details zum ersten Quartal erwartet

WIESBADEN: Die deutsche Wirtschaft ist zu Jahresbeginn leicht gewachsen. Nach vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes legte das Bruttoinlandsprodukt in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres um 0,2 Prozent zum Vorquartal zu. Details veröffentlicht die Behörde am Freitag (8.00 Uhr). Nach den vorläufigen Angaben wurde das Wachstum von den - dank milder Witterung - gestiegenen Bauinvestitionen und einem Anziehen der Exporte getragen. Die privaten Konsumausgaben hingegen gingen zurück.

Große Sprünge trauen Ökonomen der deutschen Wirtschaft trotz des unerwarteten Wachstums im ersten Quartal im Gesamtjahr allerdings nicht zu. Der schwächelnde Welthandel bremst die Exportnation Deutschland ebenso wie ein Investitionsstau im eigenen Land. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sagte zuletzt ein Wachstum von 0,2 Prozent für Deutschland voraus. Die Bundesregierung ist mit einem erwarteten Plus von 0,3 Prozent etwas zuversichtlicher.

Im vergangenen Jahr war Deutschland mit einem Minus von preisbereinigt 0,2 Prozent in eine leichte Rezession gerutscht. Europas größte Volkswirtschaft bekam die Abkühlung der Weltkonjunktur ebenso zu spüren wie die zeitweise hohen Energiepreise und die rasant gestiegenen Zinsen. Zudem klagen Unternehmen über zu viel Bürokratie.


Eurokurs gestiegen - EZB-Referenzkurs: 1,0854

FRANKFURT/MAIN: Der Euro-Kurs ist am Donnerstag gestiegen. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0854 (Mittwoch: 1,0830) US-Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9213 (0,9233) Euro.

Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,85175 (0,85165) britische Pfund, 169,90 (169,54) japanische Yen und 0,9907 (0,9905) Schweizer Franken fest.


McKinsey-Studie: KI verändert drei Millionen Jobs in Deutschland

DÜSSELDORF: Bei einer schnellen Einführung von Systemen mit Künstlicher Intelligenz in den Unternehmen müssen sich in Deutschland viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf gravierende berufliche Veränderungen einstellen. Nach einer aktuellen Studie des McKinsey Global Institute (MGI), die am Donnerstag in Düsseldorf veröffentlicht wurde, wären bis zum Jahr 2030 in Deutschland bis zu drei Millionen Jobs von einer Veränderung betroffen, das entspreche sieben Prozent der Gesamtbeschäftigung.


Studie: Erdgasversorgung auch ohne Importe aus Russland gesichert

BERLIN: Ein Einfuhrverbot von russischem Erdgas in die EU würde die Gas-Versorgung in der Europäischen Union laut einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW nicht gefährden. Selbst wenn die Gasnachfrage in der EU bis zum Jahr 2030 hoch bliebe, wäre ein vollständiger Verzicht auf russisches Erdgas möglich, heißt es in der Studie.


OpenAI verteidigt sich in Streit um KI-Stimme von ChatGPT

SAN FRANCISCO: Nach der Kontroverse um eine KI-Stimme von ChatGPT bekräftigt die Entwicklerfirma OpenAI, dass diese nicht Hollywood-Star Scarlett Johansson imitieren sollte. OpenAI stellte der «Washington Post» Unterlagen zur Verfügung, die belegen sollen, dass für die Computer-Stimme Aufnahmen mit einer anderen Schauspielerin bereits Monate vor der Anfrage an Johansson gemacht worden seien.


Früherer Deutsche Bank-Chef Breuer ist tot

FRANKFURT/MAIN: Der frühere Vorstandschef der Deutschen Bank, Rolf Breuer, ist tot. Der ehemalige Vorstandssprecher und Aufsichtsratsvorsitzende sei am Mittwoch im Alter von 86 Jahren nach längerer Krankheit im Kreise seiner Familie verstorben, teilte die Deutsche Bank am Donnerstag in Frankfurt mit.


Verschärfter Mangel - Zahl neu gebauter Wohnungen leicht gesunken

WIESBADEN: Der Wohnungsbau in Deutschland ist auch im vergangenen Jahr trotz des hohen Bedarfs vor allem in Ballungsräumen nicht in Schwung gekommen. Das Ergebnis fiel mit 294.400 fertiggestellten Wohnungen allerdings besser aus als befürchtet. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vom Donnerstag sank die Zahl der gebauten Wohnungen um 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl der Fertigstellungen habe sich seit dem Jahr 2021 kaum verändert.


EU-Kommission verhängt Millionenstrafe wegen zu teurer Schokolade

BRÜSSEL: Der Schoko-Gigant Mondelez hat laut Ermittlungen der EU-Kommission den Wettbewerb über Jahre verzerrt und seine Produkte künstlich teurer gemacht. Deswegen verhängte die Behörde am Donnerstag eine Strafe in Höhe von 337,5 Millionen Euro, wie die Wettbewerbshüter mitteilten. Unter anderem habe Mondelez grenzüberschreitenden Handel zwischen Ländern mit unterschiedlichen Preisen verhindern wollen.


Ampel ringt um Einsatz chinesischer Technologie in Mobilfunknetzen

BERLIN: Die Ampel-Koalition ringt um den Einsatz von Komponenten des chinesischen Telekommunikationskonzerns Huawei in den künftigen deutschen Mobilfunknetzen. Hintergrund sind Sicherheitsbedenken. Nach einem Bericht des «Handelsblatts» berieten an diesem Donnerstag Kanzler Olaf Scholz (SPD) und mehrere Minister über das Thema. Demnach fasst die Bundesregierung eine zeitnahe Lösung ins Auge, womöglich noch vor der parlamentarischen Sommerpause, die Anfang Juli beginnt. Es soll auch um Produkte des chinesischen Konzerns ZTE gehen.


Ifo: EU-Flickenteppich bei Dienstleistungen kostet hunderte Milliarden

MÜNCHEN: Ein Abbau der Hürden für Dienstleistungen im EU-Binnenmarkt würde die Wertschöpfung laut Ifo-Institut dauerhaft um 2,3 Prozent oder 353 Milliarden Euro erhöhen. «Obwohl der Dienstleistungssektor in den letzten Jahrzehnten maßgeblich zum Wirtschaftswachstum beigetragen hat, leisten sich die EU-Mitgliedsstaaten nach wie vor einen Flickenteppich aus 27 verschiedenen Regelwerken. Sie lassen dadurch enormes Wachstumspotenzial liegen», sagte Florian Dorn, Ko-Autor der Studie, am Donnerstag in München.

Von einer Angleichung nationaler Regelungen, einem Abbau von Bürokratie und nationaler Dienstleistungs-Barrieren um 25 Prozent würden demnach alle EU-Länder profitieren. «In Deutschland wäre die Wirtschaftsleistung langfristig permanent um 1,8 Prozent höher. Dies entspricht etwa 68 Milliarden Euro», teilten die Wirtschaftsforscher mit. «Aufgrund der starken Synergien zwischen Industrie und Dienstleistungen würde die Industrie in Deutschland stark davon profitieren», sagte Ko-Autorin Lisandra Flach. In Frankreich wäre die Wirtschaftsleistung um 38 Milliarden, in Irland und Belgien um rund 30 Milliarden und in Italien um 24 Milliarden Euro höher. Die Studie wurde vom Ifo-Institut und dem Forschungsverbund EconPol Europe für die Industrie- und Handelskammer München und Oberbayern erstellt.


DIHK-Umfrage: Deutsche Konjunktur kommt nicht in Schwung

BERLIN: Die Unternehmen in Deutschland erwarten keine baldige kräftige Erholung der Wirtschaft. «Die Konjunktur schmiert nicht ab, aber nach oben geht es auch nicht», sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Martin Wansleben, am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung einer neuen Konjunkturumfrage.

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