Kopftuchverbot in Kita und Drogerie kann rechtens sein

Eine junge Frau mit Kopftuch sitzt an einem Weg. Foto: Wolfram Steinberg/dpa
Eine junge Frau mit Kopftuch sitzt an einem Weg. Foto: Wolfram Steinberg/dpa

LUXEMBURG: Darf einer Muslimin untersagt werden, mit Kopftuch an einer Drogeriemarktkasse zu stehen oder in einer Kita zu arbeiten? Der EuGH hat zu dieser Frage ein mit Spannung erwartetes Urteil gesprochen. Es dürfte auch Auswirkungen auf andere Religionen haben.

Der Europäische Gerichtshof hat die Rechte von Arbeitgebern gestärkt, die muslimischen Mitarbeiterinnen das Tragen von Kopftüchern verbieten. Die zuständigen Richter entschieden am Donnerstag vor dem Hintergrund von zwei Streitfällen in Deutschland, dass ein Kopftuchverbot gerechtfertigt sein kann, wenn der Arbeitgeber gegenüber Kunden ein Bild der Neutralität vermitteln oder soziale Konflikte vermeiden will.

Zugleich machten sie allerdings deutlich, dass dann auch keine anderen sichtbaren Bekundungen politischer, weltanschaulicher oder religiöser Überzeugungen erlaubt sein dürfen. Demnach ist zum Beispiel kein Kopftuchverbot möglich, wenn gleichzeitig einer katholischen Frau das offene Tragen einer Kette mit einem religiösen Kreuz gestattet wird.

Betont wurde zudem, dass Arbeitgeber klar machen müssen, dass ein Kopftuchverbot für sie wirklich relevant ist. So muss es zum Beispiel in der Kita den Wunsch von Eltern geben, dass ihre Kinder von Personen beaufsichtigt werden, die nicht ihre Religion oder Weltanschauung zum Ausdruck bringen.

Hintergrund des Urteils waren zwei Fälle aus Deutschland. Zum einen war eine muslimische Mitarbeiterin einer überkonfessionellen Kindertagesstätte des Hamburger Kinder- und Jugendhilfeträgers Wabe e.V. mehrfach abgemahnt worden, weil sie mit Kopftuch zur Arbeit gekommen war. Vor dem Arbeitsgericht Hamburg wurde daraufhin verhandelt, ob die Einträge aus der Personalakte gelöscht werden müssen. Das Gericht bat den EuGH daraufhin um die Auslegung von EU-Recht.

Ähnlich ging das Bundesarbeitsgericht 2019 mit dem Fall einer Muslimin aus dem Raum Nürnberg vor, die gegen ein Kopftuchverbot bei der Drogeriemarktkette Müller geklagt hatte.

In beiden Fällen fühlen sich die Frauen durch das Kopftuchverbot diskriminiert. Sie verweisen auf das Gleichbehandlungsgesetz sowie das Grundrecht auf Religionsfreiheit. Die andere Seite argumentiert unter anderem mit der durch die EU-Grundrechtecharta geschützten unternehmerischen Freiheit.

Das abschließende Urteil in den beiden deutschen Fällen müssen nun die zuständigen deutschen Gerichte treffen. Der EuGH betonte am Donnerstag, dass diese durchaus Entscheidungsspielraum haben. Demnach könnten die nationalen Gerichte im Rahmen des Ausgleichs der in Rede stehenden Rechte und Interessen dem Kontext ihres jeweiligen Mitgliedstaats Rechnung tragen. Insbesondere sei dies der Fall, wenn es in Bezug auf den Schutz der Religionsfreiheit günstigere nationale Vorschriften gebe.

Das neue Urteil des EuGH präzisiert eine Entscheidung aus dem Jahr 2017. Damals hatte der EuGH in einem ähnlichen Fall entschieden, dass ein allgemeines internes Verbot von politischen oder religiösen Symbolen am Arbeitsplatz keine unmittelbare Diskriminierung darstellt. Der Wunsch von Arbeitgebern, ihren Kunden ein Bild der Neutralität zu vermitteln, sei legitim und gehöre zur unternehmerischen Freiheit, so die Richter. Ob gleichzeitig auch das Tragen anderer religiöser Symbole verboten werden muss, blieb damals allerdings noch unklar.

Zumindest für den Kindertagesstättenbetreiber dürfte die nun erfolgte Klarstellung zu dem Thema ohnehin keine weitreichenden Konsequenzen haben. Er verbietet Mitarbeitern nämlich laut EuGH auch das Tragen von christlichen Kreuzen, jüdischen Kippas und anderen religiös oder weltanschaulich bestimmten Kleidungsstücken. Eine Mitarbeiterin, die ein Kreuz als Halskette trug, wurde gezwungen, diese abzulegen.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes begrüßte die Klarstellung des EuGH. «Die Hürden für Verbote religiöser Symbole am Arbeitsplatz bleiben damit sehr hoch - und pauschale Verbote einzelner Symbole wie dem Kopftuch sind in Unternehmen weiterhin verboten», kommentierte Bernd Franke als kommissarischer Leiter der Stelle. Ein Sprecher verwies zudem darauf, dass das Urteil zum Beispiel auch für die Weihnachtsdekoration in Geschäften Folgen haben könnte. Demnach könnte es unter anderem ein Problem sein, wenn Unternehmen ein Kopftuchverbot aussprechen, zugleich aber eine Weihnachtskrippe aufstellen.

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Thomas Knauer 20.07.21 18:50
Finde es befremdlich das wir es immer noch nicht geschafft haben die Religion als das zu handhaben was es ist, Privatsache.
Wäre sehr dafür wenn in den staatlichen Bereichen endlich die Trennung von Religion und Staat vollzogen würde und alle religiösen Symbole aus den öffentlichen Räumen entfernt würden.
Auch die Kirchensteuer sollte umgestellt werden auf eine freiwillige Abgabe der Gläubigen, die Ablösesumme von ca 1Mrd Euro kann sicher in Raten gezahlt werden. Eine Verbeamtung der Priester sollte sich auch verbieten.
Jomtien Franky 19.07.21 14:10
Richtig, Herr Leupi!
Ich bin da 100% bei Ihnen, für mich gehört auch die Religionsfreiheit abgeschafft. Wir sind im 21. Jahrhundert, und es werden immer noch Privilegien verteilt für Personen, die an irgendwas glauben, was es nachweislich nicht gibt oder geben kann. Sämtliche Kriege auf dieser Welt sind religiös geprägt, getreu dem Motto: Mein Gott ist besser als Deiner! Was für ein unendlicher Quatsch! Religion sollte wirklich aus der Öffentlichkeit verschwinden und nur noch in Privatsphäre verbannt werden, dann würde diese Welt auch mal etwas friedlicher werden. Es ist ein überflüssiges Relikt aus vergangenen und düsteren Zeiten, und ihre Symbole gehören auch nicht in die Öffentlichkeit. Und am Ende ist das Abendland seit jeher von christlicher Religion geprägt. Wenn man schon an diesem Quatsch festhält, dann geht mir der Hut hoch, wie andere z.B. Muslime ihre Rechte erstreiten wollen. Sie sind hier nur Gäste, und wenn sie sich doch zuhause besser aufgehoben fühlen, weil sie dort alles ausüben können, was sie möchten, dann bitte, wir kommen auch gut ohne sie klar! Wahrscheinlich sogar besser....
Hans-Dieter Volkmann 18.07.21 16:40
F. Forrer ,Ja- Diskussion ist eh zwecklos
So sieht es aus wenn jemand das letzte Wort haben muss.
Norbert Kurt Leupi 18.07.21 12:30
Ich weiss ,... Herr Franz Forrer
ich müsste die Uhr längstens umstellen , es ist ja schon lange fünf nach zwölf , aber schliessen wir den Diskurs mit folgenden Worten : Das Charakteristikum unserer Zeit ist die Vielfalt unserer diversen Meinungen ! Bleiben auch Sie gesund und Ihrer Religion unterworfen ! MfG
Norbert Kurt Leupi 17.07.21 23:50
Dachte ich mir auch ? / Herr F.Forrer
Könnten Sie sich bitte etwas verständlicher ausdrücken ! So ein unkreatives " Gewurstel " habe ich schon lange nicht mehr gelesen !
Norbert Kurt Leupi 17.07.21 15:30
Ironie / Herr Franz Forrer
Nein , Herr Forrer , es ist nicht ironisch gemeint , sondern pure Realität Und Ja , ich wohne nicht mehr in amazing TH , aber habe von 1992-2018 , also ein Viertel - Jahrhundert im ehemaligen Paradies gewohnt und habe in dieser Zeit 16 MP`s erlebt , davon 9 Generäle , heute aber bin ich froh , dass ich mich noch vor der Seuche abgesetzt habe und jetzt zwischen Basel . Nizza und Valencia " pendle " !
Norbert K. Leupi 15.07.21 22:10
Kopftuchverbot
Ich bin für ein weltweites Verbot für das " ZUR-Schaustellen von " religiösen " Artikeln , ob Kopftuch , Turban , " Melkkappe " , Anhänger und Ketten mit Kreuzen , religiösen Tattoos etc.! Religion oder Glauben sollten Privatsache sein und nur zu Hause ausgeübt werden ! Kirchen , Tempel oder Moscheen sollten in Museen umgebaut werden ! WAS FÜR EINEN SCHWACHEN GOTT MUSS MAN HABEN , WENN MAN GLAUBT , IHN MIT GEWALT VERTEIDIGEN ZU MÜSSEN ! Armselige Welt !